Der Mensch von Morgen: Schon heute!

Von La_vache_qui_rit

Wenn erst das herrschende Kapitalverhältnis abgeschafft ist, Kapital, Geld, Lohnarbeit und Warenform auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet sind, stehen die Gremien und Räte der kollektiven Organisation des gesellschaftlichen Lebens und Produktion aller zum Leben notwendigen Gebrauchswerte vor einem riesigen Problem: Was soll man bloß anfangen mit all der gewonnenen Lebenszeit?

Wenn erst die gesamtgesellschaftlich notwendige Arbeitszeit auf das notwendige reduziert wurde, die volle Automation greift und die noch zu tätigenden Handgriffe auf Alle verteilt wurden, entsteht ein riesiges Millionenheer an Menschen, die ohne die tägliche zwangsweise Vernutzung ihrer Lebenskräfte nichts mehr mit sich anzufangen wissen. Sie werden ihrer Lebensaufgabe beraubt dastehen und in vielen Fällen auf eine jahrzehntelange Lebenslüge zurückblicken. Bänker, Polizistinnen, Werbefachleute, Stadtplanerinnen, Betriebsoziologinnen, Sozialtechniker, Aufseherinnen, Richter, Rechtsanwältinnen, Türsteher, Entwicklungshelfer, Atomkraftgegnerinnen, Pfaffen, Linksradikale und Börsenmakler werden auf der Strasse und auf öffentlichen Plätzen herumstehen, Maulaffen feilhalten und im Gesamten die neue Situation nicht begreifen. In den besseren Fällen werden sie nach einem kurzen Lernprozess gutwillig versuchen ihre Profession in die gesamtgesellschaftliche Lebensorganisation einzubringen. Sie werden merken das ihr „Wissen“, ihre „Bildung“ und ihre „Erfahrung“ nicht mehr gebraucht wird. Doch trotz Frust und Tränen werden sie sich darauf konzentrieren endlich das zu tun was sie schon immer tun wollten, aber niemals die Zeit dafür hatten. Sie werden Bücher lesen, ihre Männer verlassen, reisen und Häuser entwerfen.
In den schlechteren Fällen werden sie sich zusammenrotten und aufmucken, an die Gedankengespenster der alten Zeit appellieren und sich in masochistischer Manier in den Alpdruck des kapitalistischen Verblendungszusammenhangs zurücksehnen. Auf vielen verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichsten Formen werden sie das tatkräftige Potenzial der Konterrevolution stellen.

Diejenigen die schon heute zu keinem eigenen Gedanken in der Lage sind, diejenigen die nur Wissenschaft an der Uni betreiben und die ein Buch nur lesen wenn es ihnen für die nächste Hausarbeit als nützlich erscheint, erst dann aktiv werden können wenn eine Organisation oder eine Anführer vorangeht, diejenigen die zu feige sind sich Feinde zu machen, diejenigen die keine eigenständigen Hobbys haben und diejenigen deren einziges Interesse darin besteht von allen gemocht zu werden sind das wirkliche Problem. Sie werden nach der Revolution dastehen und im Zweifelsfall den Communismus dafür verantwortlich machen das ihre SoftSkills und Profession- d.h: Ihre Rücksichtslosigkeit, ihre Politik, ihr Geschwätz, ihre Intrigen, ihre mit Fremdworten kaschierte Ahnungslosigkeit und all die dazugehörigen Machtspielchen nicht mehr gebraucht werden.

Islamisten, Nazisschläger, Henkerinnen, Bullen, Menschenjäger, offen kämpferisches, reaktionäres Packvolk eben – gegen sie wird die Revolution gemacht. Um sie an den Galgen zu bringen und zu erschießen, um gegen sie Krieg zu führen und schlussendlich in einer räumlich separierten Erziehungsdiktatur unterdrücken zu können, nicht zuletzt dafür ist die Revolution da und es wird keine communistische Revolution sein wenn dies nicht geschieht. Doch was ist mit denjenigen die sich in den aktuell herrschenden Verhältnissen einfach nur wohl fühlen, ohne andere direkt zu drangsalieren. Was ist mit den Menschen die den Kapitalismus brauchen um einen Sinn in ihrem Leben verspüren zu können, die sich Arbeit nur sans phrase, also als Lohnarbeit vorstellen können und morgens die Knute des Arbeitstaktes benötigen um ihren Arsch überhaupt hoch zu bekommen und die schon jetzt zu einer selbsttätig verbrachten Freizeit absolut unfähig sind?

Manchmal verzweifel ich über dieser Frage und oft erscheint es mir so als ob das die wirklich wichtige Frage communistischer Denkarbeit sein muss.
Ich glaube es wird die eigentliche Mammutaufgabe der Revolution sein, mit diesen verüberflüssigten Menschenmassen umzugehen, ihnen zu erklären das sie nun ganz Herr ihrer eigenen Lebenszeit sind und das sie mit der doch bitteschön etwas sinnvolles anfangen sollen, anstatt die alten Verhältnisse wieder herbeizulamentieren und schlussendlich herbeizuschiessen.
Neben der „drei Zonen Lösung“ der untergegangenen APPD (ganz klar: Ich wäre Bewohner der APZ und des GEP) kommt mir kein wirklich praktikabler Vorschlag der diesem vorprogrammierten Elend entgegenwirkt in den Sinn.
Deswegen bin ich in meiner aktuellen Ratlosigkeit so bescheiden und freue mich schon über jeden fanatischen Modellbauer, Eisenbahnfan, Blumenfreund, über jede Briefmarkensammlerin, jeden Angler und alle anderen Leute die sich selbst genügen, ohne anderen ihren Unfug aufzwingen zu müssen. Mit ihnen wird es unter den kommenden gesellschaftlichen Bedingungen einer gemeinschaftlich und vernünftig organisierten Organisation aller Gebrauswerte keine Probleme geben. Sie können dort Blumen pflanzen, Eisenbahnen streicheln und soviel angeln wie es ihnen in den Sinn kommt.
Noch toller, nämlich objektiv communistisch finde ich diejenigen Leute die in ihrer Freizeit selbsttätig, unter Ausnutzung der aktuellsten Technik etwas wirklich neues und wahrhaft für alle Menschen erquickliches schaffen (und das ist eben nicht die Kuntibunti-Schmierfinkerei, oder das Jonglier- Seiltanz-Volxküchen- RumpelkonzertImAzDreckloch- und FeuerspuckElend das die linke Szene so gerne als kreative Freizeitgestaltung ausgibt), ohne das sie dazu aufgefordert wurden, oder das sie dafür mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Geld, Sexeinheiten oder Applaus erwarten können (das sie das später doch bekommen, ist nur recht und billig). Diejenigen die mit dem Kopf durch die Wand gehen, nicht nach links und rechts, oder nach Karriere und Konformität schauen und auf der Klaviatur der kapitalistischen Warenproduktion rumzuhämmern wissen, ein herrliches Affentheater veranstalten und sich nach Leibeskräften dabei amüsieren.
Für mich ist Karl Nagel so ein Fall und James Rolfe ist ebenfalls ein würdiges Beispiel des neuen Menschen, ein Sendbote der kommenden Freizeitgesellschaft der erwachsenen Menschheit.


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