Der letzte seiner Art
Es gibt ihn noch, den Buß- und Bettag und zwar in ganz Deutschland. Egal ob in Nordrhein-Westfalen, in Hessen und auch in Baden-Württemberg, überall wird der evangelische Feiertag heute kirchlich begangen – nur eben nach der Arbeit. Denn der Buß- und Bettag wurde 1995 deutschlandweit als gesetzlicher Feiertag abgeschafft. Nur die eigensinnigen Sachsen wollten nicht darauf verzichten. Und so kommt es, dass auch 16 Jahre nach dem offiziellen Aus für den Buß- und Bettag am heutigen Mittwoch in Sachsen alle Räder still stehen.
Grundsätzlich klingt das für den sächsischen Arbeitnehmer gut, denn sie haben mitten im November einen Feiertag mehr als alle anderen deutschen Bürger. Auch wenn ihn im wenig religiösen Sachsen nur eine Minderheit im Gottesdienst verbringen wird – nur etwa 20 Prozent der Sachsen sind evangelisch, über 75 Prozent konfessionslos. Kein Wunder, dass die meisten den heutigen Tag besser nutzen: Ausschlafen, Faulenzen oder zum Shoppen in die Nachbarländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen fahren. Macht ja auch mehr Spaß als Büßen und Beten.
Natürlich können die sächsischen Arbeitnehmer mit ihrem freien Tag machen, was sie wollen, denn sie bezahlen sehr teuer dafür. Irgendwie muss der Feiertag ja finanziert werden. Deswegen zahlen sächsische Arbeitnehmer 0,5 Prozent ihres Bruttogehalts mehr an die Pflegeversicherung als der Rest des Landes. Das klingt zwar nach wenig, im Jahr läppert sich aber einiges zusammen: Durchschnittlich büßen Sachsen mit 120 Euro für einen Buß- und Bettag. Verdienen sie mehr als 2000 Euro brutto im Monat, zahlen sie noch höhere Abgaben. Ob sie das wollen, fragt keiner.
Deswegen gibt es auch Unmut in der schwarz-gelben Landesregierung. Während die CDU – ganz im Sinne ihres ehemaligen Landesvaters Kurt Biedenkopf – am Buß- und Bettag festhält, zweifelt die FDP an dessen Sinn. «Es ist ungerecht, dass sächsische Arbeitnehmer – ohne die Wahl zu haben – für den Feiertag mehr in die Pflegeversicherung zahlen müssen», sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Holger Zastrow zu news.de. «Denn die Kosten des zusätzlichen freien Tages überschreiten den Arbeitsverdienst eines Tages deutlich.» Der Arbeitnehmer macht also Verlust.
Sollte sich Sachsen dem Rest des Landes anpassen und den Buß- und Bettag ebenfalls aufgeben? In der CDU denkt man nicht daran. Der Fraktionsvorsitzende Steffen Flath sagt: «In Sachsen ist und bleibt der Buß- und Bettag ein gesetzlicher Feiertag. An dieser Regelung halten wir fest. Den gesetzlichen Feiertag abzuschaffen, steht nicht zur Disposition.» Und auch der Sprecher des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich sagt, dass es derzeit keinen Anlass gebe, die «seinerzeit sorgfältig getroffene Entscheidung zum Erhalt des Buß- und Bettages im Freistaat Sachsen» zu prüfen.
Schon einmal ist die FDP gescheitert
Nachdem die FDP im vergangenen Jahr einen erfolgslosen Versuch unternahm, den Feiertag abzuschaffen, hält sie sich nun mit konkreten Forderungen zurück. Es sei zwar ein erklärtes Ziel, die «Ungerechtigkeit für sächsische Arbeitnehmer abzuschaffen», in der laufenden Legislaturperiode sei eine Mehrheit für die Abschaffung des Buß- und Bettags aber nicht zu sehen, sagt Zastrow.
Der Buß- und Bettag ist ein evangelischer Feiertag. Christen sollen an diesem Tag in sich gehen und über ihr Handeln nachdenken. Dabei geht es nicht um Buße für begangene Sünden, sondern um eine Umkehr zu Gott durch ein Überdenken der eigenen Haltung. Der erstmals 1532 gefeierte Tag geht auf den Brauch zurück, in Notzeiten einen Bußgottesdienst abzuhalten, in dem Gott um Vergebung und Hilfe gebeten wird. Bis ins 19. Jahrhundert gab es in Deutschland verschiedene Landesbußtage, seit 1893 wird er einheitlich am Mittwoch nach dem Ewigkeitssonntag gefeiert.
1995 wurde der Feiertag abgeschafft, um die Mehrbelastung der Arbeitgeber durch die damals neu geschaffene Pflegeversicherung auszugleichen. Nur in drei Bundesländern regte sich Widerstand – ausgerechnet die katholischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (Sachsen), Erwin Teufel (Baden-Württemberg) und Edmund Stoiber (Bayern) wehrten sich gegen das Aus für den evangelischen Feiertag. Kurt Biedenkopf setzte sich tatsächlich mit einer Sonderregelung durch, von der bis heute hauptsächlich die Arbeitgeber profitieren, die Arbeitnehmer haben einen verregneten oder nebligen Mittwoch im November frei.
Die sächsische FDP hätte noch eine Alternative zur kompletten Abschaffung des zusätzlichen Feiertags – die Erfindung eines neuen. Der sollte laut Holger Zastrow dann allerdings besser «in die Urlaubsplanung passen» und sollte auch nicht religiös sein. Er schlägt den 17. Juni vor, als Gedenktag an den Volksaufstand in der DDR im Jahr 1953.
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Buß- und Bettag – Der letzte seiner Art
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