Der Vampir auf der Couch

Ein depressiver Untoter sucht in Wien der 1930er Jahre Rat beim Psychoanalytiker Freud. Der Filmemacher David Ruehm bastelt aus dieser Grundidee eine subtile Vampirkomödie, die das chaotische Beziehungsgeflecht der Protagonisten, sowie die Last des Unsterblichseins thematisiert.

Zu Beginn der 1930er Jahren findet sich auf Sigmund Freuds (Karl Fischer) Couch der mysteriöse Graf Geza von Közsnöm (Tobias Moretti) ein, der von seiner Existenz gelangweilt und seiner Frau der Gräfin Elsa (Janette Hain) genervt ist. Die Gräfin bedrückt indes das Problem, dass sie sich nicht im Spiegel betrachten kann. Doch Freud weist den Grafen auf den Maler Viktor (Dominic Oley) hin, der die Gräfin malen könnte. Als er ein Exponat des Künstlers sieht, ein vermeintliches Portrait seiner Freundin Lucy (Cornelia Ivancan), glaubt der Graf, darin seine lang verstorbene Geliebte Nadila zu erkennen. Er versucht die junge Frau mit allen Mitteln für sich zu gewinnen und dabei stoßen auch der Maler und die Gräfin zusammen. Schnell spitzt sich alles zu einer übernatürlichen Beziehungskrise zusammen, die auch Freud nicht zu verhindern weiß.

David Ruehm tischt dem Zuseher eine vergnügliche Vampirkomödie auf, die sich nicht eindeutig in ein klassisches Genre einordnen lässt. Der Vampir auf der Couch ist einerseits ein Vampirfilm, der sich Elementen des Horrorgenres bedient, ohne auf grausame Schockmomente zu setzen, und andererseits ist er eine subtile und zarte Komödie, die gänzlich auf brachialen Humor verzichtet. Stattdessen unterstreichen die lustigen, intellektuell anmutenden Dialoge mit Wiener Touch, die komödiantische Verarbeitung von Vampirklischees und die comichafte Inszenierung das Komödiengenre – so amüsiert der Film auch ohne jeden Witz zwanghaft zu einer Pointe zu führen.

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Ruehm vereint in seiner Story sehr exzentrische und interessante Charaktere und arbeitet mit einem starken Schauspielerensemble, wobei Cornelia Ivancan (bekannt aus der österreichischen Serie Cop Stories) ihre erste Spielfilmhauptrolle übernahm. Janette Hain bringt die Gefährlichkeit und Tragik der Gräfin Elsa gut zum Ausdruck, überzeugt jedoch auch bei den humorvollen Szenen. Und Moretti ist mit seinen kantigen Bewegungen und seiner steifen Körperhaltung ein ausgezeichneter Imitator von Nosferatu. Auch Fischer mimt Sigmund Freud perfekt und sehr sympathisch. Bei Statisten sparte Ruehm absichtlich, besetzte dafür die Nebenrollen mit den starken Darstellern Erni Mangold und Lars Rudolph. Bei dem Charakter der Elsa von Közsnöm gibt es jedoch Ungereimtheiten in ihrem mythischen Erscheinungsbild. Man denkt doch, dass Vampire klassisch als Fledermaus auftauchen und verschwinden (dies zeigt sich auf jeden Fall beim Grafen), doch die Gräfin, die zwar offenbar eine Vampirdame ist, erscheint im Wesen des Wolfs – den man primär nur mit dem Werwolf assoziiert. Ein Detail das den Zuseher zwar verwirren kann, jedoch die Blutrünstigkeit von Elsa unterstreicht.

Auch erkennt man in Ruehms Film die Liebe zum Detail. Einerseits kann man das anhand der Kostümausstattung und Kulissen bewundern, welche die 1930er Jahre wiederspiegeln. Nur beim Vampirehepaar gibt es einige künstlerische Abweichungen. So wurden beim Kostüm der Gräfin eher exzentrische Akzente gesetzt, die ihren Charakter untermalen und der Graf präsentiert sich in einer seines Standes würdigen Kluft – dies durchaus auch mit Witz, wie der Ring am Finger des Herrn von Közsnöm, der keinen Stein sondern eine Miniaturabbildung eines Sargs als Aufsatz hat. Andererseits erkennt man die Detailliebe auch in den versteckten Hinweisen, die Ruehm einbaut. So finden wir einige Bezüge auf Lucans Spiegeltheorie und Verweise auf das Wirken Freuds, wie das Traumdeutungswerk von 1900. Die Verweise sind in die Geschichte eingeflochten, doch auch durch Requisiten wie die Pillenschachtel „Träumwohl“ – abgelaufen 1900 – präsent. Sehr auffällig, aber auch zur lustigen Pointe hervorgestrichen, ist ein berühmtes Zitat des Psychoanalytikers auf einem Grabstein vor den Toren der Grafenvilla: „Wenn man jemandem alles verziehen hat, ist man mit ihm fertig.“

Die Dreharbeiten fanden zum Teil in den Filmstudios am Wiener Rosenhügel statt, doch auch in der Innenstadt wurde gedreht, sowie in einem Schloss in Wolfsthal bei Hainburg. Durchaus passende Orte für die Geschichte, die in den 30er Jahren spielt. Um das Flair zusätzlich zu unterstreichen gesellen sich neben Schlagern aus der damaligen Zeit auch die Situation untermalende geheimnisvolle Töne. Ebenso gekonnt gleicht Ruehm die fehlenden visuellen Schockelemente, wie die Verwandlung zur Fledermaus oder das Zerfleischen der Vampir-Mahlzeit mit einem gelungen Sounddesign aus.

Unterm Strich beschert uns Ruehm eine amüsante, interessante Story, die jedoch das Gefühl gibt, dass der Film wesentlich länger ist als 87 Minuten. Gegen Ende, wobei es tatsächlich noch einmal sehr handlungsreich wird, fragt man sich trotzdem, wann Der Vampir auf der Couch denn nun endlich zu seinem wirklichen Ende kommt.

Regie und Drehbuch: David Rühm
Darsteller: Tobias Moretti, Jeanette Hain, Cornelia Ivancan, Dominic Oley, David Bennent, Karl Fischer
Filmlänge: 87 Minuten, Kinostart: 19.12.2014


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