Ein Minnesänger posiert vor dem Tore der herzoglichen Burg und lässt seine Leier erklingen, „Psalterium“ nannte er sein dreieckiges Saiteninstrument. Und wenn es den Schlossleuten langweilig ist, so darf er hereinkommen und am Abend beim flackernden Kamin seine endlosen Geschichten von Liebe und Schmerz vorsingen. Dafür wird er bei den Pferdeknechten im Heu ein weiches Lager bekommen und noch eine deftige Suppe dazu und vielleicht auch einige Münzen.
Mir gefällt das Wort MINNE, die ursprüngliche Wortsilbe men/mem heisst „daran denken“, noch erhalten in unserem Wort „ich meine dies oder das“.
Da überlege ich:
An was denke ich viel? Was erfüllt mich mit Verlangen? Das ist meine MINNE?
Der Minnesänger denkt also liebevoll und freundlich – natürlich an eine schöne Frau, die er in der Herzogin gespiegelt zu sehen vorgibt. Oder in deren Tochter, aber das sagt er nur verschleiert. In jedem Fall sind beide unnahbar und von einem anderen Stern.
Was ist MINNE?
Unsere Vorfahren im Mittelalter (vor etwa zwanzig oder dreissig Generationen) haben dieses Wort sehr vielseitig Benutzt. Einige Beispiele:
- Minne als Gottesliebe oder daraus abgeleitete Nächstenliebe.
- Minne als Einverständnis unter seinesgleichen, also die Eintracht im eigenen Clan.
- Minne als begehrendes Verlangen zu Gott – und zum anderen Geschlecht.
- Minne als eine Art Knigge für die Werbung um eine Dame (hohe Minne)
- Minne als Dichtungsform, in der ständig jemand begehrt wird, den man nicht bekommen kann (Minneparadox)
Das Wort “Liebe” existierte im Mittelalter auch schon in der Bedeutung von ‚Verlangen‘ allerdings wurde es oft als Synonym für ‘Freude’ verwandt!
Ich frage mich weiter:
Erfüllen mich die Dinge, an die ich viel denke, auch mit Freude?
Der Minnesänger auf diesem Bild ist einbisschen frech. Das kann ihm seinen Kopf kosten. Es sei denn, es ist ein Junker, von adeligem Blute.
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BILD:
Minne / 29cm x 42cm / Collage, Acryl auf Papier / 2012, N°12-052
