Am Montag berichteten hessische Radioanstalten von der Verleihung des Spar-Euro 2012. Ausgezeichnet würden Kommunen, "die in einem besonderen Maß verantwortungsvoll und sparsam mit öffentlichen Geldern umgehen". Und weil Sparsamkeit letztlich bedeutet, das zu Erledigende zunächst mal nicht erledigt zu bekommen, bedarf es natürlich vieler günstiger oder gar kostenloser Hände. Deshalb will der Spar-Euro "zugleich zu gemeinnützigen Handeln und zu bürgerschaftlichen Engagement für das Gemeinwohl" ermutigen. Ein zugegeben schön klingender Euphemismus dafür, den Rückzug der öffentlichen Hand zugunsten kostengünstiger Freizeitarbeitskraft zu verbrämen.
Made in Hessia
Initiatoren des Preises sind der Hessische Städte- und Gemeindebund und der Bund der Steuerzahler Hessen. Letzterer ist nicht, wie von der Öffentlichkeit irrtümlich oft angenommen, eine staatliche Kontrollinstanz, sondern eine Interessensvertretung, deren Bundeszentrale auf Platz 222 der Lobbyliste (Stand: Mai 2012) geführt wird. Dieser Bund der Steuerzahler macht sich gerne zum Sprachrohr braver Bürger, die pünktlich ihre Steuern bezahlen. In deren Namen deklariert er dann Steuergeldverschwendung - dabei ist für ihn der Bau einer unnötigen Brücke oder die geleisteten Transferzahlungen an Rentner und Arbeitslose gleichermaßen Verschwendung. Die Steuern seien in Deutschland nur deshalb so hoch, weil es diese vielen verschiedenen Verschwendungsformen gibt.
So, aus Hayekschem Geist, wuchs, von Friedman geschweißt, eine Denkschule heran, die üblicherweise als Neoliberalismus gerufen wird und die heute als alternativloses Mantra gilt. In Deutschland ist Hessen eines der Länder, die eine neoliberale Vorreiterrolle eingenommen haben; unter der Regierung Koch erblühten neoliberale Gesetze und Regelungen, die nun unter seinem Diadochen weitergepflegt werden. Das Schulwesen zum Beispiel, das ist von neoliberalen Gedanken durchsetzt wie kaum wo - Wettbewerb, gezielte Unterbesetzung und absichtlich vom Land klamm gehaltene Kassen; dazu die Zusammenlegung von Hauptschülern und Realschülern; nicht von Hauptschule und Realschule, sondern von den Schülern, die in einer Klasse von einem Klassenlehrer mit zwei unterschiedlichen Lehrplänen synchron unterrichtet werden, was natürlich innerhalb des Klassenverbandes eine Art sozialer Hierarchie entstehen läßt und die Schüler geradezu zu klassizistischen Auswüchsen anhält.
Dies nur als Beispiel. Es gibt so vieles mehr. Und die hessischen Medienanstalten bringen den vom Bundesland verordneten Neoliberalismus ins Leben der Menschen - so berichteten sie etwa vom Spar-Euro. Dass es den ausgerechnet in Hessen gibt, ist so gesehen kein Zufall.
Missstände werden belobigt, nicht beseitigt
Dass man diesem doch eigentlich so unscheinbaren, so uninteressanten Preis medial doch Beachtung schenkt, zeigt nur, wie sehr hier Aktionen, die dem neoliberalen Weltbild zupass kommen, inszeniert werden. Dieses Jahr lobte man eine Kommune, die das Schulangebot von Eltern abdecken und das Freibad mit ehrenamtlichen Engagement führen ließ. Was also bezahlte Arbeit beseitigt und aufgegeben hat und das Ehrenamt förderte, ist dem Bund der Steuerzahler eine Auszeichnung wert. Gedanken darüber, wie man Einrichtungen sinnvoll finanzieren, wie man finanzschwachen Kommunen ein Auskommen sichern kann, spielen für ihn überhaupt keine Rolle. Es scheint die Alternative höherer Besteuerung durch Land oder Bund und einer sich daraus erzielenden Umverteilung auf strukturschwachen Kommunen gar nicht zu geben, denn im Neoliberalismus ist Sparsamkeit die einzige Alternative - alles andere ist undenkbar und wird für undurchführbar erklärt.
Ähnlich ist es, wenn man im hessischen Radio lautstark drei Kommunen lobt, die man nun auszeichnete, weil sie sich einen Bagger teilten, statt drei Bagger gekauft zu haben. Das ist sicher sinnvoll und mag für kleine Kommunen die einzige Lösung sein - nur wer denkt aber auch mal daran, dass mehr Investitionen, mehr Aufträge an Betriebe, mehr benötigte Arbeitskraft der Gesellschaft mehr geben könnten, als knausern und knapsen?
Dass es Kommunen gibt, die sparsam mit ihrem Geld umgehen müssen, steht außer Frage - sie gehören aber nicht dafür belohnt, dass sie aus ihrer Not eine Tugend machten, ihnen gehört vielmehr geholfen. Der Neoliberalismus glaubt aber nicht an Hilfe, sondern nur daran, dass man demjenigen, der sich mit seiner Not und mit Missständen arrangiert, loben sollte. Und mit Auszeichnungen wie dem Spar-Euro, den man Relevanz schenkt, indem man ihn öffentlich platziert und ihm somit ein Forum schenkt, verfestigt man diese Denkweise in den Köpfen der Menschen.
