So kam es in der Taverne Zum schunkelnden Ork (meine damalige News-Site) um den Wirt Bruno Butterfass immer wieder zu turbulenten Szenen.
Schöne Zeiten waren das, da ich noch Zeit für solche kleinen Erzählungen hatte. Sie hauchten Phantasaria mehr Leben ein. Zum Anlass der Eröffnung meines Online-Shops möchte ich diese Tradition noch einmal aufleben lassen. Begeben wir uns also ins Reich Phantasaria, wo sich dereinst Folgendes zugetragen hat:
Am Vormittag eines sonnigen Tages erreichte der Einsame Poet die Hafenstadt Gallator, die bekannt war, für Ihre unzähligen großen Märkte. Schiffe kamen von fern und nah um die mitgebrachten Waren feil zu bieten. Es gab keine Stadt im Reich in der so viele spezialisierte Händler und Krämer ihr Glück versuchten und Gold suchten.
Ein ganz besonderer Markt lag gleich neben dem östlichen Stadttor, im ganzen Kaiserreich bekannt als der Sirenenmarkt. Ein spezialisierter Umschlagplatz für Gemälde aller Art. Der Markt war gigantisch.
Dem Poeten (der nun seine Poesie in Bilder bannte) wurde schwindlig zumute, als der die vielen Holz- und Strohbuden sah, über die unzählige Tauben und Möven hinweg flogen.
Zur Schau gestellt wurden Bilder über Bilder! Eins prächtiger als das Andere! Es mussten Millionen sein. Zumindest kam es unseren Poeten so vor. Über die Kopfsteine der Budenalleen trippelten schon um diese Zeit bunte Menschentrauben aus allen Ländern. Kunstliebhaber und Spekulanten mischten sich zwischen einfache Familien die ihre Heime schmücken wollten. Hier kämpfte sich eine Wanderbude auf Rädern mit dampfenden Kesseln gefüllt mit Specklinsen oder Grünkohl-Eintopf durch die Menge, dort boten sich sogenannte Träger an, für Käufer Bilder zu schleppen.Ein Junge verkaufte saure Limonade, wobei er immer wieder von den Künstlern verscheucht wurde, da er mit dem Gesöff die Bilder ruinieren könnte. Ein kleines Mädchen in grauen Lumpen hockte an einem stillen Platz zwischen zwei Buden und bemalte das Kopfsteinpflaster mit Kreidestiften.
Das Herz des Poeten pochte vor Freude und Aufregung. Er transportierte nur wenige Bilder auf seinem Holzkarren. Doch waren es seine Schönsten. Nicht alle Stände waren belegt. Also suchte er sich einen leeren Stand, den die Tauben weder als Nistplatz noch als Toilette ausgewählt hatten, und drapierte ihn mit seinen Werken.
Von überall her riefen die Maler und schrieen Händler aus vollem Halse und lobten ihre Kunstwerke aufs Höchste.
„FRISCHE BILDER! GAAANZ, GAAAAAAAANZ FRISCHE BILDER!“ schrie ein barfüßiger, fettleibiger Künstler mit schwarzer, äermelloser Weste.
Dem Poet dröhnten die Ohren. Er räusperte sich und stimmte einen Reim:
„Wollt ihr liebe Leute Bilder fein, seht euch meine an, ich lad’ euch ein“, fispelte er mit dünnen Stimmchen. „Drum kommt, ihr lieben Kenner von nah und ...“„GAAAAAAANZ, GANZ FRISCH! DIE BESTEN BILDER!“
„FRISCH??“ schalt nun ein weiterer Standbesitzer, groß, muskulös und blonde Haare. Ein wahrer Siegfried, dem man den Umgang mit
dem Schwert mehr zugetraut hätte, als den Pinsel fein zu schwingen. „Die sind doch nicht frisch! Die stinken ja schon bis zum Fischmarkt am Hafen!“Der Poet versuchte es noch einmal:“Feiner Pinsel, zarter Strich, ich male auch Vergissmeinnicht!“
Niemand hörte es, denn in der Zwischenzeit hatte der Kopf des fetten Händlers die Farbe eines gekochten Hummers angenommen. Man merkte sofort: Dies war kein Mensch, der
die Ausgeglichenheit zelebrierte. „Meine Bilder stinken?“„Und ob die stinken!“ entgegnete Siegfried. „Sieh dir die Leute hier an! Die sind schon grün!“
„Dir werd’ ich zeigen, ob meine Bilder stinken!“ Darauf hin nahm der Händler eins seiner frischesten Kunstwerke. „Schnuppre mal!“ Und schwupp! Zog er es Siegfried
über den Kopf. Die Leinwand zerriss, nun diente es den Hünen als Halsschmuck.„Sehr schön“, meinte der nur zitternd vor Wut. Auch er suchte sich ein hübsches Bild - es schien besonders schwer, denn es zeigte einen Amboss - und donnerte es
auf die nackten Füße des fetten Händlers.Von da an ging es rund. Die beiden stürzten aufeinander zu. Fäuste flogen, ebenso alle Werke der beiden, die das Pech hatten in Reichweite zu sein.
Der Poet vernahm Schimpfen und Fluchen, das Reißen der Bilder und Splittern der Rahmen. Ihre Marktbuden, die ebenfalls nur aus Brettern bestanden, gaben ein Ächzen von sich und fielen zusammen. Der Kampf dauerte nur ein paar Minuten, aber danach war kein Bild der beiden mehr heil, ihre Buden völlig zerstört und die zwei selbst verschüttet und K.O. unter zerfetzten Leinwänden begraben.Der Poet seufzte. Auch er bemerkte dieses gewisse Odeur, das den Streit verursacht hatte.
Allerdings vermutete der Poet, den Ursprung wo anders. Ihm fielen ein paar verdächtige Fische auf, die ein altes Mütterlein im Korb bei sich trug, während sie am Stand gegenüber ein paar Kunstwerke betrachtete. Unser Poet zuckte mit den Schultern. Er musste sich nun um seinen Stand kümmern. Hatte der Streit doch viele Schaulustige angelockt. Nun aber lagen die beiden ausgezählt herum, und das Interesse der Menge verlagerte sich auf die Gemälde des Poeten. So kam es, dass der einsame Poet an seinem ersten Tag in Gallator besonders viele Bilder verkaufte.