Die Nachfrage nach ERP-Beraterinnen und -Beratern wächst stetig, insbesondere im Mittelstand. Beratungshäuser suchen externe Fachkräfte, um interne Ressourcen zu entlasten und Know-how projektbezogen einzubinden. Für erfahrene ERP-Spezialist:innen bietet sich deshalb die Chance, in die Selbstständigkeit zu starten. Der Einstieg als Freelancer in der ERP-Beratung ist jedoch kein Selbstläufer. Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte sich gezielt vorbereiten – fachlich, organisatorisch und strategisch.
In diesem Beitrag erfährst du, worauf es beim Einstieg ankommt: Von der Selbstprüfung über Marktanalyse und Positionierung bis hin zur Auswahl geeigneter Plattformen für die ersten Projekte.

Was macht ein ERP-Berater?
ERP-Berater:innen unterstützen Unternehmen bei der Auswahl, Einführung, Anpassung oder Optimierung von ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning). Dabei analysieren sie Geschäftsprozesse, identifizieren Verbesserungspotenziale und sorgen dafür, dass die eingesetzte Software die betrieblichen Anforderungen optimal abbildet.
Je nach Projektphase kann das Aufgabenprofil sehr unterschiedlich ausfallen:
- Anforderungsmanagement
- Prozessmodellierung
- Systemkonfiguration
- Schulung und Support
- Projektmanagement
Doch die Arbeit endet nicht mit der Einführung: Unternehmen benötigen fortlaufend Unterstützung – zum Beispiel bei der Anpassung von Prozessen, der Integration neuer Module oder der kontinuierlichen Systempflege. Gerade im Mittelstand fehlt intern oft das spezialisierte Know-how, um diese Aufgaben eigenständig zu bewältigen.
Viele ERP-Hersteller – darunter SAP, Haufe, Oracle, proALPHA oder Microsoft – arbeiten daher mit einem Partnernetzwerk aus zertifizierten ERP-Beratungshäusern zusammen. Diese übernehmen Implementierungen, Schulungen und Supportleistungen für die jeweiligen Systeme. Um bei Engpässen flexibel auf personelle Ressourcen zurückgreifen zu können, setzen viele dieser Partner wiederum auf freiberufliche ERP-Berater:innen. Das schafft für Freelancer eine stabile Projektbasis – auch über einzelne Einführungsprojekte hinaus. Wir bei S+S SoftwarePartner ziehen selber regelmäßig ausgewählte Freelancer zu unseren Haufe X360-Projekten hinzu und wissen daher, dass es einen regen Markt gibt.
Die Nachfrage reicht von punktuellen Einsätzen bis zu mehrmonatigen, oft sogar langfristigen Mandaten, die remote betreut werden können. Insbesondere cloudbasierte ERP-Systeme wie Haufe X360 oder SAP Business ByDesign begünstigen diese Entwicklung: Sie ermöglichen ortsunabhängiges Arbeiten und senken die Einstiegshürden für Freelancer, die aus dem Homeoffice heraus tätig sein möchten.
Eine Branchenspezialisierung oder Systemfokussierung (z. B. SAP S/4HANA, proALPHA, Microsoft Dynamics, Haufe X360, Oracle NetSuite, odoo) ist sinnvoll, um sich vom Wettbewerb abzuheben.
Cloudbasierte ERP-Systeme: Türöffner für Remote-Projekte
Die zunehmende Verbreitung von cloudbasierten ERP-Lösungen verändert die Arbeitsweise in der Beratung grundlegend. Systeme wie SAP Business ByDesign, Haufe X360 oder Oracle NetSuite ermöglichen nicht nur standortunabhängiges Arbeiten, sondern bringen auch eine neue Flexibilität in Projektplanung und Zusammenarbeit. Durch zentrale Datenhaltung in der Cloud, rollenbasierte Zugriffskonzepte und integrierte Kommunikations- und Kollaborationstools lassen sich viele Aufgaben problemlos von zu Hause oder unterwegs erledigen.
Gerade für Freelancer bietet dies enorme Vorteile: Sie können sich ohne geografische Einschränkungen an Projekten beteiligen, was den Zugang zu einer größeren Zahl potenzieller Kunden und Projekte ermöglicht. Gleichzeitig entfallen Reisezeiten und -kosten, was sich positiv auf Work-Life-Balance und Wirtschaftlichkeit auswirkt.
