Segnen kann nur, wer Gewalt hat. Segnen kann nur, wer schaffen kann. Segnen kann nur Gott.
Segnend schaut Gott sein Geschöpf an. Er ruft es beim Namen. Seine allmächtige liebe richtet sich auf des Geschöpfes Herz und Wesenskern, und aus Gottes Hand strömt die Kraft, die fruchtbar macht; die wachsen macht; die heil und gut macht: „Anschauen will ich euch und wachsen machen.“ Nur Gott kann segnen. Denn Segnen ist eine Verfügung über das, was ist und wirkt. Segnen ist ein Machtwort des Herrn der Schöpfung; Zusage und Verheißung vom Herrn der Vorsehung. Segen ist gutes Schicksal.
Nietzsche hat ein Wort der Empörung gesprochen, als er sagte: „Aus Betenden sollen wir Segnende werden.“ Er wußte, was er damit meinte. Nur Gott kann segnen, denn er ist der Herr des Lebens. Wir aber sind wesenhaft Bittende. Des Segens Widerspruch ist der Fluch. er bedeutet Urteil des Todes, Siegel des Unheils. Auch er gerichtet auf ein Antlitz, ein Herz. Er ist der Befehl des Herrn, der die Quelle des Lebens schließt.
An dieser Macht aber, zu segnen und zu fluchen, hat Gott allen jenen Anteil gegeben, die Leben zu schaffen berufen sind: Den Eltern - „Des Vaters Segen baut den Kindern Häuser“ - und dem Priester. Sie sollen Leben zeugen, der Natur und Gnade. Dazu sind sie gesetzt durch ihr Wesen und ihr Amt.
Und es kann einer Macht erlangen zum Segnen, wenn er ganz lauter wird; wenn er sich selbst nicht mehr sucht, sondern ganz Diener des Lebendigen sein will.
Immer aber ist es Macht von Gott. Sie versiegt, wenn einer sie aus Eigenem zu haben beansprucht. Von Wesen sind wir Bittende. Segnende werden wir nur von Gottes Gnaden - ebenso wie wir nur von Gottes Gnaden Macht haben zu wirklichem Befehl.
(Von heiligen Zeichen; Romano Guardini 1927)