10.11.2011 – Innenminister Friedrich weiß, was er seiner Beobachtungsgruppe schuldig ist. Während es um seine Fraktions-Amtskollegen Aigner und Ramsauer meist eher still ist, wendet er sich seinem Volk beinahe täglich zu. Am liebsten per BILD oder SUPERillu.
Keine Frage: Die Minderheiten-Minister der CSU müssen schon etwas dafür tun, um ihre Akzeptanzwerte auch in den 15 Bundesländern zu pflegen, in denen man ihre Partei gar nicht erst wählen kann. Dafür stehen allerdings alleine dem Innenministerium im Bundeshaushalt 2011 gut 5,7 Millionen Euro für „Öffentlichkeitsarbeit“ und „Veröffentlichungen“ zur Verfügung.
Drei Ministerien für 6,5 Prozent der Stimmen
Manche Dinge haben eine so lange Tradition, dass man gar nicht erst auf den Gedanken kommt, sie einmal zu hinterfragen. Ein Beispiel hierfür ist der Einfluss der bayerischen CSU auf die Bundespolitik.
Bei der letzten Bundestagswahl erreichte die CSU in Bayern einen Stimmanteil in Höhe von 42,5 Prozent. Überträgt man das Ergebnis auf das gesamte Bundesgebiet, dann entspricht dies einem Wähleranteil von 6,5 Prozent.
Durch die Verschwesterung mit der CDU erhebt die Bayernpartei dennoch den Anspruch auf insgesamt drei Bundesministerien. Ilse Aigner führt das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und Peter Ramsauer zeichnet für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung verantwortlich. Hans-Peter Friedrich ist seit dem 3. März 2011 als Innenminister für die innere Sicherheit, die Kriminalitätsbekämpfung, den Grenzschutz, den Verfassungsschutz, den öffentlichen Dienst, die Informationstechnik, die Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften, die Integration, das Asylwesen, die politische Bildung und den Sport zuständig.
Und so müssen wir uns damit abfinden, dass drei bundespolitische Ressorts auf bayerischem Niveau geführt werden. Die geringsten Auswirkungen hat dies im Falle von Ilse Aigner. Zwar hat die gelernte Radio- und Fernsehtechnikerin zeitweilig den europäischen Gurken- und Salatmarkt zum Erliegen gebracht – ansonsten ist ihr Wirkungsgrad jedoch eher beschränkt.
Anders sieht es da schon bei dem gelernten Müller Peter Ramsauer aus. Dieser machte sich vor allem für den Erhalt der deutschen Sprache stark und verbannte etliche Anglizismen aus seinem Wirkungskreis. Im Verkehrsministerium spricht man daher nicht mehr von „Computern“ sondern von „Rechnern“, „Tickets“ heißen hier „Fahrscheine“ und die „Service Points“ der deutschen Bahn wurden auf Geheiß des Ministers in „Information“ umbenannt. Mit seiner Ankündigung, einer Umwidmung der öffentlichen Mittel für die A100 in Berlin nicht zuzustimmen, hat Ramsauer allerdings vor wenigen Wochen einen erheblichen Einfluss auf die rot-grünen Koalitionsgespräche in Berlin genommen und einen wesentlichen Beitrag zur großen Koalition in der Hauptstadt geleistet.
All dies ist jedoch nichts im Vergleich zum Wirken von Hans-Peter Friedrich, der angetreten ist, um im sensiblen Innern der Bundesrepublik für bayerische Verhältnisse zu sorgen. Wer den Minister und seine Auffassungen näher kennenlernen will, der findet vor allem in der SUPERillu weiterführende Informationen. Hier äußert sich Hans-Peter Friedrich nämlich ganz besonders freimütig und das bereits seit 2010, in seiner damaligen Eigenschaft als Landesgruppenchef der CSU.
Zwei, die sich lieb haben
Die SUPERillu wird seit 1990 vom Burda Verlag herausgebracht und erreicht mit einer wöchentlichen Auflage von knapp 400.000 Exemplaren insgesamt 3,55 Millionen Leser. Schon in seiner Zeit als Landesgruppenchef war das Blatt Hans-Peter Friedrich sehr gewogen. Ein Interview vom 14. Oktober 2010 belegt das.
Um die Fronten zu klären und eine drohende Solidarisierung mit den Leistungsempfängern zu verhindern, legt Friedrich im Gespräch mit der SUPERillu schnell noch nach:
„Alles, was ein Hartz IV-Empfänger in dieser Notsituation bekommt, muss von fleißigen Arbeitnehmern erst einmal erarbeitet werden. Da gehören Tabak und Alkohol nicht dazu. Eine vierköpfige Familie erhält einschließlich Wohnkosten jetzt schon über 1800 Euro.“
Im Umgang mit arbeitsunwilligen Hartz IV Empfängern drängt der heutige Minister schon 2010 auf mehr Härte. Wer einen zugewiesenen Arbeitsplatz nicht annimmt, dem soll das „ALG II gekürzt werden“. Die Jobcenter ruft Friedrich dazu auf, „von den vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten auch tatsächlich Gebrauch zu machen“.
