Der Mythos und die Linken

Die Linke spricht nun von einem »Merkel-Plan« und der Medienbetrieb greift dieses Wort aus Kippings Mund nur allzu gerne auf. Genossin, das ist eine fahrlässige Wortwahl. Denn sie arbeitet mit am gängigen Bild, das man von dieser Frau hat.
Der Mythos und die LinkenKipping hat ja zunächst völlig recht, denn »mittelfristig braucht es für ganz Südeuropa [tatsächlich] einen Investitions- und Aufbauplan nach Vorbild des Marshall-Plans«. Mit Sparpolitik und dem Auswringen der öffentlichen Haushalte saniert man nichts, setzt keine wirtschaftlichen Impulse und treibt die Krisenländer immer tiefer in diesen Status hinein. Wer Austerität verordnet, der treibt zur Verschärfung der Situation an und nimmt Not und Elend in Kauf. Und Entdemokratisierung! Investitionen, setzen von Anreizen, Impulse anleiern - das wäre ein geeigneter Plan. Ein New Marshall- und damit ein Masterplan. So bringt man Geld zur Zirkulation, kurbelt die Rudimente der griechischen Ökonomie wieder an und erlaubt es letztlich somit auch, soziale Sicherheiten zu gewährleisten. Und nicht zuletzt stützt man so demokratische Strukturen. Die Linke und Kipping liegen also vollkommen richtig.

Aber was um Himmels Willen soll dieser Unsinn von einem etwaigen »Merkel-Plan«? Kipping führt ja sogar noch aus, dass ein solch keynsianisch anmutender Plan gerne auch den Namen dieser Bundeskanzlerin tragen dürfe. Wieso? Glaubt Kipping ernstlich, dass Merkel Europa darstellt? Sind die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfond und die Europäische Kommission Merkel? Oder ist Merkel die Troika? Kann man sich Europa gar nicht mehr ohne den lindgrünen Hosenanzug denken?
Klar, Merkel steht für das Sinnbild europäischer Austeritätspolitik. Sie ist die Koryphäe oder die Gallionsfigur, tritt als Stimme einer Hegemonialmacht auf, die es überreizt und die ein aggressives Wirtschaftskalkül an den Tag legt. Merkel wird mit Hitlerbärtchen und SS-Uniform karikiert und wahrscheinlich hat dieses Empfinden in Südeuropa seine Berechtigung. Aber diese Frau ist doch nicht das Maß aller Austeritätsdinge. Sie ist ein Gesicht von vielen. Nur ein Kopf der Zeitgeist-Hydra. Sie mag arrogant auftreten wie wenige. So, als sei sie eine europäische Regentin. Bloß das alleine heißt ja nicht, dass es exakt so ist.

Aber es ist freilich ihr Auftreten und die Inszenierung ihrer Stärke, die einen Merkel-Kult oder -Mythos entstehen ließen. Der deutsche Konsument von Massenmedien, hat nun über Jahre den Eindruck vermittelt bekommen, dass Frau Bundeskanzlerin gleichzeitig auch so eine Art europäische Schutzherrin ist. Eine, die ihre nationalen Kompetenzen auf den halben Kontinent ausgeweitet hat und dafür sogar noch Anerkennung von den europäischen Nachbarn erntet. Dieses Bild, das diese Nation von ihrem »Oberhaupt« hat, gehört nicht angereichert mit etwaigen Forderungen nach Plänen, die dann einen Namen tragen sollen, die die Mär von der Schutzherrin Europas noch verdichten.
Die Linke hat dagegen anzugehen, den Mythos aufzudröseln, Genossin Kipping! Gut gemeint, schlecht gesagt. Denn Sprache schafft Realitäten. Und wenn selbst Die Linke nun eine Sprache spricht, die sonst die Massenmedien bedienen, einen Duktus modernen Marienkultes - ohne Maria, aber dafür mit Angela - anschlagen, dann kann diese verzerrte Realität von der Kanzlerin ganz Europas nie ausgetilgt werden.

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