Der Salat, der aus der Kälte kam

Von Michaela Preiner

“Schönbrunner Seminare” (Foto: ECN) 15.

Dezember 2017

Kulinarium Im Spätherbst ist die Ernte eingefahren, sind Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten eingelagert, wurde der letzte Kohl geerntet. Dann beginnt die lange Zeit des Wartens auf frisches Grün. Dass diese Gärtnerpause aber gar nicht sein muss, vermittelte ein Schönbrunner-Seminar einem fachkundigen Publikum Anfang Dezember. Unter der Leitung von Wolfgang Palme, Abteilungsleiter für Gemüseanbau an der HBLFA Schönbrunn und Gründer der City Farm Schönbrunn und in Zusammenarbeit mit Bio-Austria wurde den Gästen an diesem Tag eine neue Produktionsweise vorgestellt, die es erlaubt, auch ohne beheizte Gewächshäuser frisches Gemüse zu ziehen. “Das Wissen, im Herbst und Winter auch zu gärtnern, ist nicht einmal in der einschlägigen Fachliteratur anzufinden”, erklärte Palme bei einem Rundgang auf dem Gelände der City Farm Schönbrunn. Dabei zeigte er den Interessierten eine große Vielfalt an Wintergemüse, das kurze Zeit sogar Minusgrade überleben kann.

Mithilfe einer Feldstudie, die von Bio-Austria unterstütz wurde, konnten in den vergangenen drei Jahren eine ganze Menge Informationen zu diesem Thema gesammelt werden. Dafür wurden 6 Mitgliedsbetriebe aus unterschiedlichen Regionen in Österreich gewonnen, die nach einem genauen Plan zeitgleich Gemüse ansetzten. Die daraus gewonnen Erkenntnisse verblüffen: Zwar benötigt Gemüse, das erst im September ausgepflanzt wird, länger als in der warmen Jahreszeit um zu wachsen, aber wenn es nicht einen langen Permafrost gibt, dann kann man bis in den Februar Frisches vom Feld ernten. Kleine, mobile, belüftbare Schutzbeete helfen, die spärliche Sonneneinstrahlung und die damit verbundene Wärme zu intensivieren. Lediglich kontinuierliches Lüften ist notwendig, um die Kulturen vor Schimmelpilzbefall zu schützen. Aber auch ohne jegliche Hilfsmittel wächst Gemüse im Herbst und Winter im Freien.

“Schönbrunner Seminare” (Fotos: ECN) Auch wenn die Temperaturen unter Null sinken und das Gemüse friert, ist es deswegen noch lange nicht ungenießbar. “Es ist wichtig, die gefrorenen Pflanzenteile nicht zu berühren, denn dadurch wird ihre molekulare Struktur zerstört. Solange die Pflanze bei wärmeren Temperaturen wieder unbeschadet auftauen kann, kann sie auch geerntet werden.” Um die Vielfalt zu demonstrieren, die auch im Winter im Freien wächst, hat Wolfgang Palme mit seinem Team eine ganze Reihe von unterschiedlichen Gemüsearten direkt vom Feld in den Seminarraum geholt. Mehrere Radieschen- und Salatsorten liegen einträglich neben bunten Ziehrkohlarten – die auch alle essbar sind! Italienischer Schwarzkohl steht neben frischem Butterkohl und einem dicken Strunk mit ungeernteten Kohlsprossen. “Frisches Gemüse im Winter ernten” ist der Titel des Buches von Wolfgang Palme, das im vergangenen Jahr im Löwenzahn-Verlag erschienen ist und umfassend Auskunft zum Anbau im Garten und auf dem Balkon zu diesem Thema gibt. Der Salat, der aus der Kälte kam Der Salat, der aus der Kälte kam Der Salat, der aus der Kälte kam Der Salat, der aus der Kälte kam “Schönbrunner Seminare” (Fotos: ECN) Für die Gastronomie liegen die Vorteile auf der Hand. Mit Wintergemüse aus heimischem Anbau abseits von geheizten Glashäusern können dem Gast Produkte angeboten werden, die, bei entsprechender Kultivierung, das Label Bio aber auch regional zu Recht verdienen. “Die Supermärkte erwecken mit ihrer Gemüseauswahl den Anschein, eine große Vielfalt anzubieten. Sieht man aber genauer hin, so kommt man drauf, dass ein Großteil des Gemüses nicht aus Österreich kommt.” Palme ist ein Verfechter der biologischen Vielfalt und hat in Johann Reisinger einen genialen Partner gefunden.

Um die Erkenntnisse den Besucherinnen und Besuchern des Seminars auch geschmacklich präsentieren zu können, schuf dieser, seines Zeichens Pionier einer radikal natürlichen Küche, ein vielgängiges Menü in dem das Wintergemüse eine Hauptrolle spielte. Ob als Rohkost, Salat, gefüllt oder gekocht, aus den unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten bot Reisinger verblüffende Kreationen, bei denen die natürliche Verarbeitung im Vordergrund standen.

Um heizungsfreies Wintergemüse ertragreich anbauen zu können, bedarf es aber erst einer intensiven Marktvorbereitung. Noch ist das Wissen um diese ökologisch sinnvolle Anbauweise auf wenige Insider beschränkt. Vielleicht gelingt es aber den Produzenten gemeinsam mit Bio-Austria und der Gastronomie den Endverbrauchern diese Gemüse schon bald verstärkt schmackhaft zu machen und damit auch die Nachfrage anzukurbeln.

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