Konkret 04/2013
In den Lebensmittelskandalen der letzten Monate wird nur auf besondere Weise sichtbar, wie der Nahrungsmittelmarkt im Spätkapitalismus funktioniert.
Es ist kaum möglich, den Überblick über die Lebensmittelskandale zu behalten, die in den letzten Jahren aufgedeckt worden sind und deren Unzahl die öffentliche Empörung über sie zu einem massenmedialen Routineritual verkommen ließ. Neben der Affäre um die Beimischung von Pferdefleisch in Tiefkühl- und Fertigprodukten sorgte Anfang März die Entdeckung von mehr als 10.000 Tonnen mit krebserregenden Schimmelpilzen verseuchtem Futtermais für Aufregung. Dieser war an knapp 4.500 meist niedersächsische Landwirtschaftsbetriebe ausgeliefert worden. Wer nun in Bioprodukten Zuflucht suchte, wurde mit Nachrichten über falsch deklarierte Bio-Eier und Weichmacher (Bisphenol A) in Bioprodukten verunsichert. Gleichzeitig empörte sich die US-amerikanische Öffentlichkeit über falsch deklarierten und mitunter giftigen Dosenfisch.
Angesichts dieser Lage verwundert es kaum, daß die zahlreichen Affären der vergangenen Jahre – Ehec-Erreger in Sojasprossen, dioxinverseuchtes Tierfutter und Bio-Eier 2010/11, deutsches Gammelfleisch 2007 etc. – kaum noch in Erinnerung sind. Der Lebensmittelskandal scheint zu einem Alltagsphänomen zu werden. Spätestens wenn die nächsten ekligen Schweinereien, die uns die Lebensmittelindustrie auftischt, infolge medialer Abnutzungseffekte keine größere Empörung mehr auslösen, werden wir anfangen, mit der permanenten Lebensmittelkrise als einer Normalität zu leben – bis wir an der schleichenden Vergiftung zugrunde gehen, der wir im Spätkapitalismus unausweichlich ausgesetzt sind.
Die Deutschen verorten die Ursachen der sich verschärfenden Krisentendenzen im Lebensmittelsektor üblicherweise im Ausland. In nahezu allen Medienberichten, die sich mit dem kontaminierten Futtermais beschäftigten, fand sich der Hinweis auf dessen serbische Herkunft. Bevor der Ehec-Erreger im Juni 2011 in einem niedersächsischen Betrieb lokalisiert werden konnte, ließen unbegründete Anschuldigungen deutscher Politiker und Medien die Umsätze spanischer Gemüseproduzenten so stark einbrechen, daß Madrid zeitweilig Schadensersatzforderungen an Berlin in Erwägung zog. Dabei ist der Zusammenhang zwischen den Desintegrationstendenzen in der Lebensmittelbranche und der kapitalistischen Systemkrise evident. Unterm krisenbedingt zunehmenden Konkurrenzdruck lösen sich die letzten Hemmungen in einer von nur wenigen Dutzend Großkonzernen beherrschten Branche auf. Dort kämpfen viele scheinselbständige Akteure ums nackte ökonomische Überleben, derweil die Zerrüttung der staatlichen Finanzen gleichzeitig zur Erosion des Lebensmittelkontrollsystems führt.
