An einem Kriegseinsatz in Libyen werden keine Bundeswehrsoldaten beteiligt, erklärte der Außenminister, nachdem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossen hat, "alle notwendigen Maßnahmen" zum Schutz der libyschen Bevölkerung zu ergreifen. Ein Beschluss, bei dem sich Deutschland überdies enthalten hat - wie China und Russland -, womit die fehlende Bereitschaft, einen militärischen Einsatz mitzutragen, letztlich nur konsequent ist.
Der Entschluss, kein militärisches Personal zu schicken, so edel oder gar pazifistisch er wirken mag, offenbart die Janusköpfigkeit der Außenpolitik, wie sie die Berliner Republik betreibt. Denn während in Nordafrika keine deutsche Militärhilfe absolviert wird, stehen im Mittleren Osten deutsche Einheiten, um dort geostrategisch bei der "Installierung von Menschenrechten" Pate zu stehen. Dort jedoch, wo tatsächlich, wenn schon nicht demokratischen, so doch wenigstens demokratischeren Tendenzen zum Durchbruch verholfen werden soll, dies alles gegen einen in Lametta gehüllten Diktator wie aus dem Bilderbuch, dort hält man sich vornehm, seiner Stimme eine nasale Färbung gebend, in pazifistischer Eitelkeit zurück.
In Libyen nicht aktiv zu werden, es zeichnet nicht die friedliebende Gesittung der Berliner Republik ab - auch wenn man das im ersten Augenblick kühn vermuten möchte. Es zeigt auf, in welchen Fällen man gewillt ist, militärischen Einsätzen den letzten Schliff zu geben. Die Bundeswehr ist für die Mächtigen dieser Republik kein Instrument der Demokratie- und Friedens- und Menschenrechtsbildung, wie man das von offizieller Seite so oft vernimmt; sie ist Instrumentarium wirtschaftlicher Interessen - was nie Geheimnis war, im Angesicht von Westerwelles "Wir machen nicht mit!" aber selten offener zutage trat. Immerhin bringt da ein Despot Zivilisten, Bürger seines Landes, in Massen um - wann, wenn nicht jetzt, wäre der "Bürger in Uniform" notwendig, um Bürger ohne Uniform vor mörderischen Machtgelüsten zu bewahren? Man muß wahrlich kein Freund kriegerischer Auseinandersetzungen sein, um Position zu beziehen; Rhetorik von linken Wangen, die man hinhalten sollte, wenn es auf der rechten Wange Gewalteinwirkung gab, hat in so einem Fall gleichwohl nichts zu suchen. Wann, wenn nicht jetzt? Die Wahrung von Menschenrechten - das wäre doch ein Motiv! Wenn es aber nach solchen Motiven riecht, ist mit denen, die die Demokratisierung und Stärkung der Menschenrechte in Afghanistan als Leitgedanken des dortigen Auslandseinsatzes hervorheben, kein Geschäft zu machen.
Geschäfte haben sie ja vormals mit dem gemacht, gegen den jetzt interveniert wird. Sicher, sie finden es schrecklich dumm von Gaddafi, dass er jetzt wie ein Irrer reagiert - "Zurücktreten!" empfiehlt man dann schnell. Man hat in der Berliner Republik schließlich gute Erfahrungen damit gemacht. Man hat gelernt, dass ein Rücktritt Balsam auf den Seelen verärgerter Bürger sein kann - und zuweilen vergibt der Bürger, das heißt, er vergisst oder wird von den Leitmedien vergesslich gemacht, und dann kann man mit etwas Glück zurückkehren mit Pauken und Trompeten. Im Zweifelsfall knüpft man fast transparente Fäden an die Glieder eines Strohmannes und wird eben Marionettenspieler.
Wäre man damals mit den Taliban so emsig im Geschäft gewesen, man wäre heute in Berlin größter Anhänger der Friedfertigkeit. Im Laufe der Jahre wären allerlei ins Amt ernannte Verteidigungs- oder Außenminister vor die Presse gegangen, hätten erklärt, dass deutsche Soldaten nicht für Angelegenheiten über den Globus geschickt würden, die uns wenig angingen - sie hätten natürlich lauthals verschwiegen: Wir haben Verträge, Handschläge, gute Beziehungen, was brauchen wir da schießendes Militär? Das Pech der Taliban war, dass sie zu selten deutsche Kanzler oder Minister einluden. Gaddafi war da gastfreundlicher!
Kurzum, natürlich ist man in Berlin pazifistisch gesinnt - wenn die Handelsbeziehung intakt sind! Wo nicht, da schafft man Demokratie, indem man Salven abfeuert... und wo "basisdemokratische" Tendenzen am Thron eines Diktators rütteln, der aber im Verlauf von Jahren zum guten Freund wurde, da fehlt es dann an Einsatzbereitschaft und man verliest oberpazifistische Predigten. Der nun zur Schau gestellte Pazifismus der Bundesregierung, er unterstreicht nur die Großmannssucht Berlins...