Der Mythos Bio - wirklich gesünder und besser?

Von Groschenreiter

Denis Geier / pixelio.de

Im Jahr 1994 wurde mit Ja! Natürlich die erste Bio-Handelsmarke auf den österreichischen Markt gebracht und löste damit einen bis heute anhaltenden Bio - Boom aus. Inzwischen haben sich viele Nachahmer, aber auch Kritiker gefunden, die den angeblich biologischen Herstellengsprozess und die Qualität der Lebensmittel anzweifeln. Grund genug also, sich das Thema "Bio" näher anzusehen.
    Erst im Herbst des Vorjahres vekündete das Lebensministerium stolz, daß Österreich Bio - Weltmeister sei. Und das auch zu recht. Waren es im Jahr 1970 noch 25 Biobetriebe sind es heute bereits 21.800, was einem Anteil von 16,5% an allen landwirtschaftliche Betrieben entspricht. Fast 20% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist Bio-Fläche. Insgesamt sehr beeindruckende Zahlen.   Fragt man nach den Gründen für den großen Erfolg biologischer Lebensmittel, wurden laut einer AMA-Studie vier Motive genannt. Erstens der Genussaspekt beim Verzehr von Bio-Produkten, zweitens der Wunsch der Gesundheit und dem Körper etwas Gutes zu tun und schließlich die Rückbesinnung an frühe Kindheitserinnerungen und ursprüngliche Ernährung am Land. Außerdem wollen Konsumenten von Bio-Produkten auch Verantwortung gegenüber der Umwelt und dem Tierschutz übernehmen.  

Ist Bio wirklich besser?

  Soweit so gut. Fassen wir also noch mal kurz zusammen. Beim Kauf und Konsum von Bio-Produkten geht es primär um Genuß, Gesundheit und um Umwelt- und Tierschutz. Doch entsprechen diese Motive tatsächlich der Realität. Ist Bio wirklich gesünder, schmeckt es tatsächlich besser und leisten wir Konsumenten damit einen echten Beitrag zum Schutz unsere Umwelt?  

Geschmack

  Stellt man Tante Google die Frage "Schmeckt Bio wirklich besser" erhält man rund 485.000 Ergebnisse bzw. Antworten. In den meisten Fällen handelt es sich um verschiedene Studien, die den angeblich besseren Geschmack von biologischen Produkten bestätigen oder keinerlei geschmacklichen Unteschied zwischen konventionellen und Bio - Lebensmitteln feststellen konnte.   Die Zeit hat sich schon vor zwei Jahren ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt und dabei auch das Ecropolis-Projekt erwähnt. Dabei erforschten Wissenschafter, Naturkosthersteller und Bioverbände zwei Jahre lang, was ökologisch hergestellte Lebensmittel von konventionellen unterscheidet.   Das Ergebnis war sehr interessant. Einerseis konnten keine signifikanten geschmacklichen Unterschiede zwischen den Lebensmitttelgrupen festgestellt werden. Auffällig war jedoch, daß Bioprodukte immer dann besser abschnitten, wenn die Testpersonen wußten, daß es sich um biologisch hergestellte Lebensmittel handelte.   Ich glaube ebenfalls, daß es keinen objektiv feststellbaren geschmacklichen Unterschied zwischen biologischen und konventionell hergestellten Produkten gibt. Es handelt sich dabei um ein rein subjektives Empfinden, das durch das Wissen, ein Bio-Produkt zu konsumieren, noch zusätzlich positiv beeinflusst wird.

