Der NEOS Wähler

Der NEOS Wähler

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GTL | 13.8.2013 | Kommentare (0)

 

Der NEOS Wähler

Ich treffe meinen heutigen Gesprächspartner auf der „NEOS Pink Vibrations Tour“. Er ist aufgekratzt und sprudelt ungefragt hervor:

“ Natürlich ist jeder Weg zur Wahlurne bereits politisches Engagement, aber das war mir einfach immer zu wenig. Politisch habe ich schon viel gesehen. Unter Steger habe ich FPÖ gewählt, dann bin ich mit der Heide Schmidt ins Liberale Forum (LiF) gegangen, eine starke Frau!
2002 habe ich mich bei der Initiative „schwarzgrün.org“ engagiert, jedoch ist da bekanntlich nichts daraus geworden, weil die Linken von „Den Grünen“ gegen den VdB geputscht haben.
Als die SPÖ das LiF dann 2006 in ein Wahlbündnis gelockt hat, war ich kurzzeitig politisch etwas heimatlos. Bei der Europawahl war ich dann für die JuLis, oder hießen die noch LSF, ich weiß nimmer so genau? So gesehen war ich schon immer politisch aktiv, aber etwas distanziert, weil mich dieser Apparat der Alt-Parteien“, schnell korrigiert er sich, „der etablierten Parteien, mit ihrer Ochsentour und ihren endlosen Programmdebatten nur abstößt!
Dabei liebe ich Politik. Wir müssen den alteingesessenen Parteien“,
endlich hat er das richtige Idiom gefunden,
“die Macht stutzen. Es hat mich immer schon fasziniert, wie wir Menschen miteinander tun (Sic!!).
Probieren gibt’s nicht, entweder ich mach was oder ich mach was nicht, nur jetzt reicht’s mir einfach.“

Einfach ist überhaupt ein Vokabel, das er überzufällig häufig benutzt und dabei sein „Kauf-mich-Lächeln“ strapaziert.

An dieser Stelle des Gespräches fällt mir auf, dass ich bei meiner Suche nach einem Wähler erstmals auch gleich an einen Parteiaktivisten geraten bin. Kunststück, die NEOS sind zwar nicht Ideologisch aber vom Loge her das „new kid on the block“, wie er es nennen würde.
Mein Gegenüber lässt mir aber kaum Zeit zum Nachdenken, so rasch prasselt es auf mich ein:

„Ich möchte auch zu meinen 4 Kindern einmal sagen können, dass ich was getan habe. Wir können nicht mehr wegschauen, es ist Zeit für Veränderungen! Heute früh bin ich noch mit den Kids Rollerskaten und Fahrradfahren gewesen. Den Jüngsten hat es mit dem neue Laufrad zwar hing’haut, aber das sind alles Erfahrungen, durch die man stärker wird. Die Sonne hat g’scheint, wir haben uns g’freut, diesen Aufbruch, diese positive Stimmung will ich auch in die österreichische Politik bringen. Es ist eine Tragödie, zu Österreich fällt einem nur mehr Bildungsstillstand, Korruption und Schulden ein.

Meine Vision ist, dass wir jedem Kind in Österreich die Flügel heben.“

Ich bin etwas überrascht über dieses Bild und kämpfe mit Assoziationen wie dem ‚Flug des Ikarus’, versuche aber seinem Sprudlsprech weiter zu folgen.

„Staat und Politiker sind immer korrupt, deshalb wollen wir einen schlanken Staat und Breitbandinternet für starke soziale Netze!“
Deshalb twittert er wie besessen jeden nieder, der was Negatives zu den Hashtags der NEOS von sich gibt.

“Den Staat hat nicht zu interessieren, wer, wie, mit wem … und wann er sein Geschäft aufsperrt.
Dem Bürger soll mehr „Netto vom Brutto“ bleiben und die „Staatsschulden müssen abgebaut werden“.
“Das Heer von Beamten muss reduziert“ werden und „der Staat muss auf seine Überwachungsfunktion beschränkt“ werden, damit sich „die Schuldenkrise (natürlich sagt er nicht Bankenkrise; Anmerkung) von 2008 nicht mehr wiederholen“ kann.

Auf meine Frage, wie denn dieser Staat mit weniger Geld und weniger Beamten mehr Kontrollfunktion übernehmen soll, kommt irgendwas von Effizienzsteigerung, Doppelläufigkeiten eliminieren, Sparsamkeit, ….. und ich kritzle „more of the same“ in meinen Notizblock als er mir seinen beruflichen Werdegang umreißt:

“Bergbauernbub, ein paar Studien probiert, Master an der Uni Krems, Ehemann, Vater, geschieden, jetzt Patchwork („funktioniert prächtig, weil wir uns
(Merke: er sagt nicht ‚einander’, aber egal)
alle voll respektieren“),
Unternehmer, zwischenzeitlich Organisator von Verkaufsfahrten für Senioren, Psychotherapieausbildung, PR-Berater, ein paar Bücher geschrieben, Projektmanager, kurz einmal für die Grünen kandidiert und deren Wahlkampf mit seiner PR-Agentur beraten, was medial aber nicht so gut ankam.“

Er steht für „Freiheit statt Schulden“, „Politik mit Freude und Zuversicht“ und „Lebensglück für alle, die dafür etwas tun, statt in der sozialen Hängematte zu dösen“.

„Das Negative in diesem Land kotzt mich einfach an, unsere Kinder brauchen eine sichere Zukunft und wir sichere Pensionen!“

Er glaubt, dass mit ihm „das wirkliche Leben“ in den Nationalrat einzöge und die NEOS jeder Regierung ihren Stempel aufdrücken könnten, „weil wir positiv denken“.

Auf meine Frage, ob er das Volksbegehren „Initiative gegen Kirchenprivilegien“ unterzeichnet hätte und sich der „Bewegung des Fliegenden Spaghettimonsters“ nahe steht, meint er dass Religion Privatsache sei und er Niko Alms Aktion zwar bewunderte, aber man ja nicht immer und überall unterschreiben müsse. Es reicht schließlich zu wissen, wo man steht und dass man sein Leben eigenverantwortlich in die Hand nimmt, auch wenn es mal ein Nudelsieb ist. Das ist er ganz liberal.
 



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