Der steile Weg, hinauf auf das Hochplateau über dem Felskessel „Creux du van“ hat die schöne Bezeichnung „sentier des 14 contures“. auf Deutsch: Der Fußpfad mit 14 Kehren. Während man im Herbstnebel Schritt für Schritt hochsteigt, hat man reichlich Zeit, über den Namen nachzudenken.
Das französische Wort für Fußpfad „sentier“ ist eng verwandt mit unserem Wort für „Sinn“. Wenn man so unterwegs ist, lebt man immer seinen eigenen Sinn. Sinnend steige ich hoch.
Das Wort „contours“ heisst eigentlich Umriss. Mit jeder Kurve umreiße ich den Sinn neu. Der Weg erzählt, dass dieselbe Sache viele Formen (Konturen) annehmen kann, und dass unterschiedliche Umrisse – für genau dasselbe stehen können.
Und wofür stehen wohl die Vierzehn? 14 ist bei den Chinesen eine Unglückszahl – das lasse ich lieber weg. Bei den Katholiken umfasst der Kreuzweg 14 Stationen: der Weg als Andachtsübung. Und im Tarot ist es die Karte des Stein des Weisen (bei Crowley), so wandelt einen der Pfad von den unedlen Tiefen, mässigend, in einem alchemistischen Prozess, bis zum Elixier auf der stürmischen Hochebene!
Was einen doch jedes Stück Weg bereichern kann!
Meine Frau und ich waren drei Tage auf den Jurahöhen unterwegs, Chasseron (1607m), St.Croix bis zum Suchet, wir schlafen unter unserer Plastikfolie am Waldrand, trocknen die Sachen wieder wenn die Sonne kommt, kochen uns Reis und Nudeln, staunen über den Zauber der Natur, treffen Füchse, Waldkauz, Graureiher, Gämsen und Rehe, freuen uns über diesen pilzreichen Herbst und erreichen im Gewitterregen nach 65 km Tour die Schlucht der rauhen Orbe und die Stadt Vallorbe.