 

Gesundheit

  Auch zu diesem Thema wurde bereits unzählige Studien durchgeführt, die teilweise stark untschiedliche Ergebnisse lieferten. In diesem Fall verlasse ich mich auf seriöse Anbieter wie die Universität Standford, die eine umfangreiche Meta-Analyse anstellten, oder die Stiftung Warentest, die in einer Langzeitstudie verschiedene Produkte untersuchten und verglichen.   Beide Institute kamen dabei auf ähnliche Ergebnisse. Bioprodukte waren weder vitaminreicher, noch schnitten sie bei Fette oder Proteine besser ab. Jedoch war die Belastung duch Pestizide, leichtlösliche mineralische Düngemittel oder antibiotika-resistente Krankheitserreger deutlich geringer.   Obwohl sich so mancher Biofan sicher eine deutlicheren Unterschied in Sachen Gesundheit hier gewünscht hätte, ist die Tatsache einer wesentlich geringeren chemekalischen Belastung ein nicht zu vernachlässigender Vorteil zu Gunsten der Bioprodukten.  

Umwelt- und Tierschutz

  Wie sollte es auch anders sein. Auch dazu findet man stark unterschiedlich Aussagen. Einerseits gibt es da  Clemens G. Arvay, der im Jahr 2012 in seinem Buch  Der große Bioschmäh, die teils schlimmen Zustände in sogenannten Biobetrieben beschreibt. Bei genaueren Hinschauen fand er grausame Tierfabriken, riesige Monokulturen und industrialisierte Landwirtschaft und das alles unter dem Siegel Biologisch.
Ich selbst habe in meinem Artikel Warum Du unbedingt wissen solltest, woher die Ostereier kommen über die teilweise schlechten Haltungsbedingungen bei Freilandhaltung von Hühnern geschrieben   Selbstverständlich gibt es aber auch die andere Seite. Sei es nun AMA-Biosiegl oder Bio Austria, die naturgemäß für Ihre Mitglieder und deren Arbeit nur voll des Lobes sind.
Die Wahrheit ist wie immer irgendwo in der Mitte zu finden sein. hat doch zum Beispiel Werner Lampert, seines Zeichens Gründer von Ja! Natürlich und Zurück zum Ursprung, in einem Presseartikel die Existenz von Hybridhennen in Biobetrieben nicht bestritten. Ob solche Kreaturen den Biovorstellungen des Konsumenten entsprechen, darf bezweifelt werden.    

Fazit

  Zahlreiche Studien und Untersuchungen zeigen, daß Bio - Produkte nicht besser schmecken und nur ein wenig gesünder sind als konventionell hergestellte Lebensmittel. Auch der Beitrag zum Umwelt- und Tierschutz fällt geringer aus, als es sich die meisten Verbraucher wünschen würden. Insgesamt gibt es also nur wenig Grund Bio - Produkte zu konsumieren und dafür auch noch durchschnittlich 30% mehr zu bezahlen als für herkömmliche Lebensmittel.   Und trotzdem ist Bio besonders in Österreich ein Riesenerfolg. Ich glaube, weil sich diese ganze Biosache nicht auf einer rationellen, sondern vielmehr auf einer emotionalen Ebene abspielt. In einer Zeit, die immer schnellebiger und komplizierter wird und durch Wirtschaftskrisen, Bankenskandale und politischen Versagen geprägt ist, sehnt sich der Mensch nach der "Einfachheit" und dem "Echten", nach der guten alten Zeit, in der alles besser war.   Und genau dieser Wünsche und Sehnsüchte werden durch Bio bedient. Nicht umonst werden in der Werbung prächtig blühende Felder, auf der Alm weidende Kühe und freilaufenden Hühner und Schweine gezeigt. Bio ist gut, Bio ist besser, Bio macht glücklich.   Aber Hey! Ist das schlecht? Sollen wir alle auf Bio verzichten, nur weil es vielleicht doch nicht so viel gesünder ist oder besser schmeckt? Nein auf keinen Fall.   Denn selbst wenn es sich nur darauf reduziert, daß es mir einen unwahrscheinlich großen Genuss bereitet und ein tolles Gefühl gibt, in einen frischen, knackigen und saftigsüßen Bioapfel zu beißen, dann habe ich schon gewonnen. Dann ergibt Bio für mich Sinn und bedeutet einen echten Mehrwert. Und daher werde ich weiter Bio-Produkte kaufen und genießen, egal was Studien dazu sagen.