Auch für Auftraggeber bietet das Modell Vorteile: Der Zugriff auf spezialisierte Berater:innen wird einfacher, weil räumliche Nähe an Bedeutung verliert. So entstehen neue Formen der Zusammenarbeit, bei denen virtuelle Projektteams über digitale Tools effizient zusammenarbeiten – oft genauso produktiv wie im Vor-Ort-Einsatz. Für Freelancer ist das Arbeiten mit cloudbasierten ERP-Systemen daher nicht nur eine technische Option, sondern ein strategischer Türöffner für nachhaltige Selbstständigkeit.
Skills-Check: Bin ich bereit für die Selbstständigkeit?
Der Schritt in die Selbstständigkeit erfordert mehr als fachliche Kompetenz. Prüfe vorab, ob du das nötige Fundament mitbringst:
Fachliche Voraussetzungen:
- Kenntnisse in mind. einem ERP-System
- Erfahrung in der Prozessanalyse und Systemeinführung
- Grundverständnis betriebswirtschaftlicher Abläufe
Persönliche Kompetenzen:
- Selbstorganisation und Zeitmanagement
- Kommunikationsstärke (auch remote!)
- Kundenorientierung und Verantwortungsbewusstsein
Unternehmerische Fähigkeiten:
- Grundlagen zu Buchhaltung, Rechnungsstellung, Steuern
- Umgang mit Verträgen, AGB und Datenschutz
- Fähigkeit zur Akquise und Eigenvermarktung
Checkliste zur Selbstprüfung
FrageJa / Nein
Habe ich Erfahrung mit mindestens einem ERP-System?
Verstehe ich Geschäftsprozesse in unterschiedlichen Branchen?
Bin ich in der Lage, mich selbst zu organisieren und zu motivieren?
Kann ich mit Kund:innen auch in schwierigen Situationen kommunizieren?
Habe ich ein steuerliches Grundverständnis oder Unterstützung durch einen Steuerberater?
Verfüge ich über eine stabile Infrastruktur für Homeoffice und Remote-Arbeit?
Bin ich bereit, in mein eigenes Marketing zu investieren?
Marktanalyse: Wo ist Bedarf?
Bevor du dich positionierst, solltest du den Markt gründlich analysieren und systematisch beobachten. Denn je besser du den Bedarf, die Sprache und die Dynamiken deiner Zielgruppe verstehst, desto gezielter kannst du dich darauf ausrichten. Dazu gehört auch, regelmäßig zu prüfen, in welchen Regionen, Branchen oder bei welchen Systempartnern aktuell Projekte ausgeschrieben werden, welche Trends sich abzeichnen – etwa durch neue Releases, regulatorische Anforderungen oder Fachkräftemangel und welche Qualifikationen besonders häufig nachgefragt sind. Der Markt für ERP-Freelancer ist in Bewegung, und wer sein Ohr nah an der Branche hat, erkennt Chancen früher und kann sich mit passgenauen Angeboten positionieren.
- In welchen Branchen passend zu meiner Expertise wird externe ERP-Beratung nachgefragt? (z. B. Fertigung, Handel, Logistik)
- Welche Systeme sind aktuell gefragt und wo werden aktuell Berater gesucht?
- Welche Projektarten passen zu mir: Implementierungsprojekte, Schnittstellenprojekte, Prozessberatung?
- Wie hoch ist der Remote-Anteil? (zunehmend durch Cloud-Systeme)
Eine gute Informationsquelle: Projektbörsen, IT-Stellenanzeigen, LinkedIn-Jobs, Google Jobs und auch systematisch durchgeführte Deep Research mithilfe von Tools wie ChatGPT. Durch gezielte Abfragen und die Analyse öffentlich verfügbarer Informationen lassen sich branchenspezifische Muster erkennen – etwa zu gesuchten Systemkenntnissen, Projektlaufzeiten, Anforderungen oder marktüblichen Tagessätzen. Wer regelmäßig die gängigen Jobportale analysiert und gleichzeitig individuelle Recherchen durchführt, verschafft sich einen echten Wissensvorsprung bei der eigenen Positionierung.
