Der letzte Dreier – Teil 1

(Für alle, die jetzt hoffnungsvoll auf einen etwas anderen Text hoffen – das geht vor allem an Dich, Herr Stephan! – sei an dieser Stelle dezent auf die Kategorie hingewiesen!)

Lang, lang ist`s her, dass ich einen Unfall hatte (hier: *KLICK*) und lang, lang ist`s her, dass ich meine Diagnose bekam (hier: *KLICK*) und mich entschied, kein weiteres Risiko einzugehen. Es folgten Wochen und Monate, in denen es meinem Knie und mir nicht besser ging, als zuletzt (hier: *KLICK*) geschildert.

Die Zeit verging und ich gewöhnte mich an die frustrierenden Einschränkungen und den Schmerz, wie man sich eben an so etwas gewöhnt, nämlich gar nicht.
„Resignation“ ist wohl das Wort, mein Fühlen und Denken am besten zu beschreiben.
Bis ich eines Tages aufwachte und „Nein!“ sagte.
„Nein?“, fragte Herr L. verwundert.
„Nein“, wiederholte ich. Ist mir scheißegal, was die Ärzte sagen: Der beschissene Krankenhausarzt, der Chirurg Dr. Schnibbler, der Orthopäden-Wichser (ja, sie hat WICHSEER geschrieben!), die können mich alle mal! Ich bin noch jung, verdammt, das kann doch nicht bis an mein Lebensende so weitergehen!

Mal ernsthaft: Ich soll Sport machen, der meine Oberschenkelmuskeln trainiert, so dass mein Knie entlastet wird und mache das auch: Wann immer es geht, gehe ich auf den Crosstrainer, oft mit stützender Kniebandage, und strampel mir einen ab. Besserung? Null.

„Ich gehe jetzt zum Arzt!“, verkünde ich daher dem verdutzten Herrn L., der solche Spontangeschichten von seiner Süßen so gar nicht gewohnt ist. Ich bekomme selten einen Rappel, aber wenn, dann muss alles ganz zackig gehen!
15 Minuten später sitze ich im Wartezimmer meiner Hausärzte.

„Es wird nicht besser“, sage ich und bemühe mich, nicht allzu jammernd zu klingen.
„Ach je, Frau Logan, zeigen Sie mal her!“ Dieses bisschen Mitgefühl meines Hausarztes reicht schon aus, dass mir die Tränen in die Augen schießen.
Ich zeige das Knie und mein Hausarzt überlegt. Klickt sich nochmal durch meine Akte, macht „hm“ und „hmm“ und „hmpf“. Ratlosigkeit: Laut meiner Akte sollte es mir viel besser gehen, der Sport sollte sein Übriges tun. Die Schmerzen passen nicht ins Bild.
„Hm“, sagt mein Arzt noch einmal und druckt dann eine Liste aus. „hier, Frau Logan, eine Liste mit Sportorthopäden und orthopädischen Chirurgen. Suchen Sie sich einen aus und werden Sie da nochmal vorstellig.“

Gesagt, getan und nach drei Wochen üblicher Terminwartezeit mit jeder Menge Aktenzusammenholerei stehe ich vor der Praxis von Dr. Wunderarzt, einem Orthopäden, der auch operiert.

„Was kann ich für Sie tun, gute Frau?“, begrüßt mich Dr. Wunderarzt freundlich. Er wirkt wie fast alle Ärzte leicht gestresst, trotzdem ist sein Lächeln warm. Und: er schaut mich tatsächlich an! Ich habe ein gutes Gefühl.
„Kreubandriß“, erkläre ich knapp. „Vor anderthalb Jahren athroskopiert, keine Plastik, weil noch über die Hälfte erhalten ist. Ich soll Sport machen zur Stärkung der Oberschenkelmuskulatur und mache das auch, aber es wird nicht besser. Kann mich nicht hinknien. Nach Stop-and-Go-Bewegungen tut das Knie sofort wieder tagelang weh. Abends ist es oft dick und tut weh, vor allem, wenn ich gerannt bin oder zu lange gestanden habe. Nichts wird besser.“ Wieder muss ich mir heimlich eine Träne abwischen. Verdammt, das nimmt mich mehr mit, als ich gedacht hatte.
Dr. Wunderarzt klickt sich durch meine Akte: Befunde, OP-Bericht, Röntgenbilder, MRT. Macht „hm“.
Möchte sich das Knie anschauen.

