der seelenfänger von capri

Capri scheint eine Insel mit magischer Wirkung zu sein. Zumindest Klaus Witt öffnet sich ihrer “Zauberkraft” mit allen Sinnen und erlebt zwei Wochen zwischen Tagträumen und märchenhaften Nächten, Erinnerungen und Zukunftsvisionen, voller Leben und Tod, Liebe, Leid und Einsamkeit, unplanbaren Begegnungen, kulinarischen Explosionen und ausgelassene Feste, Naturschönheiten und weiblichen Göttinen, kurz: voll Leben in seinen berührendsten Facetten.

BUCH10404 Fast immer an seiner Seite: der Dottore. Ich weiß gar nicht mehr, ob Klaus Witt ihn in seinem Buch “Der Seelenfänger von Capri. Von Menschen und Tieren” auch nur einmal beim Namen genannt hat, fest steht: der Titel ist wörtlich zu nehmen, denn es gibt auf ganz Capri keinen charismatischeren Tierarzt, der dem Freund aus Deutschland – übrigens ebenfalls ein Veterinär – Türen öffnet, an denen Touristen normalerweise achtlos oder sehnsuchtsvoll seufzend vorüber gehen.

Da ist zum Beispiel der kleine Nero, dessen Leben über Tage am viel zitierten seidenen Faden hängt. Oder die Hündin Oona, die einer Leinwandschönheit gehört und entsprechend für höchstmögliche Dramatik im Leben des Autors sorgt. Auch weil seine Mutter sehr krank ist, begleitet ihr absehbarer Tod den außergewöhnlichen Urlaub fast jede Minute und macht schöne Momente dafür um so tiefer, berührender und unvergesslicher.

Überhaupt spielen Klaus Witts Betrachtungen über das Leben und seine Würde eine wichtige Rolle in diesem Buch, das philosophische Abhandlung, Roman und authentisches Reisetagebuch in einem ist.

So sehr ihn schöne Frauen fesseln und bezaubern: seine ganze Liebe gehört den Tieren, für die Klaus Witt immer wieder Fürsprecher ist: “Die Seele als Monopol für den Menschen, die Krone der Schöpfung? Und die Tiere sollten seelenlos und rechtlos sein? Das kann keiner einsehen, der mit Tieren zu tun hat”, ist der Autor überzeugt und opfert mühelos zahlreiche Urlaubstage um den Dottore zu zahlreichen interessanten Haubesuchen und zwei Hunde auf ihrem Heilungsweg zu begleiten.

In Zeiten, in den Tiere auf unvorstellbar grausame Weise in Massen gehalten und gemästet, quer durch Kontinente zu Schlachthöfen und dort oft noch sinnlos gequält werden, ist dieses poetische, leise und so tiefsinnig mitfühlende Buch eine Wohltat für zutiefst erschreckte Menschenseelen, die diesen menschen- und tierunwürdigen Zuständen oft ohnmächtig gegenüber stehen, die im Grunde den ethischen Zustand der Menschheit widerspiegeln und die deshalb unmöglich in irgendeiner Weise getrennt von unserem eigenen Alltag gesehen werden dürfen.

“Wo immer ein Tier in den Dienst des Menschen gezwungen wird, gehen die Leiden, die es erduldet, uns alle an”, sagte Albert Schweitzer. Klaus Witte sieht es so: “Zum Trotz muss man das Gute tun. In einer Welt, in der Tiere zunehmend gering geachtet werden, muss man sich zum Trotz für die Tiere einsetzen! In einer Welt, welche die Schwachen ignoriert und übergeht, muss man sich für die Schwachen einsetzen! Für die Kinder! Für die Alten! Für die Minderheiten!…Der Wolf kann nicht begreifen, dass es sein eigenes Fleisch ist, in das er seine Zähne schlägt, wenn er ein Lamm reißt. Der Mensch kann und muss es begreifen,” fordert der Autor.

Es muss nicht der 24-Stunden-Einsatz sein, wie ihn Klaus Witte leistet, etwas mehr Bewusstsein beim Einkaufen und Konsumieren trägt bereits dazu bei, dass sich die Situation vieler Tiere und damit unsere eigene zum würdigeren wenden kann.

Unter diesem Aspekt ein wichtiges Buch, das zeitlos-epischen Fragen und manchmal schier übermenschlicher Verantwortung mit sommerlich-leichtem Dolce Vita verbindet. Eine wirklich lesenswerte Mischung!

Klaus Witt “Der Seelenfänger von Capri”, 272 Seiten, gebunden, 19 Euro 95, Komplett-Media



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