Darüber hinaus ist es empfehlenswert, die Newsletter großer ERP-Anbieter, Systempartner und spezialisierter Beratungshäuser zu abonnieren oder ihnen auf LinkedIn zu folgen. Auf diesen Wegen erhältst du aktuelle Informationen zu Produktentwicklungen, strategischen Partnerschaften, neuen Anforderungen und spannenden Projekten – direkt aus erster Hand. So bleibst du nah an der Branche und erkennst frühzeitig, wo sich neue Chancen für Freelancer ergeben können.
Positionierung: Dein Profil schärfen
Erfolgreiche Freelancer haben ein klares Profil. Wichtig ist, nicht alles für alle anzubieten, sondern ein spezifisches Leistungsversprechen zu kommunizieren.
- Welche Branche oder Unternehmensgröße passt zu dir?
- Welche Systeme und Module beherrschst du?
- Wie arbeitest du (z. B. remote, agil, pragmatisch)?
- Welche Module berätst du? (z. B. Finanzbuchhaltung, Warenwirtschaft, CRM, Portale, Shopintegrationen, Lager- und Logistikprozesse, Produktion, Projektcontrolling etc.)
Nutze dieses Profil für deine Website, Social-Media-Kanäle und Projektbörsen. Ein einheitlicher Auftritt stärkt deine Glaubwürdigkeit und Wiedererkennbarkeit.
Plattformen für den Projektstart
Zum Einstieg eignen sich verschiedene Kanäle:
Suche über die Projektbörsen
Viele ERP-Implementierer nutzen klassische Projektbörsen wie Freelance.de, Malt oder GULP eher selten für die Suche nach ERP-Berater:innen. Stattdessen erfolgt die Ansprache bevorzugt über Netzwerke, gezielte Empfehlungen oder Business-Plattformen wie LinkedIn. Wer die genannten Plattformen nutzt, kann sie ergänzend zur Sichtbarkeit einsetzen – sollte sich jedoch bewusst sein, dass dort häufig Personalvermittler aktiv sind, die gezielt Freelancer-Pools aufbauen oder Profile in ihre Datenbanken aufnehmen möchten.
Für Freelancer kann es daher oft effektiver sein, gezielt auf passende Stellenanzeigen zu reagieren – insbesondere auf Positionen, die ursprünglich als Festanstellung ausgeschrieben wurden. Viele mittelständische Unternehmen oder Beratungshäuser zeigen sich in der Praxis offen dafür, eine solche Position alternativ mit einem externen Experten auf Projektbasis zu besetzen.
Persönliche Netzwerke
Persönliche Kontakte sind für ERP-Freelancer oft die wichtigste Quelle für neue Projekte. Ehemalige Kolleg:innen, frühere Auftraggeber oder Kontakte aus früheren Tätigkeiten können direkte Empfehlungen aussprechen oder selbst kurzfristigen Bedarf haben. Daher lohnt es sich, bestehende Beziehungen aktiv zu pflegen und transparent zu kommunizieren, dass du als Freelancer verfügbar bist.
Darüber hinaus solltest Du gezielt Fachnetzwerke in sozialen Medien nutzen – etwa ERP-spezifische Gruppen auf LinkedIn oder Xing. In diesen Gruppen – zum Beispiel zu SAP, Microsoft Dynamics, proALPHA oder Haufe X360 – tauschen sich Expert:innen regelmäßig zu Projekten, Herausforderungen und Ausschreibungen aus. Durch aktives Mitwirken und gezielte Beiträge kannst du dich dort als kompetente Ansprechperson positionieren und Vertrauen aufbauen.
Vermittlungsagenturen
Vermittlungsagenturen, insbesondere spezialisierte IT-Recruiter mit Fokus auf ERP-Projekte, können für Freelancer eine zusätzliche Chance darstellen – insbesondere bei größeren Implementierungen oder längerfristigen Rollout-Projekten. Der Vorteil: Die Vermittler übernehmen Teile der Akquise, kümmern sich um Vertragsmodalitäten und bringen Projektpartner zusammen.
Gerade für Einsteiger kann das den Zugang zu attraktiven Projekten erleichtern. Allerdings verlangen viele Agenturen eine Vermittlungsprovision, und in manchen Fällen bestehen Einschränkungen in der direkten Kundenkommunikation. Daher ist es ratsam, genau zu prüfen, mit wem man zusammenarbeitet und welchen Spielraum man in der Projektgestaltung behält.
