Foto: Robert Roosevelt (wikipedia.de)
„Mr. Stoker hat mir erzählt, dass van Helsing auf einem realen Charakter basiert“, sagte Jane Stoddard im Jahre 1897.Aufgrund dieser Aussage gab es viele Spekulationen. Tatsächlich beruhte der Charakter des Vampirjägers Van Helsing auf dem niederländischen Schriftsteller Robert Roosevelt, einem Onkel von Teddy Roosevelt, der auch dessen Interesse an Wissenschaft und Politik weckte.
Robert Roosevelt selbst war ein beliebter Autor in der Zeit um 1890 und absolvierte eine bemerkenswerte Karriere in der Politik als Kongressabgeordneter. Zu seinen Freunden zählten damals Oskar Wilde und Bram Stoker. Auf Zeichnungen von van Helsing und Bildern von Robert Roosevelt existiert eine frappierende Ähnlichkeit ganz besonders bei der Augenpartie. Außerdem waren beide Holländer, Wissenschaftler, exzentrische Persönlichkeiten und - beide hassten Vampire, was übrigens auch auf Teddy Roosevelt zutraf.
Ein Großneffe Stokers berichtete einmal, dass die Freundschaft seines Großonkels mit Theodore Roosevelt begann, lange bevor dieser Präsident wurde. Der Kongressabgeordnete Robert Roosevelt wurde zu Teddys Mentor und Vaterfigur, nachdem dessen Vater früh verstorben war. Bram Stoker selbst wurde sogar ins Weiße Haus eingeladen. Die Figur des Dracula ähnelt dagegen dem Schriftsteller Walt Whitman, der großen Einfluss auf die Gesellschaft seiner Zeit hatte. Dracula war der heimliche Verführer, der die Schwachen und Wankelmütigen auf seine Seite zog und dafür vor allem die Erotik einsetzte.
Das Gleiche tat Walt Whitman, den man später den „Vater der Schwulenkultur“ nannte, mit seiner recht freizügigen Poesie. Walt Whitman vertrat alles, was schlecht und unanständig war, weil er ein Befürworter des Lasters war und sexuelle Ausschweifungen liebte, also das perfekte Vorbild für die Dracula-Gestalt bildete. In der Tat beinhaltet auch Stokers Werk homoerotische Themen.
Dem gegenüber stand Van Helsing, der für alles stand, was gut und anständig war, in persona der rechtschaffene Robert Roosevelt, der einen späterem Präsidenten die Liebe zu Natur und Umwelt lehrte. Die Roosevelts selbst stimmten nicht mit der Wilde/Whitmann Gruppe und ihren Anhängern überein. Sie bildeten konträre Gegensätze zu ihnen und gründeten sogar eine moralische Gegenbewegung. Hier zeigen sich wieder Parallelen von Van Helsing zu Dracula.
Diese Hindergründe zeigen, wie sehr reale Charaktere einer fiktiven Figur Leben einhauchen und Schriftsteller einander beeinflussen können, selbst wenn sie vollkommen unterschiedliche Wege gehen und Auffassungen vertreten.
Kein Roman aus diesem Genre wurde so oft aufgelegt, verfilmt oder als Grundlage für andere Bücher oder Filme verwendet wie Bram Stoker´s Dracula, der doch im Grunde nichts anderes ist als eine Geschichte von Gut und Böse. Eine Geschichte, die lange vor unserer Zeitrechnung begann: „Am Anfang war das Wort ….“
(ck) (Quelle: www.truelegends.info). Erstveröffentlichung in Vampire Magic Magazin 1/08