von Siegfried R. Krebs
WEIMAR. (fgw) Krimis können vieles sein. Billige Konfektionsware, seicht also, und nur auf äußere Spannungseffekte angelegt. Oder aber gesellschaftskritisch, unter die Oberfläche gehend. So wie Walter Laufenbergs “Sarkophag”.
In dieser Malteser Verschwörung um ein Geheimnis der Christenheit geht es nicht bloß gesellschaftskristisch, sondern vor allem kirchenkritisch zu: Weilte der “Heilige Paulus” überhaupt auf der Mittelmeer-Insel Malta, wie es die dortigen Dominikaner behaupten und die sich mit diesem Mythos scheinbar ewig sprudelnde Geldquellen frommer Pilger oder einfach nur neugieriger Touristen glauben gesichert zu haben… Oder erlitt der Apostel stattdessen Schiffbruch vor der Adria-Insel Mljet, wie es die italienischen Benediktiner behaupten… Aber auch diesem Mönchsorden geht es nicht um die historische Wahrheit, sondern ebenfalls nur um das Geld anderer Leute… Eine Antwort auf diese Kernfrage gibt Walter Laufenbergs Thriller “Sarkophag” verständlicherweise nicht.
Manches in diesem gut erzählten Krimi dürfte in den Ohren bigotter Bayern-Christen fast an Blasphemie grenzen. Doch gerade auch diese schonungslose Offenheit in Sachen christlicher Mythen und Reliquien macht das Buch besonders lesenswert.
Der Leser begegnet auf seiner Reise durch das Geschehen einem Figuren-Ensemble, das es in sich hat: Edward. ein maltesischer Englischlehrer und seine Schülerin Iris, eine attraktive Jungkriminalistin aus Köln haben en sich ausgerechnet eine Kirche als Liebesnest ausgesucht. Beim Tändeln lösen sie einen verborgenen Mechanismus aus und ein Sarkophag saust in die Tiefe, mit ihm auch Iris. Unten liegt ein nackter Mann mit durchtrennter Kehle… Der Mörder, ein Riese in Mönchskutte ist auch noch am Tatort. Dem Liebespaar gelingt es zwar zu entkommen, doch auf ihrer abenteuerlichen Flucht geraten sie zwischen alle Fronten.
Der geheimnisvolle Mönch, ein Malteser Dominikaner, pflastert seinen weiteren Weg noch mit anderen Morden und Mordversuchen. Und er erlaubt sich sexuelle Eskapaden mit einer nymphomanen italienischen EU-Beamtin, die letztlich auch nur wegen der Paulus-Vermarktung auf Malta weilt… Und dann wären da noch ein heimischer dubioser Historiker, ein frustierter sozialdemokratischer Polizeichef unter christdemokratischer Regierung, ein deutscher Regierungsberater von der Konrad-Adenauer-Stiftung, ein geiler Hausmeister, diverses Personal von Sprachschulen und Kleriker aller Couleur…
Bis zuletzt bleibt dieser Krimi spannend. Geheimnisse und Geheimtüren werden gelüftet, aber sie werfen sofort wieder neue Fragen auf… Wie es mit dem “Paulus”-Mythos weiter geht oder welches Ende der mordlüsterne Mönch und das kriminalisierende Liebespärchen nehmen, das soll der Leser sich selbst erlesen…
Walter Laufenberg: “Sarkophag”. Kriminalroman. Bookspot Verlag. München 2008. geb. 360 S. ISBN 978-3-937357-29-4. 16,80 Euro
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]