Der Traum vom Frankfurter Fintech-Zentrum

Am Mittwoch, den 27.01.2016 lud der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir in die Goethe Universität ein, um Konzepte für ein Fintech-Zentrum in Frankfurt vorstellen zu lassen. Das Ziel: In Frankfurt sollen sich möglichst viele Fintech-Startups ansiedeln. Immerhin gilt Frankfurt als Deutschlands Bankenstadt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man gerne eine bedeutende Rolle in der Fintech-Szene einnehmen möchte. Bisher klappt das allerdings noch nicht so recht. Zwar gibt es in Frankfurt eine ganze Reihe Startups, die der Finanzbranche zuzurechnen sind, und auch die Anzahl der damit im Zusammenhang stehenden Veranstaltungen kann sich durchaus sehen lassen, als Stadt mit einer bedeutenden Fintech-Szene wird Frankfurt aktuell aber trotzdem nicht wahrgenommen.

Offenbar fehlen zum bedeutenden Fintech-Standort noch ein paar entscheidende Zutaten, die das Land Hessen, die Stadt Frankfurt und deren Stakeholder nun mit etwas programmatischem Aktionismus identifizieren und einsetzen möchten. Ob dieses Vorhaben zielführend ist, muss jedenfalls als fraglich bewertet werden. Das soll nicht heißen, dass es eine schlechte Idee ist, den Standort Frankfurt in der Fintech-Szene zu pushen und ortsansässige Gründer fördern zu wollen. Ganz im Gegenteil! Was man aber klar hervorheben muss, ist das Fehlen sinnvoller Ansätze. Wer ein Ökosystem (wie es immer so schön heißt) schaffen möchte, der muss dafür entsprechende Voraussetzungen schaffen. Das bedeutet für Startups in erster Linie (bezahlbarer, unbürokratisch verfügbarer) Raum und Geld.

Außerdem werden Begegnungsstätten benötigt, für deren Ausprägung es keine allgemeingültigen Rezepte gibt. An einem Ort funktionieren Gründer/Technologiezentren, an einem anderen Ort geht das gleiche Konzept nicht auf. Ob ein örtliches Zentrum in Frankfurt funktioniert, kann derzeit nicht klar beantwortetet werden. In Anbetracht der Auswahlkriterien für Gründer, die die Räumlichkeiten unter bestimmten Bedingungen nutzen können/dürfen/müssen, muss das bezweifelt werden. Die Kosten für ein ausreichend großes Zentrum dürften in Frankfurt schlicht und einfach zu hoch sein. Dafür gibt es in Frankfurt eine ganze Reihe von Veranstaltungen, z.B. die Veranstaltungsreihe Between the Towers, oder die Webmontage, die das Einbringen eigener Themen aktiv einfordern. Diese funktionieren durchaus als Begegnungsstätte. Schaut man von Frankfurt aus auf die anderen Städte der Metropolregion Rhein-Main, gibt es außerdem weitere Veranstaltungen der ortsansässigen Startup-Szene, die ebenfalls befruchtend auf Fintechs in Frankfurt wirken könnten.

Doch was braucht es noch?

Die Befürworter des politischen Aktionismus argumentieren gerne, dass die Nähe zur etablierten Finanzindustrie positiv wäre. Dieses Argument zieht leider nicht ansatzweise! Wer wirkliche Innovationen schaffen will, muss bekannte Pfade und die Komfortzone verlassen, wie es immer so schön heißt. Innovationen für die Finanzbranche entstehen sicherlich nicht, wenn ausgerechnet die Expertise mitredet, die offensichtlich weder ihre Arbeit noch ihre Hausaufgaben in den vergangenen Jahren gemacht hat. Für die befruchtende Zusammenarbeit ist die Nähe zur Finanzindustrie für Fintechs ebenfalls nicht nötig, da heute sowohl eine hohe Mobilität als auch moderne Kommunikationsmittel als Standard angesehen werden sollten.

Es gibt aber einen Aspekt, der durchaus für die Nähe zur etablierten Finanzindustrie spricht: die Identifikation mit der Branche! Also muss man nicht an irgendwelchen verkopften Argumenten ansetzen, sondern viel mehr an emotionale Komponenten appellieren. Menschen, insbesondere kreative Macher, werden von Emotionen getrieben. Also müssen diese angesprochen werden. Das ist auch der Grund, warum die Standorte Berlin oder das gern als Beispiel herangezogene Silicon Valley funktionieren. Gründern verbinden etwas mit diesen Orten. Natürlich ist die Verfügbarkeit von Investoren und Co. praktisch, diese kommen aber weil dort eine Szene existiert und nicht umgekehrt. Für Frankfurt bedeutet das, dass es keinen Mangel an Institutionen gibt, sondern einen Mangel an Spirit. Und dieser wird sicherlich nicht durch institutionalisierte, staatlich verwaltete Einrichtungen in Form eines Fintech-Zentrums entstehen, das krampfhaft angeordnete Kicker-Tische und inszenierte Becks-Bier-Kisten beinhaltet. Er entsteht dadurch, dass man Menschen Möglichkeiten und Perspektiven eröffnet. Er entsteht durch Kommunikation, Interaktion und ein durch ein auf Basis von Identität entstehendes Wir-Gefühl. Und das lässt sich durchaus beeinflussen.

Mögliche Ansätze, um das Wir-Gefühl für die Fintech-Szene in Frankfurt auszubauen sind interaktive, lockere Veranstaltungen mit Branchenfokus. Insbesondere die etablierte Veranstaltungsreihe Between the Towers zeigt, dass derartige Formate funktionieren. Entscheidend für ein befruchtendes Wir-Gefühl ist auch der Wettbewerb. Es müssen also erheblich mehr Fintech-Startups in Frankfurt angesiedelt werden. Dazu braucht es Anreize. Die Nähe zur etablierten Branche ist keiner. Die Gewerbesteuersituation in Frankfurt, die Lebenshaltungskosten und die Mieten sprechen ebenfalls nicht für den Standort. Wettbewerbe und öffentliche Fördermittel könnten eventuell diese Hürden überwinden helfen. Hilfreich wäre also ein Gründerwettbewerb speziell für Fintechs, wobei die Auszahlung der Gewinne oder die Teilnahme am Wettbewerb ganz oder teilweise vom Standort abhängig gemacht werden könnten. Warum kein öffentliches Förderprogramm für Fintech-Startups, das einen geringeren Antragsaufwand als das LOEWE-Programm benötigt und einen Frankfurt-Zuschlag enthaltende Mittel bereitstellt? Würde man die Kosten eines öffentlich geförderten Fintech-Zentrums den Startups in Form von Finanzmitteln zur Verfügung stellen, wäre das sicherlich fruchtbarer als das Verpuffen von Geldern in teurem Raum mit teurer Verwaltung. Wenn man ehrlich ist, profitieren von Gründerzentren in der Regel die Initiatoren – entweder in Form einer staatlich gesicherten Rendite des Projektentwicklers oder aufgrund der Rechtfertigung der eigenen Verwaltungs-/Management-Positionen. Gegen staatlich institutionalisierte Zentren spricht auch, dass der Staat langsam arbeitet und die Flexibilität der Handlungsfähigkeit solcher Einrichtungen, wenn sie dann mal im Betrieb sind, praktisch nicht existent ist.

Im Grunde ist Frankfurt auf einem guten Weg in Richtung Fintech-Stadt. Wenn man aber schon unbedingt öffentliche Gelder investieren will, dann doch bitte in die, die die Finanzinnovationen schaffen und nicht in die, die diese gerne hätten!

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