“Wenn du jemanden hasst, dann hasst du etwas in ihm, das ein Teil von dir selbst ist. Was nicht ein Teil von uns selbst ist, stört uns nicht.”
Hermann Hesse
Wie prägnant und knapp Hesse dieses berühmte Phänomen auf den Punkt gebracht hat. Wenn ich mich an der Kasse im Supermarkt im stillen über jemanden aufrege, der so unglaublich langsam macht, dann hat sein Handeln mit mir zu tun. Aber ich beeile mich doch immer so an der Kasse? Ja, genau das: er erlaubt sich etwas, was ich mir verweigere.
Seit hundert Jahren forschen große Köpfe an dieser Thematik und in der Psychoanalyse wurde ein Name für das Kind erfunden: Projektion. Ich habe in mir drin ein Bild von mir, aber das mag ich nicht, das gestehe ich mir nicht zu. Daher projiziere ich es mit meinem Superprojektor “Gehirn” auf irgend einen Mitmenschen. Und über den kann man sich dann empören. Er ist der Sündenbock.
Projektion ist das Verfolgen eigener Wünsche in anderen.
Sigmund Freud
Und so ist es jeden Tag von neuem spannend, nach den Dingen und Menschen, Ereignissen und Nachrichten ausschau zu halten, die einen entweder übermäßig aufregen oder aber merkwürdig heftig begeistern. Und dann zu fragen: Was hat das mit mir zu tun? Welche Wünsche hat da mein Körper, die ihm der Geist verweigert? Weshalb fühle ich mich genötigt, das auf diese harmlose Projektionsfläche zu werfen?
Oben: Steinbeisser / 6cm x 9,5cm / Acryl auf Gips / 2005, Nr.05-084