"Der Tag bricht an" / "Le jour se lève" [F 1939]


Je weiter die Nacht voranschreitet und die Sonnenstrahlen den neuen Tag einleiten, desto näher rückt sein Sterben. Er hat einen Menschen getötet. Maurice Jauberts futuristische Musik drängt und erhitzt die Seele. Der Hundedompteur und Lügenbaron Valentin (ätzend: Jules Berry) liegt erschossen auf der Treppe. Warum François (hart und weich, traurig und fröhlich: der einzigartige Jean Gabin) sich zu diesem Schritt bemüßigt fühlte, wird abgerollt auf drei Rückblenden. François liebte zwei Mädchen (Arletty, Jacqueline Laurent) und sie liebten ihn. Gleichzeitig erlagen sie dem eloquenten Charme Valentins. Aus dieser unseligen Situation einer zersetzenden Kausalität kann sich François nicht retten – höchstens in einen gähnenden Abgrund, in sein Zimmer durchlöcherter Spuren, derangierter Spiegel und vergänglicher Habseligkeiten, die vom einstigen Träumen künden. Gabins furchenschlagendes, eingeknetetes Gesicht simplifiziert das, worin er eingesperrt ist, in einem Muster aus Treppen, Fugen und Schlangen, die vom Anfang zum Ende und vom Ende zum Anfang weisen. "Der Tag bricht an" gehört zu den Abkömmlingen des Poetischen Realismus, Stadt und Land, Opfer und Täter, Mensch und Mensch schonungslos zu verkitten. Indes will François seine letzte Kippe rauchen, bevor der Tag anbricht. Das Feuer fehlt ihm. Der Qualm am Schluss, das helle Licht, auflösende Materie: Hat François triumphal dennoch den Himmel erreicht?  
6 | 10

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