Frage zum Schluss: Wem gebührt eigentlich der Spar-Euro? Denen, die Sozialleistungen trotz Anspruch nicht beantragen oder denen, die jahrelang darauf hinwirkten, Sozialleistungen für moralisch so fadenscheinig zu erklären, dass sie Menschen gar nicht mehr in Anspruch nehmen wollen?
Made in Hessia
Initiatoren des Preises sind der Hessische Städte- und Gemeindebund und der Bund der Steuerzahler Hessen. Letzterer ist nicht, wie von der Öffentlichkeit irrtümlich oft angenommen, eine staatliche Kontrollinstanz, sondern eine Interessensvertretung, deren Bundeszentrale auf Platz 222 der Lobbyliste (Stand: Mai 2012) geführt wird. Dieser Bund der Steuerzahler macht sich gerne zum Sprachrohr braver Bürger, die pünktlich ihre Steuern bezahlen. In deren Namen deklariert er dann Steuergeldverschwendung - dabei ist für ihn der Bau einer unnötigen Brücke oder die geleisteten Transferzahlungen an Rentner und Arbeitslose gleichermaßen Verschwendung. Die Steuern seien in Deutschland nur deshalb so hoch, weil es diese vielen verschiedenen Verschwendungsformen gibt.
So, aus Hayekschem Geist, wuchs, von Friedman geschweißt, eine Denkschule heran, die üblicherweise als Neoliberalismus gerufen wird und die heute als alternativloses Mantra gilt. In Deutschland ist Hessen eines der Länder, die eine neoliberale Vorreiterrolle eingenommen haben; unter der Regierung Koch erblühten neoliberale Gesetze und Regelungen, die nun unter seinem Diadochen weitergepflegt werden. Das Schulwesen zum Beispiel, das ist von neoliberalen Gedanken durchsetzt wie kaum wo - Wettbewerb, gezielte Unterbesetzung und absichtlich vom Land klamm gehaltene Kassen; dazu die Zusammenlegung von Hauptschülern und Realschülern; nicht von Hauptschule und Realschule, sondern von den Schülern, die in einer Klasse von einem Klassenlehrer mit zwei unterschiedlichen Lehrplänen synchron unterrichtet werden, was natürlich innerhalb des Klassenverbandes eine Art sozialer Hierarchie entstehen läßt und die Schüler geradezu zu klassizistischen Auswüchsen anhält.
Dies nur als Beispiel. Es gibt so vieles mehr. Und die hessischen Medienanstalten bringen den vom Bundesland verordneten Neoliberalismus ins Leben der Menschen - so berichteten sie etwa vom Spar-Euro. Dass es den ausgerechnet in Hessen gibt, ist so gesehen kein Zufall.
Missstände werden belobigt, nicht beseitigt
Dass man diesem doch eigentlich so unscheinbaren, so uninteressanten Preis medial doch Beachtung schenkt, zeigt nur, wie sehr hier Aktionen, die dem neoliberalen Weltbild zupass kommen, inszeniert werden. Dieses Jahr lobte man eine Kommune, die das Schulangebot von Eltern abdecken und das Freibad mit ehrenamtlichen Engagement führen ließ. Was also bezahlte Arbeit beseitigt und aufgegeben hat und das Ehrenamt förderte, ist dem Bund der Steuerzahler eine Auszeichnung wert. Gedanken darüber, wie man Einrichtungen sinnvoll finanzieren, wie man finanzschwachen Kommunen ein Auskommen sichern kann, spielen für ihn überhaupt keine Rolle. Es scheint die Alternative höherer Besteuerung durch Land oder Bund und einer sich daraus erzielenden Umverteilung auf strukturschwachen Kommunen gar nicht zu geben, denn im Neoliberalismus ist Sparsamkeit die einzige Alternative - alles andere ist undenkbar und wird für undurchführbar erklärt.
Ähnlich ist es, wenn man im hessischen Radio lautstark drei Kommunen lobt, die man nun auszeichnete, weil sie sich einen Bagger teilten, statt drei Bagger gekauft zu haben. Das ist sicher sinnvoll und mag für kleine Kommunen die einzige Lösung sein - nur wer denkt aber auch mal daran, dass mehr Investitionen, mehr Aufträge an Betriebe, mehr benötigte Arbeitskraft der Gesellschaft mehr geben könnten, als knausern und knapsen?
Dass es Kommunen gibt, die sparsam mit ihrem Geld umgehen müssen, steht außer Frage - sie gehören aber nicht dafür belohnt, dass sie aus ihrer Not eine Tugend machten, ihnen gehört vielmehr geholfen. Der Neoliberalismus glaubt aber nicht an Hilfe, sondern nur daran, dass man demjenigen, der sich mit seiner Not und mit Missständen arrangiert, loben sollte. Und mit Auszeichnungen wie dem Spar-Euro, den man Relevanz schenkt, indem man ihn öffentlich platziert und ihm somit ein Forum schenkt, verfestigt man diese Denkweise in den Köpfen der Menschen.
Frage zum Schluss: Wem gebührt eigentlich der Spar-Euro? Denen, die Sozialleistungen trotz Anspruch nicht beantragen oder denen, die jahrelang darauf hinwirkten, Sozialleistungen für moralisch so fadenscheinig zu erklären, dass sie Menschen gar nicht mehr in Anspruch nehmen wollen?