»Hört endlich auf, Dreck zu fressen«, ruft Denise Wachter dem »Stern«-Leser entgegen. Aufhänger sind die neuen alten Entdeckungen von Wallraff. Dinge, die jeder wissen konnte und viele wussten und die erst jetzt wieder in die Agenda aufrücken, weil RTL etwas dazu sendete. Genauso schnell wird die Empörung auch wieder verschwinden. Na ja, jedenfalls sollen wir keinen Dreck mehr fressen. Richtig so! Aber der Aufruf Wachters verkennt die Lage.
Wachter schreibt richtig, dass die Menschen den Bezug zu ihrer Nahrung verloren haben. Sie wollen anonymes Fleisch ohne Tiergesicht und Tieraugen. Das niedliche Mitwesen soll mit dem, was wir auf unserem Teller liegen haben, nichts zu tun haben. Wurst soll Wurst sein und nicht das Produkt aus einem ehemals lebenden Wesen. Und sie behauptet auch ganz richtig, dass Essen heute in erster Linie billig sein muss. Die Menschen gieren nach günstiger Sättigung und vergessen darüber auch nachzufragen, woher das stammt, was sich ihr Körper einverleibt. Daher ist ein neues Bewusstsein nötig. Nachfragen und so. Wer das tut, der wird den Dreck, den wir heute oft essen, nicht mehr verzehren wollen. Wenn wir die Entfremdung zum Essen ablegen, dann fällt quasi die Billigheimelei und der Dreck landet im Abfall und nicht in unseren Mägen.
Das klingt alles logisch und auch irgendwie richtig. Aber es erinnert an das grüne Ermahner-Leitmotiv. Die Grünen predigen seit Ewigkeiten vom Bewusstsein und davon, dass man das billige Produkt meiden kann, wenn man sich bewusst macht, wie es entsteht. Sie fanden von jeher, dass der Verbraucher diese Macht hätte, wenn er nur wollte. Da gibt es nur ein Problem: Der Verbraucher ist kein Machtmensch. Der Großteil der Verbraucher ist eher machtlos, weil er nicht die Wahl hat, einfach mal teurere Produkte zu erwerben oder regelmäßig sein Fleisch beim Schlachter und Metzger um die Ecke zu holen. Viele Verbraucher können sich die Metzgerwurst nicht mal einmal pro Woche leisten, weil dies ihr Haushaltsbudget sprengen würde. Die Verbrauchermacht ist eine leere Worthülse, weil sie nur dort aktiv sein kann, wo der Verbraucher auch Macht im Geldbeutel hat. Doch daran scheitert es.
Die Lohnzurückhaltung der letzten Jahrzehnte hat bewirkt, dass viele Arbeitnehmer heute dringender im alltäglichen Leben sparen müssen, als je zuvor. Millionen von Menschen sind arbeitslos oder arbeiten unter Bedingungen, die direkt in der Armutsstatistik münden. Welche Macht sollen diese Menschen im Supermarkt haben? Sie sehen den billigen Schinken für 88 Cent und ein Regal weiter oben ein Produkt eines regionalen Metzgers, das besser aussieht, eine gesündere Farbe hat, ja vielleicht sogar ordentlich produziert wurde (sicher ist das allerdings nicht) und das dafür auch gleich 2,39 Euro kostet. Qualität kostet - ganz klar. Diese Wahl wird trotzdem keine Qual, wenn man auch nächste Woche noch etwas essen muss von Geld, das diese Woche schon zu knapp ist.
Das ist das ewige Problem in einer Gesellschaft, in der Löhne stagnieren und die Kaufkraft schwindet. Klar, der Verbraucher ist auch schuld an diesen Zuständen. Weil er den Dreck kauft und frisst, wird Dreck hergestellt und verkauft. Aber es ist ein arroganter und dekadenter Ansatz, einfach mal zu einem neuen Bewusstsein aufzurufen. Die Grünen haben das bis heute nicht kapiert. Sie haben nicht begriffen, dass Ökologie und Soziales zusammenhängen. Eines alleine klappt nicht. Verbrauchermacht stärken bedeutet indirekt immer auch, den Sozialstaat zu stärken. Dafür zu sorgen, dass Löhne steigen und die Lohnersatzleistungen gewährleisten, dass man nicht täglich günstige Tiefkühlkost konsumieren muss. Ökologisches Verständnis benötigt autarke Verbraucher. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Es wird sich nichts ändern können. Der Dreck wird weiterhin in unserem Bauch landen. Er ist systemimmanent. Der Sparstaat fabriziert nicht nur Armut, er schafft auch Märkte, auf denen man mit absoluter Kaltschnäuzigkeit eine Klientel bedient, die sich nur diese Qualitätslosigkeit leisten kann. Für viel zu viele muss es heute günstig sein. Dafür können sie nichts. Wer den Menschen bewusst machen will, welchen Dreck sie fressen, der muss ihnen die finanziellen Mittel dazu geben. Nur mit Münzen und Scheinen kann man bewusster konsumieren. Und wusste nicht schon Marx, dass der (Geld-)Schein das Bewusstsein schafft? Jedenfalls so ähnlich ...