Insgesamt ist das Verhältnis zwischen Hans-Peter Friedrich und den Empfängern von Hartz IV nicht ungetrübt. So warnt er bereits damals in Bezug auf Ursula von der Leyens „Chipkarte“ vor der „Entstehung völlig neuer Strukturen (…), die nur darauf angelegt sind, die staatlichen Mittel abzuschöpfen“. Man sieht vor seinem geistigen Auge ganze Heerscharen von Hartz Kindern, die sich mit fiesen Tricks und miesen Maschen ein zweites Mittagessen in der Schule, eine doppelte Nachhilfe-Ration oder eine zusätzliche Blockflötenstunde ergaunern.
Noch abenteuerlicher wird es, als die SUPERillu Friedrich fragt, womit der Islam die deutsche Gesellschaft bereichern könnte. Seine knappe Antwort:
„Ich bin mit unserer christlich-abendländischen Kultur, wie wir sie haben, außerordentlich zufrieden.“
Die Ursache für Konflikte in Sachen Integration sieht Friedrich darin, dass uns der Islam „mit einem arabischen Gesicht gegenübertritt“:
„Nicht wir müssen uns in Deutschland dem Islam annähern, der Islam in Deutschland muss zu den Werten des Grundgesetzes stehen.“
Das nächste große Friedrich-Interview mit Fotostrecke bekommen die Leser der SUPERillu am 9. November diesen Jahres präsentiert.
Hier tritt Minister Gnadenlos mit Entschiedenheit gegen „Hools“ und „Ultras“ in deutschen Fußballstadien an und drängt als Experte („Als Kind stand ich immer im Tor“) auf hartes Durchgreifen gegen Störenfriede:
„Mit warmen Worten und netten Appellen ist bei Hooligans und Teilen der so genannten Ultras nichts zu erreichen. Betreuung dieser gewaltbereiten Szene durch Sozialarbeiter und Integrationsangebote kommen vielleicht für einen Teil der Szene in Betracht. Einem Teil geht es nur um Randale. Sie haben Spaß an Zerstörungen und daran, Gewalt auszuüben. Bei denen stößt Prävention an Grenzen.“
Weiterhin äußert sich Friedrich zum Stand der Deutschen Einheit:
„Es freut mich zum Beispiel sehr, dass es bei Einsätzen und Übungen des Technischen Hilfswerks, bei Einsätzen der Bundespolizei oder der Feuerwehr keine Rolle mehr spielt, ob jemand aus dem Saarland oder aus Sachsen kommt.“
Schön zu hören, dass sich die Bundespolizisten nach 21 Jahren nicht mehr daran stören, wenn sich mal ein Ossi in ihre Reihen verirrt. Lohn- und Rentenunterschiede, Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Probleme des demografischen Wandels können die positive Bilanz des Ministers nicht trüben. Hauptsache die Ordnungskräfte verstehen sich blendend.
Zum Abschluss folgt dann noch ein flammender Appell gegen den Mindestlohn:
„Es nützt nichts, wenn wir Löhne vorschreiben, die dazu führen, dass Unternehmen Arbeitsplätze auslagern oder ganz abbauen. Die bisherige Praxis ist sinnvoll und differenziert genug, um gezielt auf alle Branchen und regionale Unterschiede reagieren zu können.“
Ja, die bisherige Praxis. Die zeigt uns ganz genau, dass die Abwärtsspirale der deutschen Löhne nur ohne einen Mindestlohn so erfolgreich fortgesetzt werden kann.
Minister Gnadenlos: PR auf unsere Kosten
Der Bundeshaushalt 2011 zeigt, dass unser Innenministerium für die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Veröffentlichungen insgesamt gut 5,7 Millionen Euro investiert. Um auf diese Zahl zu stoßen, muss man allerdings genauer hinschauen. Der eigentliche PR-Etat des Ministeriums beläuft sich nämlich lediglich auf 390.000 Euro. Eine kleine Tabelle, deren einzelne Einträge nicht addiert werden, gibt allerdings Aufschluss über zusätzliche Ausgaben, die den einzelnen Behörden und Institutionen zugewiesen sind, die Hans-Peter Friedrich unterstehen.
Macht man sich die Mühe, selber zu addieren, dann stellt man fest, dass sich hier weitere 5,3 Millionen Euro verstecken. Die Bundesministerien investieren Steuergeld in erheblicher Höhe in Kampagnen, mit denen sie den Steuerzahler von der Qualität ihrer Arbeit überzeugen wollen. Wir zahlen also selber für die Regierungswerbung in eigener Sache.
Deutsche Asylbewerber leben in erbärmlichen Verhältnissen, abgegrenzt von der Gesellschaft und auf engstem Raum. Nach bayerischem Recht sollen die Lebensverhältnisse dieser Menschen übrigens dazu beitragen, „die Bereitschaft zur Rückkehr in die Heimat zu fördern“. Mit zusätzlichen Zuwendungen in Höhe von 5,7 Millionen Euro pro Jahr könnte man die elenden Lebensumstände der Betroffenen zumindest teilweise verbessern.
Minister Gnadenlos investiert allerdings lieber in bunte Broschüren, kostenlose Informationen und die Verbesserung seiner Imagewerte. Das ist gelebte christliche Leitkultur.