Der rote Regenschirm 2

Von Spuerbar @susi_sp

So stand ich nun da: Allein und ohne Regenschirm! Ich wartete einige Minuten in der Hoffnung, dass Tom zurückkommen würde.
Es konnte doch nicht sein, dass er mir einfach meinen Schirm entwendet hatte. Irgendwann glaubte ich dann allerdings selbst nicht mehr daran, dass er mir meinen roten Regenschirm zurückbringen würde.
Ich kramte erneut meinen Geldbeutel aus meiner Tasche und zog seine Visitenkarte heraus.
Tom Jacob. Immobilienmakler.
Unter seinem Namen und seinem Beruf war eine Handynummer gedruckt.
Ich kramte mein Smartphone heraus und gab seine Nummer ein, als sich die Anwendung öffnete. Elf Ziffern, die leicht einzuprägen waren. Ich fragte mich, ob man für solch eine Nummer einen besonderen Vertrag haben musste. Bevor ich auf die grüne Anruf-Taste klickte, löschte ich die Nummer wieder und legte mein Handy zurück in die Tasche und versteckte die Visitenkarte wieder ganz weit hinten in meinem Geldbeutel.
Das hätte ihm gefallen, wenn ich keine zehn Minuten später angerufen hätte. Wahrscheinlich war das sogar eine alt bewehrte Masche von diesem Mann, wie er hinterlistig darauf wartet bis Single-Frauen irgendwo ihre Regenschirme oder sonstigen Dinge liegen ließen, um sich dann an sie ranzumachen. Nicht mit mir, dachte ich und ging in den nächsten Laden, in dem es Regenschirme gab und kaufte mir einen neuen, schlichten Regenschirm in schwarz, der sich per Knopfdruck automatisch öffnen und schließen ließ. Mit dem neuen Hightech-Teil, welches ein halbes Vermögen gekostet hatte, fühlte ich mich Tom weit überlegen.
Das Gewitter hatte aufgehört, dennoch regnete es noch, als ich das Einkaufszentrum verließ. Mit meinem neuen Regenschirm über dem Kopf und einer riesen Tüte voll Bade- und Entspannungsutensilien stolzierte regelrecht nach Hause. Dieser Tom konnte mich mal kreuzweise!
Zu Hause ließ ich mir ein heißes Bad ein Ich gab Badeschaum und eine Badekugel in das dampfende Nass hinein, sodass die ganze Badewanne mit weißem Schaum bedeckt war. Es duftete herrlich nach Kirschblüten und feinster Vanille. Die perfekte Mischung um abzuschalten. Ich zog mich aus und legte mich in die Badewanne. Ich atmete tief die lieblichen Düfte ein und schloss die Augen. Man hörte nur noch das sanfte Plätschern des Badewassers.
Ich fragte mich wieso ich mir das nicht öfters gönnte. Es war eine Oase bei diesem grässlichen Wetter, welches einen vor der Haustüre erwartete. Also beschloss ich in der kalten Jahreszeit mindestens einmal pro Woche ein wohltuendes Bad zu nehmen. Einfach um die Seele baumeln zu lassen und alles um einen herum zu vergessen. Pure Entspannung eben.
Doch nach nur einer Minute waren meine Gedanken bei der Begegnung mit Tom. Er war ein sehr attraktiver Mann und bei dem Gedanken an seine blauen, strahlenden Augen bekam ich eine leichte Gänsehaut am ganzen Körper und zitterte trotz des heißen Badewassers beinahe. Seine Ausstrahlung hatte mich fasziniert und ich fragte mich, ob er als Immobilienmakler seinen Charm schamlos bei seinen Kundinnen ausnutze. Entweder für eine dicke Provision oder vielleicht sogar für eine ganz andere Art von Belohnung.
Bei diesem Gedanken öffnete ich meine Augen und starrte nach oben gegen meine Decke.
Das konnte wohl nicht wahr sein. Wieso dachte ich nur an ihn? Er brachte mich aus dem Konzept und das gefiel mir überhaupt nicht.
Ich wollte mich nicht so wie ein kleiner, verliebter Teenager fühlen, der sich heimlich die verrücktesten Phantasien durch den Kopf gingen lässt. Schon gar nicht wollte ich, dass mich ein Mann aus der Bahn warf. Das hatte ich schließlich durch und wollte einen Neustart ganz ohne Männer starten.
"Konzentriere dich nur auf dich und deine Karriere", sagte ich mir selbst leise zu.
Trotz meinem inneren Kampfes dachte ich noch immer an Tom. Ich wollte diese kuriose Begegnung bald vergessen haben. Sobald ich aus der Badewanne stieg, wollte ich die Visitenkarte in den Müll werfen.
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in dem Sinne: Ab in die Badewanne und chillaxen! follow