Das Boot machte gute Fahrt, der Schiffer strengte sich an, und unter den Reisenden herrschte heitere Stimmung. Das Wetter war klar, und da es noch früher Morgen war, lag über dem Wasser eine erfrischende Kühle. Es versprach, eine angenehme und kurzweilige Reise zu werden. Die Leute im Boot unterhielten sich, und unter all den Gesprächen merkte keiner, dass das Schifflein immer langsamer wurde. Der Schiffer gab sich gewaltig Mühe, aber endlich wollte sich das Boot überhaupt nicht mehr bewegen, es trieb ganz ruhig auf dem Wasser, immer an derselben Stelle. Das fiel den Reisegenossen denn doch auf, und einer rief: "He, Bootsmann, warum bleibt Ihr stehen! Macht, dass wir weiterkommen, wir sind eilige Leute!" Der Angeredete wischte sich den Schweiß von der Stirn und meinte sorgenvoll: "Liebe Fahrgäste, ich kann mich noch so anstrengen, unser Boot ist wie festgehalten." "Wir müssen aber weiter, wir können doch nicht hier auf dem Wasser bleiben!" Wieder setzte der Schiffer seine Kraft ein, das Boot aber ließ sich nicht fortbringen. Die Insassen wurden allmählich unruhig, einer schaute den anderen an, aber keiner wusste Rat. Das Fahrzeug hing bewegungslos mitten auf dem Fluss, und das Wasser schien unheimlich zu rauschen. Da sprach der Bootsführer: "Es kann sein, dass die Wassergeister einen Tribut von uns wollen. Ich bitte Euch nun, dass jeder das Beste und Kostbarste, das er bei sich hat, ins Wasser wirft. Vielleicht erlauben uns dann die Bewohner der Tiefe die Weiterfahrt." Er entledigte sich sogleich seiner schönen, gestickten Jacke und warf sie in den Fluss. Sie sank sofort. Jeder wühlte in seinem Bündel. Der Priester, der mitreiste, opferte eine wertvolle Schriftrolle, der Bauersmann einen Sack mit Bohnen, der Händler öffnete seufzend seine Geldtasche und trennte sich von einem Goldstück, ein junges Mädchen zog die Schmucknadel aus Schildpatt aus seinem Haar und ließ sie ins Wasser gleiten, und eine Sängerin ihr Shamisen. Jede Gabe sank sogleich hinunter in die dunkle Flut. Nun war die Reihe an den jungen Samurai gekommen, er zögerte kurz, dann zog er seine geliebte Flöte aus dem Gürtel hervor. Nachdenklich warf er sie in den Fluss, und sie sank nicht unter wie die anderen Tribute. Im Gegenteil, sie stellte sich sogar senkrecht auf, stand eine Weile still, dann begann sie, um das Boot Kreise zu ziehen. Entsetzt wichen die Reisegefährten von dem Ritter zurück und drückten sich bleich in einer Ecke des Bootes zusammen: Der Samurai war es, ihm wollten die Wassergeister die Weiterfahrt nicht erlauben! Der junge Mann wusste in seinem Herzen, warum er nicht ziehen durfte: Er hatte dem Wasserwesen, dem Mädchen am See, versprochen, auf der Rückreise für sie auf der Flöte zu spielen, und er hatte sein Versprechen nicht halten wollen. Nun war das Mädchen gekommen, um ihn zu strafen. Seine Macht reichte bis in den Fluss hinaus, er schaute auf, ja, da drüben lag die Seenlandschaft, er konnte die alten Weidenbäume mit den zartgrünen Schleiern gut erkennen.
In der Zwischenzeit hatte sich der Schiffer vom ersten Schrecken erholt, er ermannte sich und sagte: "Herr, Ihr seht, dass die Wassergeister etwas mit Euch zu schaffen haben. Ihr werdet am besten wissen, was ihr Anliegen ist. Ich muss Euch bitten, unser Boot zu verlassen, sonst kommen wir nie ans Ufer zurück." Der Samurai nickte kurz, trat auf den Rand des Bootes und sprang ins Wasser. Die Reisegefährten schrieen auf, zuerst aus Schreck, dann aber aus Verwunderung: Der junge Mann sank nämlich nicht in die Tiefe, nein, das Wasser spielte ihm gerade bis über die Füße. Er stand auf dem Fluss. Wortlos drehte er sich um und rannte auf dem Wasser in Richtung der Sümpfe und Seen. Dort verschwand er bald zwischen den Weidenschleiern und Wassergewächsen. Und seine Flöte glitt hinter ihm her! Als er nicht mehr zu sehen war, fing das Boot auf einmal an, sich wieder zu bewegen. Der Bann hatte sich gelöst, und mit Leichtigkeit konnte der Schiffer das Fahrzeug zu seiner Bestimmung lenken.
Der junge Samurai aber blieb verschwunden. Seine Gefährten im Boot waren die allerletzten gewesen, die ihn gesehen hatten. Dann bekam ihn niemand mehr zu Gesicht. In den Sümpfen und Seen des Mogami-Flusses hört man seit diesem Begebnis oft wunderzarte Flötenmusik. Besonders in hellen Mondnächten im Herbst, wenn weiße Nebel über den Wassern liegen, steigen die fein gesponnenen Töne geheimnisvoll zum Nachthimmel empor.