„Oh, wie konnte mir das bloß passieren, oh, ohje…“ jammerte der König der Savanne erbärmlich. Die anderen Tiere hielten sich noch in vorsichtiger Entfernung und tuschelten miteinander. Die Sonne stand schon hoch und es ging nur ein ganz leises Lüftchen.
Er begann wieder: „Auu, auu, von weitem sah es wirklich aus wie eine Gazelle, ich habe mich schon gewundert, dass sie nicht davonrannte, aber ich war so voller Jagdgier, dass ich das Ding einfach angesprungen habe und da ich so hungrig war, verschlang ich es mit Haut und Haar. Aber jetzt liegt es mir so auf dem Magen, so auf dem Magen.“
Nun, die anderen Tiere waren etwas unsicher. Zwar hatten sie schon etwas Mitleid mit dem Löwen, denn jeder weiß doch, wie unangenehm so ein Bauchweh sein kann. Besonders die Gazellen waren ein wenig schadenfroh – denn besonders angenehm war es für sie ja auch nicht, vom Löwen gefressen zu werden.
Aber eines der Nilpferde sagte: „Wie auch immer unser Löwe sonst sein mag, wenn er krank ist, muss man was tun. Ich hole den Arzt.“ Und mit diesen Worten bewegte es sich schwerfällig zu einem lockeren Wäldchen in der Nähe des Flusses, wo es selbst zuhause war. Dort angekommen, brüllte es laut: “Herr Doktor, der König Löwe hat eine Magenverstimmung!“ Prompt zeigte sich auf einem der Bäume ein alter weißhaariger Affe, und sagte: „Ich komme gleich.“
Kurz darauf schwang sich der Affendoktor auf sein Fahrrad und radelte dem Nilpferd nach, dass schwerfällig galoppierend zum Löwe zurückeilte. Dort nahm der Affendoktor seinen Doktorkoffer vom Gepäckträger und eilte zum Löwen hin. „Lieber Löwe, was hast du bloß gefressen?“ Aber der Löwe konnte kaum antworten und sagte immer nur Oje, Oje. Der Affe hörte dem Löwen das Herz ab, Nahm ihm den Puls, roch an seinem Atem und lauschte an seinem Bauch – aber er hatte keine Ahnung. Was mochte das bloß sein?
„So hört mal Tiere“, begann der Affendoktor zu den versammelten Schaulustigen, „statt so rumzustehen, könnt ihr mir und dem armen Löwen helfen. Ich weiß nämlich nicht, was ich ihm für Kräuter auflegen und was für Säfte einflössen soll, wenn ich nicht wenigstens einen kleinen Anhaltspunkt habe, darüber, was der Herr Löwe gefressen hat. Geht also in Dreiergruppen in alle Richtungen und sucht nach Hinweisen!“ Das machten die Tiere sehr gerne, das war aufregend und machte Spaß; hier sah man eine Giraffe, einen Pavian und einen Maulwurf losziehen, dort ein Nashorn, einen Jaguar und einen Zaunkönig und im Wasser das Krokodil, zusammen mit zwei vorsichtigen Fischen.
Nun kamen viele Hinweise zum Affendoktor, aber bei allem war er sich nicht sicher. Bis endlich am späten Nachmittag das Team Zebra, Regenwurm und Schildkröte die Wende brachten. Doch hört selber, was sie berichteten: „Ehrenwerter Doktor, ich glaube, wir wissen, was der Löwe angeschlichen, gejagt und verschlungen hat. Wir zottelten über die Savanne, der Regenwurm in einem Erdklumpen auf der Schildkröte und ich nebenher. Und da kam uns der kleine Lastwagen entgegen, mit drei Menschen, weißt du, die vom kleinen Dorf bei den grünen Hügeln. Sie schienen etwas zu suchen und wir hielten uns im Hintergrund. Man weiß ja nie. Dann kam einer aber zu Fuß auf uns zu, und hielt die Handflächen hoch, damit wir keine Angst hätten. So rannten wir nicht weg. Und er sagte, es sei wie verhext, aber ihnen sei heute eine Pferdehaarmatratze vom Laster gefallen, und als sie’s im Dorf bemerkten, seien sie gleich zurück, aber sie sei spurlos verschwunden. Nun, wir sagten, wir wüssten auch nichts, aber vielleicht hilft dir der Tipp.“
„Du hast eine Matratze gefressen!“ Rief der alte weißhaarige Affendoktor und rannte gleich los, um von den großen Bulo-Blättern einen Büschel zu holen und etwas Saft von der Guja Frucht und etwas Harz vom Tulo Baum. Pferdehaarmatrazenmedizin eben. Der Löwe kaute, trank und schluckte es artig. Als dann am Abend die Tiere nach und nach wieder auftauchten, ging’s dem Löwen schon wirklich viel, viel besser. Es war ihm echt peinlich, und als er ganz gesund war, war er dann auch eine Zeit lang ganz nett zu allen Tieren.