Inzwischen kündigen Lebensmittelmultis bei offiziellen Pressegesprächen an, ihre Produktpalette den Verelendungsschüben anzupassen, die insbesondere Europas Peripherie erfaßt haben. Unilever beispielsweise kündigte im vergangenen August an, mit billigeren Produkten und kleineren Packungen auf die Krise zu reagieren. »Die Armut kehrt nach Europa zu rück«, erklärte Unilevers Europa-Chef Jan Zij gegenüber der »Financial Times Deutschland«: »Wenn ein Spanier nur noch durchschnittlich 17 Euro pro Einkauf ausgibt, dann kann ich ihm kein Waschmittel für die Hälfte seines Budgets verkaufen.«
Konkurrent Nestlé ging in weiser Voraussicht der gegenwärtigen Pauperisierungswelle schon 2009 dazu über, mit dem Warensortiment »Popularly Positioned Products« (PPP) sein Engagement in der Sparte der Billignahrungsmittel auszubauen – und dabei von den Erfahrungen des Konzerns in der »Dritten Welt« zu profitieren, wie Laurent Freixe, NestléGeneraldirektor für Europa, in einem Interview mit der »Lebensmittelzeitung« ausführte. Dank der Nestlé-Billigmarken könnten nun auch europäische Verbraucher »eine Familienmahlzeit für weniger als einen Euro pro Portion zubereiten«, schwärmte Freixe. Der Elendsfraß gehört längst zu den wichtigsten Wachstumsmotoren dieses weltgrößten Lebensmittelkonzerns. »Im Jahr 2008 haben wir ein organisches Wachstum von weltweit 27 Prozent in diesem Bereich er zielt – weltweit sind es mehr als fünf Milliarden Schweizer Franken.« Insbesondere im krisengeplagten Europa herrscht in dieser Sparte eine Goldgräberstimmung. Man wolle das Umsatzvolumen in diesem Segment »in drei bis fünf Jahren verdoppeln«, tönte Freixe. Das Kalkül scheint aufgegangen zu sein: Im vergangenen Jahr konnte Nestlé tatsächlich melden, daß die PPP-Sparte »fortfährt, weit über dem Durchschnitt der Zone (Europa, T. K.) zu wachsen«.
Nestlé wolle den europäischen Krisenopfern »nahrhafte und qualitativ hochwertige Produkte zu erschwinglichen Preisen bieten«, beteuerte der Europa-Chef des Konzerns im zitierten Interview. Wie aber schafft man das in einer Wirtschaftskrise, in der die Nahrungsund Lebensmittelpreise nicht – wie sonst in Depressionen üblich – drastisch einbrechen? In dem man beide Augen fest zudrückt und jede Möglichkeit nutzt, die Kosten auch unter Umgehung bestehender Vorschriften und Regelungen zu senken. Wenn nun Pferdefleisch aus dubiosen Quellen auf dem grauen Lebensmittelmarkt billig zu ergattern ist, dann kommt dies den Konzernen zupaß, die sich in dieser »Wachstumssparte« verstärkt engagieren – auch wenn man hinterher nichts gewußt haben will und notfalls alle Schuld auf die scheinselbständigen Zulieferer schiebt. Die Resultate dieser rücksichtslosen Produktion von Krisenfraß mußte der Schweizer Konzern Anfang März aus den Supermarktregalen im krisengeplagten Spanien und Italien räumen lassen, wo mit Pferdefleisch versetzte Nestlé-Fertiggerichte gefunden worden waren. Es ist bezeichnend, daß beim Pferdefleischskandal nahezu ausschließlich Billigmarken betroffen waren, seien es nun die Produkte von Lidl und Aldi oder die Marken A & P, TiP, Gut & Günstig und KClassic.
Auch wenn der Verzehr von Pferdefleisch nicht so ungesund ist wie etwa der Konsum dioxinverseuchter Eier, so belegen die enormen Ausmaße dieses jüngsten Skandals doch das beschleunigte Abdriften insbesondere der von permanenter Prekarität geprägten Sektoren der Lebensmittelbranche in semimafiöse Strukturen. Der illegale Handel mit minderwertigen oder verseuchten und verdorbenen Lebensmitteln sei ein »ziemlich neues Phänomen«, erklärte ein Europol-Ermittler in der »Frankfurter Rundschau« (»FR«), zu dem inzwischen sizilianische Mafiabanden, die gepanschten Wein in Umlauf bringen, genauso gehören wie niedersächsische Fleischer, deren ungenießbarer Schweinekehlkopfknorpel sich in italienischer Wurstware findet. Steigende Lebensmittelpreise im Verein mit der »Forderung der Handelsketten und Verbraucher nach möglichst billigen Lebensmitteln« würden der Bandenbildung im Lebensmittelsektor Vorschub leisten, resümierte die »FR«. Die Systemkrise fördert die Herausbildung von Rackets, die die Marktkonkurrenz jenseits des staatlich gesetzten rechtlichen Rahmens fortführen und zuspitzen.
