Der Prophezeiungspost

Von Oeffingerfreidenker

Von Stefan Sasse
Alle Jahre wieder an Sylvester mache ich einige Vorhersagen für das neue Jahr. Bevor wir uns gemeinsam anschauen können, was aus den Vorhersagen letzten Jahres wurde, hier meine Prognosen für 2013:
1) Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin. Statt Schwarz-Gelb haben wir ab Oktober 2013 wieder Schwarz-Rot, ohne verfassungsändernde Mehrheit (wenn auch knapp).
2) Das Parlament wird erstmals aus sechs Parteien bestehen. Stärkste Oppositionsfraktion werden, mit Abstand, die Grünen sein. Auf dem zweiten Platz die LINKE, dahinter um die 5%-Hürde krebsend die FDP und die Piraten.
3) Der Euro wird nicht kaputt gehen. Stattdessen werden mit Rettungspaketchen, Garantien und Ähnlichem ein wackeliger status quo bewahrt. Auch Griechenland verbleibt im Euro. (Unverändert übernommen von den Vorhersagen für 2012)
4) Das Wirtschaftswachstum der USA wird das europäische deutlich übertreffen.
5) China wird wieder Erwarten immer noch nicht die Weltherrschaft innehaben oder irgendwelche Weltkrieg um Wohlstand anzetteln.
6) Assad wird Syrien verlieren. Er wird nicht der letzte Fall von Unruhen im Mittleren Osten bleiben.
7) In Ägypten gibt es weiterhin Spannungen zwischen Islamisten und Säkularen. Erstere können sich aber auf mehr und breiteren Rückhalt in der Bevölkerung stützen. Wir werden mehr auf die Scharia gründende Verfassungen sehen.
8) In den USA wird es eine Einschränkung für Waffenbesitz geben, die sich mindestens auf Sturmgewehre erstreckt. Höchstwahrscheinlich aber wird der Waffenzugang allgemein stärker reguliert.
9) Deutschland wird in der EU-Rettungspolitik weiterhin den Bremser spielen, aber ultimativ viele Maßnahmen mittragen. Spätestens nach der Wahl wird die CDU ein Konzept politischer Integration vorstellen, die einen starken Sanktionskatalog für Staatsschulden vorsieht, der als eine Art Maastricht 2.0 angepriesen werden und genausogut funktionieren wird.
10) Es wird weitere Indizien dafür geben, dass Peer Steinbrück nicht ernsthaft damit rechnet zu gewinnen, sondern den Wahlkampf nur als großen Ego-Trip nutzt um seinen Nachruhm zu sichern.  
So, nun zu den Prognosen letzten Jahres:

1) Die schwarz-gelbe Regierung wird nicht auseinanderbrechen. Trotz Personalwechsel bleibt die FDP im gefährdeten Bereich um die 5%-Hürde, obgleich diverse Umfragen sie darüber und damit erneut im Bundestag sehen werden. Sigmar Gabriels Herausforderung, 2013 eine Wahl zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb zu machen wird angesichts der Umfragewerte der FDP weiter völlig absurd erscheinen. Schwarz-Gelb ist viel zu sehr am eigenen Schicksal interessiert und zu pragmatisch, um einen Bruch zu wollen, denn vorgezogene Neuwahlen würden beiden mehr schaden als nutzen. 
Genauso eingetroffen.  