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Wachter schreibt richtig, dass die Menschen den Bezug zu ihrer Nahrung verloren haben. Sie wollen anonymes Fleisch ohne Tiergesicht und Tieraugen. Das niedliche Mitwesen soll mit dem, was wir auf unserem Teller liegen haben, nichts zu tun haben. Wurst soll Wurst sein und nicht das Produkt aus einem ehemals lebenden Wesen. Und sie behauptet auch ganz richtig, dass Essen heute in erster Linie billig sein muss. Die Menschen gieren nach günstiger Sättigung und vergessen darüber auch nachzufragen, woher das stammt, was sich ihr Körper einverleibt. Daher ist ein neues Bewusstsein nötig. Nachfragen und so. Wer das tut, der wird den Dreck, den wir heute oft essen, nicht mehr verzehren wollen. Wenn wir die Entfremdung zum Essen ablegen, dann fällt quasi die Billigheimelei und der Dreck landet im Abfall und nicht in unseren Mägen.
Das klingt alles logisch und auch irgendwie richtig. Aber es erinnert an das grüne Ermahner-Leitmotiv. Die Grünen predigen seit Ewigkeiten vom Bewusstsein und davon, dass man das billige Produkt meiden kann, wenn man sich bewusst macht, wie es entsteht. Sie fanden von jeher, dass der Verbraucher diese Macht hätte, wenn er nur wollte. Da gibt es nur ein Problem: Der Verbraucher ist kein Machtmensch. Der Großteil der Verbraucher ist eher machtlos, weil er nicht die Wahl hat, einfach mal teurere Produkte zu erwerben oder regelmäßig sein Fleisch beim Schlachter und Metzger um die Ecke zu holen. Viele Verbraucher können sich die Metzgerwurst nicht mal einmal pro Woche leisten, weil dies ihr Haushaltsbudget sprengen würde. Die Verbrauchermacht ist eine leere Worthülse, weil sie nur dort aktiv sein kann, wo der Verbraucher auch Macht im Geldbeutel hat. Doch daran scheitert es.
Die Lohnzurückhaltung der letzten Jahrzehnte hat bewirkt, dass viele Arbeitnehmer heute dringender im alltäglichen Leben sparen müssen, als je zuvor. Millionen von Menschen sind arbeitslos oder arbeiten unter Bedingungen, die direkt in der Armutsstatistik münden. Welche Macht sollen diese Menschen im Supermarkt haben? Sie sehen den billigen Schinken für 88 Cent und ein Regal weiter oben ein Produkt eines regionalen Metzgers, das besser aussieht, eine gesündere Farbe hat, ja vielleicht sogar ordentlich produziert wurde (sicher ist das allerdings nicht) und das dafür auch gleich 2,39 Euro kostet. Qualität kostet - ganz klar. Diese Wahl wird trotzdem keine Qual, wenn man auch nächste Woche noch etwas essen muss von Geld, das diese Woche schon zu knapp ist.
Das ist das ewige Problem in einer Gesellschaft, in der Löhne stagnieren und die Kaufkraft schwindet. Klar, der Verbraucher ist auch schuld an diesen Zuständen. Weil er den Dreck kauft und frisst, wird Dreck hergestellt und verkauft. Aber es ist ein arroganter und dekadenter Ansatz, einfach mal zu einem neuen Bewusstsein aufzurufen. Die Grünen haben das bis heute nicht kapiert. Sie haben nicht begriffen, dass Ökologie und Soziales zusammenhängen. Eines alleine klappt nicht. Verbrauchermacht stärken bedeutet indirekt immer auch, den Sozialstaat zu stärken. Dafür zu sorgen, dass Löhne steigen und die Lohnersatzleistungen gewährleisten, dass man nicht täglich günstige Tiefkühlkost konsumieren muss. Ökologisches Verständnis benötigt autarke Verbraucher. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Es wird sich nichts ändern können. Der Dreck wird weiterhin in unserem Bauch landen. Er ist systemimmanent. Der Sparstaat fabriziert nicht nur Armut, er schafft auch Märkte, auf denen man mit absoluter Kaltschnäuzigkeit eine Klientel bedient, die sich nur diese Qualitätslosigkeit leisten kann. Für viel zu viele muss es heute günstig sein. Dafür können sie nichts. Wer den Menschen bewusst machen will, welchen Dreck sie fressen, der muss ihnen die finanziellen Mittel dazu geben. Nur mit Münzen und Scheinen kann man bewusster konsumieren. Und wusste nicht schon Marx, dass der (Geld-)Schein das Bewusstsein schafft? Jedenfalls so ähnlich ...
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