Der Otto Leege Pfad

Von Daniela Klütsch @landlinien

Otto Karl Georg Leege (1862 – 1952) war ein deutscher Naturwissenschaftler und Pädagoge und gilt als Vater der ostfriesischen Vogelschutzinsel Memmert, die südlich von Juist gelegen ist. 1882 übernahm Leege eine Lehrerstelle auf Juist und konnte sich sehr schnell für die einzigartige Natur der ostfriesischen Inseln begeistern. Als er 1888 die Insel Memmert, die ursprünglich nur eine Sandbank im Wattenmeer war, zum ersten Mal betrat, wurden zu dieser Zeit regelrechte Vogeljagden und Nestplünderungen unternommen, so dass die Vogelwelt der Insel beinahe vollständig dezimiert wurde. Der deutsche Verein zum Schutze der Vogelwelt erklärte Memmert 1907 zur Vogelkolonie und ernannte Otto Leege 1907 zum Bevollmächtigten. Die Sandbank wurde unter anderem durch Betonbauten und Dünenbepflanzungen befestigt und ein Vogelwart wurde auf der Insel stationiert, so dass sich das ornithologische Leben auf der Insel schnell erholen konnte. Seit 1924 ist Memmert staatliches Naturschutzgebiet und darf nur noch mit schriftlicher Genehmigung der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven betreten werden.

Ein Pfad, der die Natur erlebbar macht

Der Otto-Leege-Pfad ist ein künstlerisch gestalteter ökologischer Lehrpfad, der vom Otto-Leege-Institut in Kooperation mit der Gemeinde Juist und der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer unter der Leitung des Bildhauers und damaligen Institutsvorsitzenden Bernd F.K. Bunk realisiert wurde, der auch der Ideengeber des Projektes war. An insgesamt 12 Stationen wird dem Besucher mit verschiedenen Installationen auf sehr künstlerische und teilweise auch spielerische Weise das sensible Ökosystem der Insel erklärt.

Die Verwirklichung des Pfades gestaltete sich von der Planung bis zur Umsetzung als sehr schwierig für die Projektträger, da es viele Hürden zu umschiffen gab. Erstaunlicherweise stand ein Großteil der Insulaner selbst dem Projekt von Anfang an skeptisch gegenüber. Dennoch ist es aufgrund des unermüdlichen Einsatzes vieler freiwilliger Helfer und Mitglieder des Otto-Leege-Institutes und dessen Vorsitzenden Bunk gelungen, dieses Projekt zu einem guten Ende zu führen. Annegret Coordes, bis Ende 2016 Inhaberin des BIO HOTELS Haus AnNatur, konnte viele Juister Gewerbetreibende in einer prekären finanziellen Situation davon überzeugen, die an den einzelnen Stationen erforderlichen Informationstafeln zu sponsern, so dass das Projekt auch deshalb nicht zum Scheitern verurteilt war. Der Otto-Leege-Pfad ist heute ein Aushängeschild der Insel Juist, dessen nachhaltige Umsetzung sich weltweit sehen lassen kann.


Den Eingang des Pfades bildet eine einladende Holztreppe an der Flugplatzstraße, an deren Setzstufen die fünf Juister Elemente angeschlagen sind: Sand, Wasser, Salz, Luft und Licht. Die Treppe führt hinauf zu einer Aussichtsplattform, von der aus dann ein gut 100 Meter langer, auf Stelzen gebauter, Holzbohlenpfad über die Dünen führt. Dieser wurde speziell so gebaut, dass die darunterliegende Natur nicht beeinträchtigt wird, und er auch rückstandslos wieder abgebaut werden könnte wenn nötig.

Ein wichtiges Resort für viele Vogelarten

Gleich zu Beginn des Pfades fällt das Bodenrelief auf, dass in den Boden der Aussichtsplattform eingearbeitet wurde, und welches die Bedeutung des Wattenmeeres für den Vogelzug darstellt. Auf einer stilisieren Landkarte sind mit Metallnieten die Flugrouten der einzelnen Vogelarten eingezeichnet. Unterwegs sind immer wieder Infotafeln angeschlagen, die die verschiedenen Vogelarten und die einzigartige Biodiversität der Insel erklären. Außerdem sind an dem Bohlenweg sieben verschiedene Holzreliefs angebracht, die die Veränderung der Insel über die Jahrhunderte seit 1650 beschreibt. Durch Witterung, Strömung und Erosion verändert Juist, wie die anderen ostfriesischen Inseln auch, über lange Zeit seine Form.

Der Bohlenweg endet barrierefrei, so dass auch Rollstuhlfahrer von dieser Seite aus bis zum Beginn des Pfades gelangen können. Von hier aus führt der Weg weiter zum 6,50 Meter hohen und ebenso breiten Otto-Leege-Tor, das einem Entwurf Bunks entstammt. Es wurde in traditioneller Zimmermannsarbeit aus bogenförmig gewachsenen Douglasien gefertigt, die genau passend nach langer Suche im Halter Wald bei Oldenburg gefunden werden konnten. Die Konstruktion und passgenaue Montage ohne rechte Winkel stellte die Zimmerleute Carsten Brüning und Thorsten Himmelmann vor eine große Herausforderung, die diese mit einem einmaligen Meisterstück an Handwerkskunst beantworteten.


Ein paar Schritte weiter direkt am Goldfischteich gelegen steht die kleine Schutzhütte, in der Infotafeln angebracht sind, die zu Otto Leege und dessen Wirken Auskunft geben. Von hier aus schlendert man dann am besten weiter den verwunschenen Weg am Goldfischteich entlang. Aufmerksamen Augen entgehen dabei nicht die kleinen Malereien, die manche Astlöcher zieren.

Die 12 Stationen des äußeren Weges

Neben der knorrig geformten Schwengelpumpe und dem Regenstandsmesser sind für mich als Musiker die Windharfe und die Wasserklangschale die beeindruckendsten der insgesamt 12 Stationen auf dem Otto-Leege-Pfad. Die Windharfe wurde aus einem massiven Eichenstamm herausgearbeitet und nutzt Maurerschnur als Saiten. Richtet man die Konstruktion nach dem Wind aus, werden die Saiten in Schwingung versetzt, was einen breiten und flächenartigen Klang erzeugt.

Die Wasserklangschale besteht aus Bronze und ist mit Wasser gefüllt. An den Seiten befinden sich zwei Messinggriffe, über die man mit angefeuchteten Händen reiben kann, um das Kunstwerk in Schwingung zu versetzen. Macht man es richtig, erklingt ein didgeridoo-artiger Klang, und das Wasser beginnt in der Schale zu tanzen. Ein sowohl akustisches als auch optisches Erlebnis.