2) SPD und CDU werden weiter in staatstragender Haltung Vorbereitungsarbeit für 2013 machen, weil das wahrscheinlichste Ergebnis eine Große Koalition ermöglicht, ganz egal von anderen arithmetischen Spielereien. 
Die SPD hat überraschend viel Opposition gemacht (Stichwort Steuerabkommen mit der Schweiz), aber viel Wert darauf gelegt, keinen ernsthaften Streit mit der CDU anzufangen.
3) Die Piraten werden in den Umfragen verlieren und auf FDP-Niveau zurückfallen. Gleichzeitig werden sie programmatisch, personell und organisatorisch die Grundlage für einen Einzug in den Bundestag als sechste Partei oder Ersatz für die FDP legen. Die personelle und organisatorische Grundlage fehlt noch, der Rest ist eingetroffen. Hier war ich etwas optimistisch.
4) Mitt Romney wird Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Alle anderen Kandidaten werden sich in den Vorwahlen mit irgendetwas desavouiren, und die Schwächen Romneys sind bereits hinreichend bekannt. Er ist schlicht das kleinste mögliche Übel unter den Republiclowns. Exakt so eingetroffen. 
5) Obama wird wiedergewählt. Die Unattraktivität Romneys, seine Wahlkampfkünste und seine bisherigen Leistungen werden den Ausschlag geben. Überraschenderweise war der Wahlerfolg Obamas zu guten Teilen auf dessen überragende Wahlkampforganisation zurückzuführen. Gleiches gilt für einen grundsätzlichen liberalen bias. Die von mir genannten Gründe haben allerdings zumindest eine große Rolle gespielt. 
6) Der "arabische Frühling" wird sich als Luftschloss entpuppen. Noch nicht völlig sicher. In Ägypten sieht die Lage düster aus, aber Tunesien und Libyen sind noch nicht entschieden. 
7) Die EU wird weiter über politische Integration debattieren, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Gut, da gehörte nicht viel dazu. 
8) Der Euro wird nicht kaputt gehen. Stattdessen werden mit Rettungspaketchen, Garantien und Ähnlichem ein wackeliger status quo bewahrt. Auch Griechenland verbleibt im Euro. Dito.  Wobei, wenn ich für jedes apokalyptische Szenario von Wolfgang Münchau nen Euro bekommen hätte...
9) Das Wirtschaftswachstum in Deutschland wird stagnieren, aber wir werden keine Rezession erleben. 
Nicht eingetroffen. Das Wirtschaftswachstum war erstaunlich hoch.
Ich gebe mir 6 von 9 Punkten. 
Nun zu den Leserprophezeiungen, verbunden mit der Einladung, erneut eigene in den Kommentaren zu posten. 
Anonym: Linksrutsch in Frankreich.
Obama wird wiedergewählt, wenn es einen dritten Kandidaten Paul gibt. Oder wenn die Arbeitslosigkeit weiter richtung 8% sinkt.
Merkel wird ihre populistische Europolitik um die Ohren fliegen, auf die eine oder andere Art.
Die SPD wirds weiter ganz schwer haben, sich in der Eurofrage links von der Union zu positionieren.

Eingetroffen. Eingetroffen, aber ohne Ron Paul (war stets ein pipe dream). Nicht eingetroffen. Hat sie erstaunlich gut hinbekommen.
Stephan:
Griechenland wird 2012 aus der Eurozone ausscheiden. Da alle Katastrophen in Europa traditionell im August passieren rechne ich mit einem Austritt spätestens 31.08.2012
Eher nicht passiert. 
Der Herr Karl:
Stefan Sasse wird weiterhin Artikel schreiben.
Gut, das war nicht schwer. 
Ariane:
1) Die FDP wird weiter kaputt gehen. Rösler wird nach der S-H-Wahl abgesägt. Vorsitzender wird Niebel, der auch das Wirtschaftsministerium erhält. Da Schnarri so widerspenstig ist, muss sie sein Ministerium übernehmen. Brüderle wird dann Justizminister und die Vorratsdatenspeicherung wird kommen. Dadurch hält die Koalition weiter durch.
2) In Italien gibt es ne heftige Rezession und Neuwahlen. Dadurch werden die Probleme noch größer und die EZB wird Staatsanleihen kaufen müssen. 
Griechenland wird alle Sparziele verfehlen, aber im Euro bleiben. Es wird noch heftigen Ärger mit der Umschuldung geben, so dass die Banken gezwungen werden müssen und einige mit Staatsgeldern wiederum aufgefangen werden. Die Bankenkrise wird sich nicht lösen und die Notenbanken daher an dieser Stelle weiterhin intervenieren. Frankreich und Österreich verlieren ihr Triple A und Sarkozy die Wahl. Die euroskeptische Stimmung wird zunehmen.
3) Obama wird die Wahl gewinnen. Außerdem wird der Ärger mit dem Iran anhalten, allerdings wird es bei Drohungen, Sanktionen und "Unfällen" bleiben und kein richtiger Krieg werden.
4)Assad stirbt, Syrien versinkt im Bürgerkrieg. Auch im Jemen bleibt es bei bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Chance für mehr Demokratie gibt es in Tunesien und eventuell Libyen. In Ägypten bleibt es so wie jetzt, das Militär ist der eigentliche Herrscher, egal wie die Wahlen ausgehen.
5) In Deutschland gibt es eine leichte Rezession, aber im Gegensatz zu Resteuropa bleiben wir eine Insel der Glückseligkeit.

