Der Schatten meines Bruders

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Titel:  Der Schatten meines Bruders
Originaltitel: My Brother’s Shadow
Autor: Tom Avery
Genre: Jungendbuch ab 12 Jahren
Seiten: 149 Seiten
Verlag: Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407820496
ISBN-13: 978-3407820495

Erste Sätze:
Er kam im Winter. Der eisige Wind fegte durch seine zerrissenen Kleider und färbte seine bloße Haut. wundrot. Er presste sein Gesicht gegen das Fenster, ich sah aufgesprungene Lippen und blutiges Zahnfleisch.

Klappentext:
Nach dem Tod ihres Bruders steht für Kaia die Welt still. Nichts ist mehr wie vorher. Bis der wilde, stumme Junge auftaucht. Ohne ein einziges Wort zu sprechen, wir er Kaias Freund.

Inhalt:
Seit Kaias Bruder gestorben ist, scheint es so, als wäre das Mädchen von der Außenwelt abgeschnitten. Die Freunde haben kein Verständnis mehr, ihre Mutter versinkt im Alkohol und sie selbst? Sie nennt es erstarrt, sie ist erstarrt über diese Tragödie. Alleine scheint sie die Einsamkeit nicht mehr aushalten zu können, doch dann taucht da dieser seltsame Junge in der Schule auf. Wird er es schaffen, sie aus der Erstarrung holen zu können?

Meine Meinung:
Dieses Buch fand ganz spontan und ungeplant den Weg zu mir, aber nach der Lektüre, da bin ich wahnsinnig froh, dass ich es nicht übersehen habe, sondern es mich gesucht und gefunden hat.

Kaias Bruder Moses ist tot, diese Botschaft überspannt das ganze Buch, wie sie mit der Situation umgeht, wie sie mit diesen Verlust umgeht, der so schwer wiegt, war er doch ihr Lebensmittelpunkt, ein so wichtiger Bestandteil, der nun weggebrochen ist.

Für alle war klar, dass sie leiden würde, Zeit braucht, doch Monate danach, da ist es vorbei mit dem Verständnis. Ihre ehemaligen Freude bezeichnen sie als Freak, weil sie ihren Bruder eben nicht so einfach loslassen kann, sondern gedanklich immer noch bei ihm festhängt. Eine Antwort auf die Frage „Warum?“ sucht, welche es einfach nicht geben kann, doch daran hält sie sich, weil ihre Mutter, sie ist selbst verloren gegangen, kann sie nicht fangen und einen Vater, den gibt es nicht. Es gab nur ihre Mum, die verloren gegangen ist, Moses, der verschwunden ist und sie, die erstarrt ist.

Die Schule ist kein guter Ort, er tut dem Mädchen nicht gut, doch dort taucht auch diese besondere Junge auf. Er spricht nicht, ist ein kleiner Wilder und kommt ebenfalls nicht mit seinen Mitschülern zurecht, doch Kaia findet gefallen ihm, irgendwas fasziniert sie an ihm und man könnte jetzt denken, es ist Liebe und sie kann eine Seele retten, aber nein, es ist eine viel schönere Botschaft, die ich jedem nur selbst zu entdecken raten kann. Man liest das Buch zu Ende, ist selbst ein wenig verlorengegangen, in den vorherigen Seiten und Sätzen. Gefangen genommen von so vielen Gefühlen, die man diesen kleinen Büchlein gar nicht zugetraut hätte. Nichts ist am Ende vergessen und verarbeitet, alles steht noch am Anfang, doch Erstarrung hat den Vorteil, dass sie aufbrechen kann und dies lehrt einen die Geschichte, dass man unter dem eigenen Schicksal nicht zerbrechen muss, dass es weh tut, durchaus, aber Schmerz vergänglich ist.

Der Schreibstil springt zwischen poetisch und alltäglich umher. Es gibt diese Absätze, nach denen man das Buch zuklappen muss, sich zurücklehnt und einfach mal durchatmet, so sehr wirbeln sie das Herz auf und bringen den Verstand zum Arbeiten.

Ich bin festgefroren in der Vergangenheit. Festgefroren seit einem Tag, den ich niemals vergessen werde. Erstarrt. Erstarrt. Erstarrt. Wie kommt man raus aus etwas, das man nicht mal sehen kann? Wie kann man ändern, was schon passiert ist?
Ich bin Kaia, für immer tiefgefroren.
Für immer festgefroren.
Für immer erstarrt.
(Seite 11)

Ist es Kritik? Ich weiß es nicht genau, doch hätte ich mir gewünscht, die Geschichte wäre länger, so viel ist unausgesprochen, so viel möchte man noch wissen, so sprachlos bleibt man zurück. Etwas mehr Details, ein wenig mehr Einblick in Kaias Welt, eine bisschen mehr Sicht in die Zukunft, dass habe ich vermisst, doch vielleicht sind es gerade die unausgesprochenen Worte, die das Buch unvergesslich machen und den Verstand auch nach dem Lesen noch beschäftigt halten.

Fazit:
Wie geht ein elfjähriges Mädchen mit dem großen Thema Tod um, wenn ihre ganze Umgebung schweigt? Sie sucht sich und einen Weg aus der Erstarrung. Diesen Weg an ihrer Seite zu gehen, er ist schmerzhaft, intensiv, aber auch wunderschön, weil er die Botschaft in sich trägt: Erinnerungen bleiben, doch Schmerz ist vergänglich.

5 Sterne



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