Tipp: Beginne parallel mit mehreren Kanälen. Je mehr Sichtbarkeit, desto höher die Chance auf passende Anfragen.
Einstieg meistern: Erste Projekte erfolgreich umsetzen
Ein häufig unterschätzter Erfolgsfaktor ist die fachliche Vorbereitung, auch im Hinblick auf Zertifizierungen. Viele ERP-Anbieter bieten strukturierte Zertifizierungsprogramme für Berater:innen an. Diese Zertifikate sind nicht nur ein Qualitätsnachweis gegenüber Kund:innen, sondern oft auch eine formale Voraussetzung für bestimmte Projektrollen, insbesondere in regulierten Branchen oder bei großen Partnerunternehmen.
Allerdings können viele dieser Zertifizierungen nur über autorisierte Partnerbetriebe abgelegt werden. Für Freelancer ohne direkten Zugang empfiehlt es sich daher, mit ERP-Beratungshäusern zu kooperieren, die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung solcher Zertifizierungen anbieten. So stärkst du deine Qualifikation gezielt und erhöhst gleichzeitig die Chancen auf hochwertige Folgeprojekte.
- Bereite dich gründlich auf das Projekt vor, indem du vorab alle relevanten Zugänge zu den Systemen klärst, die beteiligten Ansprechpartner:innen identifizierst und dir einen klaren Überblick über die Projektziele und Rahmenbedingungen verschaffst. Je besser du vorbereitet bist, desto sicherer agierst du in den ersten Abstimmungen und desto professioneller wirkst du gegenüber dem Kunden.
- Frage bei ERP-Herstellern oder Beratungspartnern gezielt nach Zugang zu Schulungssystemen und internen Lernplattformen. Diese können Dir helfen, deine Kenntnisse gezielt zu vertiefen und dich auf konkrete Zertifizierungen oder Systemeinsätze vorzubereiten – gerade wenn du aus dem Homeoffice arbeitest oder keinen direkten Zugang zu einem Partnerbetrieb hast.
- Dokumentiere deine Tätigkeiten und die gegenüber dem Kunden abzurechnenden Zeiten lückenlos, strukturiert und nachvollziehbar. Verwende dafür am besten ein digitales Zeiterfassungstool oder ein Projekttagebuch, in dem du aufzeichnest, was du wann und in welchem Kontext bearbeitet hast. Eine transparente Dokumentation stärkt das Vertrauen, erleichtert die Abrechnung und schützt dich im Fall von Rückfragen oder Unklarheiten.
- Halte regelmäßig und strukturiert Kontakt mit dem Kunden sowie mit dem verantwortlichen ERP-Beratungshaus. Eine offene und kontinuierliche Kommunikation hilft nicht nur dabei, Missverständnisse frühzeitig auszuräumen, sondern sorgt auch für eine enge Abstimmung über Fortschritte, Prioritäten und mögliche Herausforderungen im Projekt. Zudem zeigst du durch proaktive Rückmeldungen und Transparenz Professionalität und stärkst die Basis für zukünftige Zusammenarbeit.
Nach Projektende solltest du aktiv um ein offenes Feedback bitten – idealerweise schriftlich und konkret. So erhältst du wertvolle Hinweise zur Qualität deiner Arbeit, stärkst das Vertrauen beim Kunden und hast gleichzeitig die Chance, gezielt an deinem Profil zu arbeiten. Positives Feedback kannst du, mit Zustimmung des Kunden, als Referenz nutzen, um deine Glaubwürdigkeit bei künftigen Auftraggebern zu unterstreichen. Diese Rückmeldungen sind oft der Schlüssel zu Folgeprojekten und langfristigen Partnerschaften.
Fazit und Ausblick
Der Weg in die Selbstständigkeit als ERP-Berater:in ist anspruchsvoll, aber machbar, mit einer klaren Strategie und dem richtigen Mindset. Cloudbasierte ERP-Systeme und die zunehmende Akzeptanz von Remote-Arbeit eröffnen neue Chancen. Wer sich fachlich gut aufstellt, sein Profil schärft und am Markt sichtbar wird, kann auch ohne großes Netzwerk den Einstieg schaffen.
Wichtig ist: Nicht zögern, sondern starten – am besten strukturiert und reflektiert. Denn mit jedem Projekt wächst nicht nur das Know-how, sondern auch das Vertrauen in die eigene Selbstständigkeit.