Und die Kontrollen? Pustekuchen: Letztlich müssen die in der Branche tätigen Marktakteure nur dafür sorgen, daß ihre Billigprodukte die Konsumenten nicht sofort vergiften, um vor strafrechtlichen Konsequenzen einigermaßen sicher zu sein. Denn das staatliche Kontrollsystem ist selbst im Zentrum der Euro-Zone, in der BRD, nicht mal ansatzweise in der Lage, eine angemessene Überwachung des Marktgeschehens zu gewährleisten. Die 2.500 Lebensmittelkontrolleure, die bundesweit rund 1,1 Millionen Betriebe zu überwachen haben, seien mit ihrer Aufgabe völlig überfordert, klagte Martin Müller vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure gegenüber der »WAZ«; es fehlten etwa 1.500 weitere Prüfer. Die Kontrolleure seien zudem vielfach unzureichend ausgerüstet: Das Computerzeitalter ist bei diesen Beamten, von denen nur 15 Prozent über einen Dienstlaptop verfügen, offensichtlich noch nicht angekommen. 80 Prozent der Prüfer verfügen über kein Fettmeßgerät, rund 50 Prozent müssen ohne Infrarotmeßgeräte und Kälteschutz auskommen. Welche Bedeutung der Verbraucherschutz für die derzeitige Bundesregierung hat, läßt sich etwa am Wahlkampfprogramm der CDU von 2005 ablesen, in dem die gänzliche Abschaffung der staatlichen Lebensmittelkontrollen gefordert wurde, um so die »Verantwortlichkeiten nicht zu verwischen« und die »Eigenmotivation« in der Branche aufrechtzuerhalten.
An diesen hehren Idealen, die in den Lobbyverbänden der Lebensmittelindustrie ausgebrütet worden sein dürften, orientiert sich übrigens auch der US-amerikanische Verbraucherschutz – dort sind seit der Präsidentschaft von George W. Bush die wichtigsten Posten in der staatlichen Lebensmittelüberwachung (Food and Drug Administration – FDA) von ehemaligen Lobbyisten der Lebensmittelbranchebesetzt. Die jährliche Anzahl der Lebensmittelinspektionen, die von der FDA durchgeführt werden, ist dementsprechend von 50.000 in 1972 auf 9.100 in 2006 zurückgegangen.
Selbstverständlich sind landesweite oder internationale Lebensmittelskandale nicht neu; sie sind so alt wie die Lebensmittelindustrie, die seit den fünfziger Jahren die Landwirtschaft industrialisiert und entlang der Verwertungszwänge des Agrarkapitals transformiert hat. In der gegenwärtigen Systemkrise spitzen sich diese systemisch bedingten Defizite und Instabilitäten der kapitalistischen Agrarwirtschaft aber weiter zu, während die Sicherungssysteme erodieren. Die zentrale Instanz der kapitalistischen Marktwirtschaft, die den Verkauf von kontaminierten oder mangelhaften Lebensmitteln befördert, ist der Markt selber, der in seiner Funktion als Vermittler aller wirtschaftlichen Aktivitäten eine Unzahl von formell isolierten, realwirtschaftlich aber immer enger miteinander verknüpften Marktsubjekten hervorbringt. Jedes Unternehmen ist in Konkurrenz zu anderen Marktteilnehmern bemüht, möglichst hohe Profite zu generieren, die durch den Verkauf auf anonymen, immer stärker deregulierten und globalisierten Märken realisiert werden müssen. Der erfolgreiche Verkauf von mangelhaften oder gesundheitsschädlichen Produkten kommt so der Realisierung von Extraprofiten gleich, deren Folgekosten anderen Marktteilnehmern, die in den unübersichtlichen Produktions- und Handelsketten kaum ausgemacht werden können, aufgebürdet werden.
