“Mama, Julia hat gesagt, sie wünschte sich, ihre Mama hätte sie davor gewarnt, ihrer Puppe die Augen auszustechen, als sie noch klein war. Du hast mir ja immer gesagt, ich würde das später bereuen und darum habe ich es nicht getan.”
“Mama, bei Mia zu Hause ist immer alles so schön aufgeräumt, nicht so ein Chaos wie bei uns.”
“Timo findet, du seist eine total coole Mama.”
“Estelles Mama trägt immer Nike-Schuhe. Voll cool! Warum trägst du immer nur Tussi-Schuhe?”
“Estelles Mama trägt immer Nike-Schuhe. Sowas von hässlich! Zum Glück hast du mehr Geschmack.”
“Danke Mama! Marcos Mama würde so etwas nie erlauben.”
“Die anderen dürfen alle, nur du bist mal wieder stur und verbietest mir meinen Spass.”
“Die Mama von Milena macht ein Riesentheater um den Sport. Das arme Kind muss immer trainieren und wenn sie ein Spiel verliert, ist die Mama tagelang sauer auf sie. Wenn ich Milena wäre, würde ich mich vollfressen und den ganzen Tag vor der Glotze sitzen. Sowas macht doch keinen Spass…”
“Andere Eltern schauen sogar beim Training zu und ihr kommt nur, wenn wir einen Match haben.”
“Wow, das Mittagessen bei Hugentoblers war der Hammer! Spaghetti Carbonara mit Rüeblisalat. Warum machst du das nie?”
“Zum Glück muss ich fast nie bei Hugentoblers essen. Dort gibt es immer das Gleiche und meistens ist es auch noch verkocht. Zum Glück kochst du besser, sonst würde ich ausziehen.”
Je grösser die Kinder werden, umso öfter werden meine Leistungen an den Leistungen anderer Mamas gemessen. Dabei ziehe mal ich den Kürzeren, mal die Vergleichsmama. Hart fällt das Urteil allemal aus, denn der Glaube an die elterliche Unfehlbarkeit wird mehr und mehr erschüttert. Gar nicht so leicht, das zu schlucken, aber wohl unumgänglich.
Ich hoffe einfach, dass die Kinder dereinst, wenn die Wirren des Erwachsenwerdens überstanden sind und alle meine Fehler in Vergessenheit geraten sind – also dann, wenn sie im Altersheim sitzen -, mit feuchten Augen sagen werden: “Unsere Mama war doch einfach die Beste.” Von dieser Erkenntnis würde ich dannzumal zwar nicht mehr profitieren, aber immerhin wäre ich in den Augen der Nachwelt rehabilitiert.