Der Wandelwähler

Der Wandelwähler

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GTL | 29.8.2013 | Kommentare (0)

 

Der Wandelwähler

Vorausschicken möchte ich, dass es sich hier nicht um einen Druckfehler handelt und ich mich heute NICHT mit einem „Wechselwähler“ unterhalten werden, was vielleicht auch ganz lustig wäre, nein, seit dem 7. September 2012 existiert in unserem Land eine Partei namens „Der Wandel – kurz: WANDL“, die bei der kommenden Nationalratswahl auf einigen Stimmzetteln aufscheinen wird.

„Wir treten in Wien und Oberösterreich an, aber das ist erst der Anfang“, empfing mich ein aufgekratzter End-Dreißiger in NGO T-Shirt und Leinensakko.

Ah, denke ich bei mir, schon wieder eine Personalunion von Kandidat und Wähler, wie es mir bei „den Kleinparteien“ schon öfters passierte. Als ich nachfrage, werde ich aber eines Besseren belehrt.

“Nein, ich kenn’ den Fayad (Anmerkung: Fayad Mulla, Parteivorsitzender) vom „Verein für sozialen Transfer“ her und von ein paar anderen Sozialprojekten … Wenn ich beruflich was Stabileres habe, dann trete ich bei denen bei und mach projektbezogen mit aber augenblicklich versuche ich einmal persönlich so einiges auf die Reihe zu kriegen.“

Auf die Frage, weshalb er denn eine so junge Partei wählen wird, antwortet er mir einer Begründung, die ihn – nach deren Selbstdarstellung - auch jede andere Partei wählen ließe:

„Es muss sich was ändern, so wie jetzt kann es nicht weitergehen …“

Ob er da sich, sein Leben oder unsere Welt meint, soll einmal einfach so im Raum stehen bleiben. Wie wichtig war ihm denn, dass auch das grüne Urgestein Freda Meissner-Blau die Partei unterstützt?

“Die Freda ist natürlich eine große Hilfe, weil sie für all das steht, was WANDL will:
Soziale Gerechtigkeit, Ökologie, Recht auf ein gutes Leben!“

Ich antworte darauf : SPÖ, Grüne und Diners Club,
nur um mir einen bösen Blick einzuhandeln.

“Die bestehenden Parteien haben es nicht geschafft eine Teilhabemöglichkeit aller an allem zu ermöglichen!“

Ich murmle KPÖ.

“ Wir alle merken doch, dass sich unser System, unsere Welt verändern muss und dass diese Veränderung schon begonnen hat.“

Ja, eh, aber ….

“Ich haben mich entschieden, dass ich nicht mehr zusehen, warten und hoffen will, dass andere diese Veränderungen zu einer gerechteren Welt für mich bewirken. Ich gehör’ zu den immer mehr werdenden Menschen, die sich nun einfach selbst ermächtigen politisch aktiv zu werden.“

Vor meinem geistigen Auge schreibt der Coach gerade „Self-Empowerment“ auf das Flipchart.

„Die Krise 2008 hat mich wachgerüttelt. Der Ökoladen in meiner Straße hat zugesperrt und ich habe meine damalige Beschäftigung als Projektkoordinator einer Kindertheatergruppe im Bezirk verloren und war nun ganz auf das AMS angewiesen.“

Ich bemühe mich um ein erschüttertes Gesicht.

“Wir machen alle Fehler, verlieren und bereuen unsere Vergangenheit, aber wir SIND nicht unsere Vergangenheit, ….. nicht nur, halt. Wir leben im hier und heute und schöpfen aus unseren politischen und persönlichen Kränkungen und Enttäuschungen die Kraft für eine Veränderung.“

Klar, vorgestern noch Melange, gestern Capuccino und heute „eine Latte, bitte“.

“Der Wandel kommt. Kommst Du mit?“

Ich schüttle den Kopf, werfe mein Wäschepaket in den Caritasständer, recycle meine Prosecco-Flaschen gedankenverloren in den Biocontainer und verlasse ihn mit einem Anflug von schlechtem Gewissen ob meiner Zweifel an meiner WANDLungsfähigkeit.
 



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