Ein weiteres zentrales Merkmal aller kapitalistischen Wirtschaftszweige – im Fall der Lebensmittelindustrie zeitigt es desaströse ökologische Folgen – ist die uferlose Produktion um der Produktion willen, die durch den Verwertungszwang des Kapitals bedingt ist. Auch Lebensmittel sind für das Kapital nur als Träger von Wert, von vergegenständlichter abstrakt allgemeiner Arbeitskraft von Belang. Alle Produktivitätsfortschritte und Innovationen, die zu einer Schonung der ökologischen Grundlagen und natürlichen Ressourcen der Landwirtschaft beitragen könnten, dienen so im Rahmen der Verwertungsbewegung des Kapitals nur dazu, den Warenausstoß weiter zu steigern, um mit jeder Verwertungsrunde aus Geld mehr Geld machen zu können. Deswegen werden in der EU inzwischen nahezu 50 Prozent der durch ökologischen Raubbau produzierten Lebensmittel verschwendet, während Nestlé und Unilever zugleich mit ihrem billigen Krisenfraß enorme Markterfolge feiern können. Die naheliegende Lösung, einen Teil dieser gigantischen Überschußproduktion den Krisenopfern zur Verfügung zu stellen, käme systemimmanent einer Blasphemie gleich, da innerhalb der Verwertungslogik Lebensmittel, die nicht verwertet werden konnten, keinen Wert besitzen und eher vernichtet denn gegessen werden sollen.
Schließlich befördert die Selbstbezüglichkeit der Wertform eine permanente Tendenz zur Destabilisierung der Lebensmittelversorgung. Das innerste Wesen des Kapitalprozesses besteht in der uferlosen Anhäufung von Quanta verausgabter abstrakter Arbeit. Dieser selbstbezügliche Prozeß ist den sozialen und ökologischen Folgen seiner Dynamik gegenüber blind. Die Geschmacksarmut des kapitalistischen Fraßes entspricht daher der Hohlheit dieser Kapitalform, die uns beispielsweise zumindest an Tomaten erinnernde Fruchtfleischbehälter liefern muß, um den jeweiligen Verwertungskreislauf mit dem Verkauf abschließen zu können. Diese irrationale Kapitaldynamik, die blindwütige Anhäufung toter Arbeit, die sich der instrumentellen Rationalität bedient, unterminiert beim Streben nach kurzfristiger Renditemaximierung die langfristige Stabilität des Gesamtsystems, das nur mittels eines um fassenden staatlichen Regel und Infrastruktursystems überhaupt aufrechterhalten werden kann. Deswegen wäre tatsächlich ein kostspieliger und permanent wachsender staatlicher Überwachungsapparat notwendig, um auch den krisenbedingt zunehmenden langfristig autodestruktiven Tendenzen im Lebensmittelsektor entgegenzuwirken.
Das besondere Merkmal des Lebensmittelsektors ist, daß die Nachfrage in diesem Bereich nicht völlig wegbrechen kann und selbst in Krisenzeiten ein Mindestumsatz garantiert ist. Wir müssen essen. Somit ist der menschliche Körper der faktische Endpunkt der Produkte, die bei der Verwertung des Kapitals im Lebensmittelsektor ausgestoßen werden. Und die Aufnahmekapazität dieses Körpers ist sehr flexibel. Das bringt für die Lebensmittelbranche – wie auch den mafiösen Netzwerken, die nun dort reüssieren – eine Reihe von Vorteilen, die zwecks Renditemaximierung oder schlichten Betrugs ausgenutzt werden. Generell eignen sich Lebensmittel, die mit dem Verzehr in den menschlichen Körper gelangen, gut dazu, verseuchte oder mangelhafte Rohstoffe profitträchtig und kostengünstig verschwinden zu lassen. Das kontaminierte Zeug ist dann erstmal weg. Dermenschliche Körper ist für das Kapital ein perfekter Müllschlucker, in dem die Ergebnisse einer katatrophalen Nahrungsproduktion billig entsorgt werden können. Der Lebesmittelskandal ist mithin nur ein Sonderfall der Externalisierung betriebswirtschaftlicher Kosten, wie sie für die kapitalistische Produktionsweise charakteristisch ist.
