Da, wo der Rameo-Fluss in den Baldingersee fliesst, gibt es eine grosse Ebene, und dort hat ein Freund von mir eine Fallschirmspringerschule für Hunde. Bekanntlich springen ja Hunde generell unglaublich gerne Fallschirm, aber der Pudel, von dem ich hier berichte, der übertraf alle anderen Hunde in seiner Freude am Springen.
Vorweg vielleicht noch ein paar Worte zu dieser Vorliebe der Hunde. Der Hund stammt ja vom Wolf ab, und dieser hat früher Flügel gehabt. Damit konnte er über die Wälder fliegen statt nur durch die Wälder zu streifen. Da das aber ein zu grosser Vorteil gegenüber den andern Tieren gewesen wäre, haben diese damals auch Flügel gehabt … es war also fast alles geflügelt, zum Beispiel gab es geflügelte Rehe und geflügelte Hasen. Nur die Vögel hatten damals keine Flügel und gingen zu Fuss. Nach und nach haben die Wölfe dann ihre Flügel zurückentwickelt (nach Darwin). Heute gibt es nur noch selten geflügelte Waldtiere, zum Beispiel die Fledermaus oder der Fliegende Hund. Den Hasen und Elefanten sind nur noch die grossen Ohren geblieben, während bei den Pferden und Rehen nur noch alte Abbildungen (vom Pegasus) an die Flügel erinnern.
Zurück zu unserer Fallschirmspringerschule für Hunde. Der benannte Pudel war eine Dame, eine Pudelin also, und sie hiess Sandra und liebte vor allem den freien Fall. Schon nur wenn sie den Flieger sah, der sie in schwindelnde Höhen tragen sollte, begann sie zu winseln und mit dem Stummelschwanz zu wedeln, und wenn es dann richtig los ging, dann bellte und hüpfte sie so, wie andere Hunde, wenn es ums Spaziergehen geht.
Zuerst muss die Sandra den Fallschirm anziehen. Das ist ein spezieller Hundeschirm, bei dem sie mit allen vier Beinen rein schlüpfen muss. Dann trägt sie auch eine runde Brille und ein Ledermützchen, was sehr cool aussah. Der Flieger trägt sie dann auf etwas 1500 Meter Höhe und von da aus springt sie aus der Luke, streckt alle Viere von sich und lässt sich fallen. Sandra fällt und fällt und wenn sie dann bei den Kühen auf den Weiden die Augen erkennen kann, zieht sie mit der Schnauze die Leine und der Fallschirm öffnet sich und der Pudel gleitet sanft zur Erde.
Sandra hat schon viel erlebt. Das Komischste war, als sie mal Anfang Juni mit neun Freunden und Freundinnen (die sie vom Pudelfriseur kannte) Fallschirmspringen ging. Sie sahen alle genau gleich aus und flogen mit derselben Maschine hoch – dann hüpfte Pudel um Pudel aus der Luke und bald schwebten alle an ihren Schirmen über die sanfte Gegend – ein Himmel voller Pudel.
An jenem Tag kam aber ein Wind auf, und trieb den Pudelschwarm von der Rameo-Ebene ab, zuerst über ein Fischerdorf und dann auf den See raus. Zum Glück war da ein Passagierschiff, und geschickt, wie Pudel so sind, gelang es den Zehn auf dem Vorderdeck, Oberdeck, Hinterdeck, auf Rettungsbooten und Kapitänsbrücke zu landen. Das wäre ja gut und recht gewesen – aber auf dem Schiff war eine Katze, nein zwei Katzen, nein - es war alles voll mit Katzen!
Jetzt war aber Panik los: Angriff von Pudeln aus dem Himmel. Auf dem Schiff war halt der Verein der Freundinnen netter Katzen auf ihrem Vereins-Ausflug, und zwar mit ihren vierbeinigen Lieblingen! Unsere Pudel und Pudelinnen waren schon sowieso in ausgelassener Stimmung, so dass ein bisschen Katzenjagen gerade reinpasste. Das wurde ein Riesenlärm – und für meinen Freund von der Fallschirmspringerschule war es nicht schwierig, mit seinem Motorboot die abgetriebene Gruppe Pudel wieder zu finden.
Er entschuldigte sich natürlich höflich bei den Frauenfreundinnen und bat seine Pudel auf das Motorboot. Nur langsam kamen die ganzen Katzen von den Antennen und Fahnenstangen herunter… und eine Woche später mussten der Katzenverein sowie die Fallschirmspringerschule der Seeschifffahrtsgesellschaft (je zur Hälfte) die Kosten für neue Flaggen bezahlen. Die alten waren nach dem Pudelfall aufs Katzenschiff durch die wilde Jagd ganz zerrissen.