Ich weiß nicht warum, aber ich bin nervös.
Ich lupfe mich aus der Hose und erkläre schwach: „Das andere Knie habe ich auch gleich mitgebracht, damit Sie was zum vergleichen haben.“
Der Arzt ist so nett und lacht.
Ich klettere auf die Liege, mache mich lang. Dr. Wunderarzt nimmt mein Bein und sofort spanne ich mich an. Ruhig, Molly!
Doch als der Arzt mein Knie beugen will, ist es vorbei mit der künstlichen Gelassenheit: Bis hierhin und nicht weiter!

Ich mache mich schon auf einen Anschiß gefasst, aber der nette Arzt nickt nur. „Keine Sorge, ist schon gut. Ich verstehe, dass Sie da traumatisiert sind. Sie können sich auch schon wieder anziehen.“
Ohne viel Umschweife erklärt er mir, dass er einen Verdacht habe, den aber gerne durch ein erneutes MRT abgesichert sehen würde, bevor er weiter mit mir redet. Ich nicke. Immerhin etwas.

„Wie war denn übrigens die Physoitherapie, wie hat die Ihnen denn geholfen?“, möchte er dann noch wissen.
Ich zögere. „Nun, ich war 6 mal da und das war super, ein Unterschied wie Tag und Nacht, aber das hat nicht lange angehalten und danach wurde es nach und nach wieder genaus so wie vorher …“
Dr. Wunderarzt wiegt den Kopf hin und her. „Nach 6 Physio-Verordnungen sollte das aber eigentlich sowas von gut sein!“
Ich schüttele den Kopf. „Nicht 6 Verordnungen – ich war insgesamt 6 Mal da! Also zu 6 Terminen!“
„Was???“ Dr. Wunderarzt starrt mich entsetzt an. „Nur 6 Mal? Nach einem Kreuzbandriß? Das meinen Sie doch wohl nicht ernst?“
Schüchtern ziehe ich den Kopf ein. „Mein Orthopäde hat sich geweigert, mir überhaupt Physio aufzuschreiben und dann …“
Und so erzähle ich dem netten Arzt nach und nach die ganze Geschichte. Sein Gesicht wird immer röter und an seiner Stirn beginnt eine Ader zu pochen. Als ich fertig mit meinem Bericht bin, steht er vor mir und ist fassungslos.
Und wütend.
Dann holt er tief Luft und die Schimpftirade, die dann in Bezug auf seine „Kollegen“ erfolgt, ist wie Balsam für meine Seele.
„Sie sind von Anfang an im Stich gelassen und völlig falsch behandelt worden“, sagt er schließlich. Er schaut mir ernst in die Augen und fährt fort: „Jetzt warten wir erstmal die neuen Bilder des MRT ab und dann sehen wir weiter. Ich möchte aber, dass Sie wissen, Faru Logan, dass wir das schaffen werden. Egal, was die Bilder zeigen, wir werden uns da etwas einfallen lassen!“

Als ich die Praxis verlassen habe und im Auto sitze, lasse ich die Tränen ungehindert fließen. Selbst, wenn nichts dabei herumkommen sollte, endlich mal von einem Arzt Mitgefühl zu bekommen, angehört zu werden und ernst genommen, ist so ein unglaublich tolles Gefühl, dass ich mir schwöre, mich nie wieder so mies behandeln zu lassen.
Dann greife ich zum Handy und rufe die nächstgelegene Radiologie an.

To be continued …


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