Der Tag nach dem Crash: Ist Freigeld wirklich die Lösung?

zinsen

Beginnen wir ausnahmsweise mit dem Fazit: Freigeld ist nicht die Lösung der Probleme, aber grundsätzlich ein guter Ansatz. Es beseitigt nicht Niedriglöhne und Arbeitslosigkeit und sorgt leider für eine massive ungewünschte Umschichtung von Geld in Unternehmensbeteiligungen. Seinen ursprünglichen Zweck, gehortetes Bargeld in Umlauf zu bringen und Zinsen zu drücken, erfüllt es jedoch besser als alle anderen bisherigen Konzepte. Was ist also Freigeld und gibt es bessere Alternativen? Die Antworten lesen Sie hier.

Freigeld hat viele Namen: Von „umlaufgesichertem Geld“ wird gesprochen, von „Negativ-Zins“, von „Schwundgeld“ oder von „neutralem Geld“. Dieses Freigeld also hat einen Werteverfall statt wie bisher Zinsen anzuhäufen. Praktisch gesehen wird Geldbesitz also versteuert. Das Geld „verfault“ mit der Zeit. Das soll die Geldbesitzer dazu bewegen, ihr Geld nicht irgendwo zu horten sondern so bald wie möglich auszugeben und damit wieder in Umlauf zu bringen.

Unser bisheriges sogenanntes FIAT-Geld wird gehortet, um Zinsen zu bringen, verschwindet also aus dem Kreislauf. Freigeld „verfault“, wird deswegen schnell wieder ausgegeben und bleibt im Kreislauf. Bis dahin eine wirklich gute Idee, die leider mehrere Fallstricken beinhaltet. Zuerst wird im Land der Sparer kaum jemand Freude daran haben, dass sein Geld verfault, also immer wertloser wird. Deswegen wurden Ausnahmen ersonnen: Wer sein Geld auf Sparbüchern oder in Immobilien, Wertpapieren oder sonstigen Unternehmensbeteiligungen anlegt, kann damit die Geldentwertung umgehen.

Durch diese Ausnahmen verliert das umlaufgesicherte Geld jedoch den größten Teil seiner Wirkung, weil das Bargeld nur rund zwei Prozent (!) Anteil am gesamten Volksvermögen ausmacht. Wenn die Umlaufsicherung seine Wirkung entfalten soll, muß das gesamte Geld in den Umlauf gezwungen werden – also das Geld auf Sparbüchern und Festgeldkonten, und auch alle anderen Sparformen wie Aktien, Schatzbriefe, Rentenfonds, Aktienfonds und Lebensversicherungen.

kapital vermehren

Da das mit den deutschen Sparern nicht zu machen ist, drängt sich die Frage nach einer Trennung zwischen Sparvermögen und liquidem Vermögen auf. Aber wie soll man das abgrenzen? Soll man Sparer, die mit Aktienfonds für ihr Alter vorsorgen, für die „Hortung von Geldanlagen“ bestrafen, indem man Wertpapiere „verfaulen“ läßt? Sollte man für Sparbücher eine Ausnahme machen – und warum dann nicht auch für Tagesgeldkonten und Schatzbriefe?
Die Frage ist unbeantwortet, wie man eine Grenze zwischen Geldformen ziehen kann, die „verfaulen“ sollen – oder auch nicht. Selbst, wenn es eine solche Abgrenzung gäbe, würde eine Flucht aus den benachteiligten in die privilegierten Anlageformen das System umgehen.

Was wäre die Folge, wenn „verfaulendes Geld“ eingeführt würde? – Menschen suchen immer ihre Vorteil, versuchen immer, Abgaben jeder Art zu umgehen, wo es möglich ist. Logischerweise wird es also eine Flucht aus dem Bargeld vor allem in Immobilien, Wertpapiere und sonstige Unternehmensbeteiligungen geben – und das auch wieder mit entsprechenden Rendite- bzw. Zinsforderungen, die das System doch eigentlich vorrangig bekämpfen will.

Eine Antwort auf Immobilienspekulationen sehen die Anhänger des Freigelds im „Freiland“, also einem Konzept, in dem aller Boden Eigentum der Gemeinden bleibt und die Nutzer ihn lediglich pachten können. Auch das ist eine grundsätzlich gute Idee. Allerdings löst man damit das Problem der Immobilienzinsen (Mietzinsen) nicht, denn die auf dem Boden stehenden Gebäude stellen den Hauptanteil des Gesamtwerts von Immobilien dar und wirken weiterhin als Kapitalanlage (mit Zinsforderungen).

euro

Vor allem aber würde das Freigeld eine massive Umschichtung von Geld in Unternehmensbeteiligungen auslösen! Die finanzielle Oberschicht würde daher alle werthaltigen Unternehmen (keine wertlosen 1-Mann-Unternehmen) aufkaufen – und dafür auch wieder Renditen/Zinsen fordern. Wollen Sie in einem System leben, in der alle werthaltigen Unternehmen einer kleinen Oberschicht gehören, und alle anderen für die Oberschicht arbeiten? Wie man die Konzentration von Unternehmensanteilen und Wohnimmobilien in den Händen einer kleinen Oberschicht beseitigt, lesen Sie hier.

Zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit und Niedriglöhnen taugt Freigeld leider nicht, weil es die Ursachen nicht beseitigen kann (Rationalisierungen, Automation, Mismatch, etc.).

Welches System kann aber dann die Arbeitslosigkeit beseitigen? Welches System wirkt noch besser gegen das fatale Zinssystem, das diejenigen immer reicher macht, die Geld verleihen können und diejenigen immer ärmer, die die Zinsen dafür zahlen müssen? Dieses System gibt es durchaus: Eins, das unser Zinsproblem dadurch löst, dass die Menschen selbst liquide werden und keine Kredite brauchen.

Darüber lesen Sie mehr in unserem zweiteiligen Artikel über das Bandbreitenmodell.


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