1) So gar nicht. 2) Ebenfalls so nicht ganz eingetreten, aber nur um Wochenfrist. 3) Iran blieb erstaunlich ruhig, aber sonst zutreffend. 4) Nicht eingetroffen. Bürgerkrieg haben wir zwar, aber noch nicht entschieden. Und in Ägypten scheinen die Muslimbrüder das Militär entmachtet zu haben. 5) Keine Rezession, aber der Vergleich passt.
Keynesianer:
Die Sparpolitik wird in einigen Euroländern wie Griechenland und Spanien zu einer sehr schweren Rezession führen. In Deutschland wird die Armut steigen, aber die Zahl der Arbeitslosen offiziell sinken. Denn wer nach 12 Monaten kein Geld mehr kriegt, meldet sich auch nicht mehr.
Die Reichen werden noch reicher werden und in Frankreich kommt es zwar zur Abwahl von Sarkozy, aber die neue Regierung wird dann auch so etwas wie die Hartz-Gesetze und Rentenkürzungen durchsetzen.
Die Systempresse wird man vor lauter hemmungslosem Kampagnenjournalismus gar nicht mehr lesen können. Die von den in den Medien angestellten Journalisten betriebenen Blogs werden sich den Kampagnen anschließen und keine Rücksichten mehr auf ihre Leser und das Kommentariat nehmen. Wir werden zusehen müssen und es nicht für möglich halten. Es werden nicht viele in Opposition zu den herrschenden Verhältnissen übrig bleiben.
Der Winter wird der Occupy-Bewegung den Rest geben. Das war auch so geplant, denn erfolgreiche Demos beginnen im Frühling und treiben im Sommer die Massen auf die Straßen und Plätze. Wer macht denn sowas in den Winter hinein?
1) Sparpolitik-Einschätzungen korrekt. 2) Frankreich werden wir noch sehen, bislang benehmen sie sich ziemlich links. 3) Medien-Einschätzung würde ich als falsch bezeichnen. 4) Occupy? Was ist das?
Moto:
zu 1) und 2) : d´accord.
zu 3) : 
Daran glaube ich nicht. Solange die Piraten programmatisch weiter im Ungefähren bleiben und keine dummen Fehler machen, werden sie als Sammelbecken der Enttäuschten eher weiter wachsen. Und ihr basisdemokratisches Image läßt sich gegen die ganze Riege der Basta- und TINA-Parteien wunderbar kultivieren. Der kritische Moment kommt erst dann, wenn sie tatsächlich im Bundestag sitzen und sich klar werden müssen, was sie nun eigentlich wollen ...
zu 4) :
Ich spiele hier zum Spaß mal advocatus diaboli und sage voraus, nicht Mitt Romney, sondern Newt Gingrich wird (trotz seines schwachen Starts) Präsidentschaftskandidat. Mitt Romney wäre zwar aus Sicht der Wechselwähler wahrscheinlich die bessere Wahl, er ist aber (behaupte ich mal) für die Tea Party und die religiöse Rechte schon zu links. Newt Gingrich dagegen wäre für diese Klientel wohl "rechts genug" und schon so lange im Geschäft, dass er von den Wechselwählern zumindest nicht als "Monster" oder Tea-Party-Marionette wahrgemommen würde. So gesehen könnte Gingrich und nicht Romney das "kleinste Übel" sein. Mal sehen ...
zu 5) :
Kann sein, aber ausgemacht ist es nicht. Ich glaube nach wie vor, dass die Wahlbeteiligung auf Seiten der Demokraten einen erheblichen Einfluß auf den Ausgang haben wird. Und an der Motivation dieser Wähler habe ich (leider) immer noch meine Zweifel ...
zu 6):
Ich sehe es so wie Ariane, wobei ich allerdings nicht erkennen kann wie Assad zu Tode kommen sollte ...
zu 7) - 9) :
Für 2012 sehe ich es genauso, das dicke Ende kommt erst 2013, wenn die übrigen Eurostaaten die verfassungsrechtlichen "Schuldenbremsen" eingeführt und sich damit der letzten Möglichkeit einer antizyklischen Wirtschaftpolitik begeben haben. Danach werden sich erst die "Sünder" und (wegen der zusammenbrechenden europäischen Exportmärkte) am Ende auch das ach so tugendhafte Deutschland in eine schwere Rezession sparen. Alternativ können wir auch auf die nächste Bankenkrise warten. Irgendwann werden die Euro- "Rettungsschirme" dann nicht mehr zu bezahlen sein (es sei denn, die EZB druckt Geld, aber das ist bekanntermaßen ja eine Todsünde...). China, Brasilien und Indien werden uns in keinem dieser Szenarien retten ...
3) Nicht passiert. 4) Du hast zwar Recht, dass Mitt denen nicht rechts genug war, aber für Newt reichte es dann glücklicherweise doch nicht. 5) Obama so was von sicher wiedergewählt. 6) Recht hast du, der Mann lebt noch. 7-9) Steht alles noch aus, aber die Aussicht bleibt ähnlich. 
Anonym:
Die Schmerzen werden schlimmer. Es geht weiter mit Entrechtung, Enteignung, Demokratieabbau und Überwachung. Der ESM wird kommen. Die Amis werden einen Krieg gegen den Iran anzetteln, damit man die Angst der Bevölkerung zu diesen Maßnahmen nutzen kann. Es wird die ersten Demos in Deutschland gegen diese Ausbeutung geben. Es wird sich kein Politiker gegen den Krieg stellen (Ausser ein paar Linken). Die "gefühlte" und damit echte Inflation wird die 10% Marke erreichen. 
Würde mal sagen, das war eher nix ^^