Auch hier ist die explizit kriminelle Handlung nur die letzte Konsequenz der legalen Praktiken der Lebensmittelindustrie, die uns längst zu Abfallhalden ihrer Verwertungsprozesse zugerichtet hat, welch letztere längst Produkte ausspeien, die durch den exzessiven Einsatz von Fett, Zucker, Salz und Chemie Absatz wie Profite dauerhaft zu sichern versuchen. Betriebswirtschaftlich formuliert will uns die Lebensmittelindustrie Produkte mit einer möglichst hohen Wertschöpfung andrehen. Die Konditionierung fängt inzwischen schon im Kindesalter an: »Mit Obst und Gemüse läßt sich nur wenig Profit machen – mit Junkfood und Softdrinks schon mehr. Es lohnt sich ganz einfach nicht, gesunde Produkte ans Kind zu bringen«, erläuterte Anne Markwardt von der NGO Foodwatch in einem Interview. So nehmen Kinder inzwischen im Schnitt nur noch die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse zu sich, während die tägliche Zuckerdosis mit 200 Prozent weit übertroffen wird. Die Folge: Seit den Neunzigern ist der Anteil fettleibiger Kinder um 50 Prozent gestiegen, ein Prozent aller Kinder leidet unter Altersdiabetes.
Ein Großteil der Krankheiten im Spätkapitalismus ist auf den Fraß zurückzuführen, den die meisten Menschen zu vertilgen genötigt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung formuliert das so: »In einem Industrieland wie Deutschland wird die Hauptlast der Krankheiten und Beschwerden von einer kleinen Zahl chronischer Krankheiten verursacht, die alle samt in Zusammenhang mit ungünstigen Ernährungsgewohnheiten und einer unkritischen Auswahl von Lebensmitteln stehen.« Bezeichnend ist beispielsweise die rasche Zunahme von Diabetes in den vergangenen Jahren: In der BRD stieg die Anzahl der Diabeteserkrankungen von 5,3 Millionen im Jahr 2000 auf 7,3 Millionen im Jahr 2007; in den Vereinigten Staaten wird jüngsten Prognosen zufolge jeder dritte nach 2000 geborene US-Bürger an Diabetes erkranken.
Dieser Anstieg ernährungsbedingter Erkrankungen ist auf die krisenbedingten Verelendungstendenzen zurückzuführen, da sich immer weniger Menschen eine gesunde und ausgewogene Ernährung leisten können und deswegen zumindest den Kalorienbedarf mit Fast Food und Fertiggerichten zu decken versuchen. In den USA wurde seit Krisenausbruchder Begriff der Rezessionsfettleibigkeit bei Kindern geprägt, da diese oft von ihren Eltern mit Billiglebensmitteln ernährt werden müssen. Der Anteil fettleibiger US-Bürger stieg von 19 Prozent 1997 über 26 Prozent 2007 auf 35 Prozent im Jahr 2010. Mississippi, der US-Bundesstaat mit der höchsten Armutsrate und dem niedrigsten Einkommensniveau der USA, weist auch das höchste Aufkommen von Adipositas-Erkrankungen auf. Holmes County wiederum ist einer der ärmsten Landkreise Mississippis – dort wird mit einer Adipositas-Rate von 42 Prozent der US-weite Rekordwert erreicht. Die Lebenserwartung in Holmes County liegt mit 65 Jahren rund zehn Jahre unter dem US-Durchschnitt.
Die europäische Lebensmittelindustrie kann sich solcher Erfolge bei der Erweiterung ihrer Absatzmärkte noch nicht rühmen, obwohl sie daran ebenfalls hart arbeitet: Knapp 16 Prozent der Europäer leiden unter Fettleibigkeit. Damit verdoppelte sich die Adipositas-Rate in der EU binnen zweier Dekaden. Das Elend, das sich inzwischen auch in den Zentren des kapitalistischen Weltsystems breitmacht, wird somit künftig nicht mit Untergewicht, sondern mit Fettleibigkeit assoziiert werden.