Der Krieg gegen den Terror und den Rest der Welt

Seit Tagen wird an den 11. September erinnert, aber ich kann nicht umhin auch einige Gedanken dazu online zu stellen, quasi als Wort zum Sonntag. Jetzt ist es also 10 Jahre her, dass in den USA annähernd zeitgleich vier Flugzeuge entführt und damit nationale Symbole zerstört (und sehr viele Menschen getötet) wurden, um damit das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen der größten und mächtigsten Nation dieser Erde zu erschüttern. Ganz gleich, wer am Ende wirklich hinter diesen Anschlägen steckt und warum sie ausgeführt wurden, sie haben gezeigt, dass man mit vergleichsweise einfachen Mitteln ziemlich viel anrichten kann, wenn man es darauf anlegt. In der Folge sind sehr viele ebenfalls sehr hässliche Dinge passiert, die zusätzlich sehr vielen Menschen das Leben gekostet haben – und noch kosten. Noch ein Irak-Krieg, der bekanntermaßen wegen eines erfunden Biowaffenprogramms von Saddam Hussein vom Zaun gebrochen wurde (heute wird nur noch darüber gestritten ob der damalige US-Außenminister Colin Powell vorsätzlich gelogen hat oder nur „falsch informiert war“), überhaupt wurde ein weltweiter „Krieg gegen den Terror“ erklärt, in dem jedes, aber auch jedes Mittel recht ist. So ziemlich jedes Menschenrecht darf inzwischen gebrochen werden, wenn es nur der Sache dient.

Und doch ist dieser „Krieg gegen den Terror“ – der in Wahrheit ein Krieg der Besitzenden gegen den Rest der Welt ist, nicht zu gewinnen – es gibt keine klaren Fronten und zu viele verschiedene Interessen. Davon abgesehen, ist es nicht möglich weltweit jeden Menschen, der sich eigenartig verhält, zu identifizieren, zu überwachen und vor allem rechtzeitig unschädlich zu machen, egal wie sehr man die Rechte aller auch einschränkt. Je mehr Daten gesammelt werden, desto mehr Information geht im allgemeinen Rauschen unter. In Norwegen hat sich gerade erst gezeigt, was ein hochmotivierter Einzeltäter vermag. Durch technologische Hochrüstung ist ein Krieg gegen den Terror nicht zu gewinnen, im Gegenteil.

Je weiter die Staaten aufrüsten, je stärker sie ihre Einwohner und erst recht Fremde überwachen, desto mehr Gründe liefern sie den Leuten, sich zu wehren und dagegen aufzubegehren. In Großbritannien gibt es so viele Überwachungskameras wie nirgends sonst auf der Welt. In London gibt es kaum einen Winkel, der nicht videoüberwacht wird. Das hat wütende Jugendliche bekanntlich nicht davon abgehalten, Läden zu plündern und anzuzünden. Die haben in aller Seelenruhe vor laufenden Kameras Großbildfernseher aus den Geschäften geschleppt und sich dann auch noch gegenseitige beklaut.

Natürlich ist das kein Terror im eigentlichen Sinne; wütende Leute sind keine Terroristen. Auch wenn die britische Justiz die zumeist jungen Randalierer nun in Schnellverfahren mit hohen Strafen in die Nähe von Terroristen rückt. Damit zeigt sich aber, dass der permanent herbeigeredete Kriegszustand der Oberterrorbekämpfer in den westlichen Regierungen (neben den spürbaren Verschlechterungen der Lebenssituation durch immer neue Wirtschaftskrisen) für einen gefühlten kalten Kriegszustand sorgt, der allgegenwärtig ist und auch schnell mal in eine heiße Straßenschlacht umschlagen kann. Oder in planlose Sachbeschädigung, wie das in Berlin der Fall ist. In diesem Jahr wurden bereits über 500 Autos angezündet – und wie sich bei den zuletzt Festgenommenen zeigt, sind das keine „politischen“ Brandstifter, sondern dumme junge Menschen, die mal ausprobieren wollten, ob es wirklich so einfach ist, ein Auto in Brand zu setzen (und das Ganze als ultimatives Beweismittel für ihre Dummheit auch noch mit dem Handy gefilmt haben). Die eigentlichen Brandstifter sitzen in den Talkshows und fordern mehr Polizei, mehr Überwachung und härtere Strafen.

Auch bei dieser Art „Krieg“ gibt es es keine klaren Fronten mehr: Es ist nicht so, dass die (noch immer) unterdrückte Arbeiterklasse gegen ihre Ausbeuter kämpft – sicher spielt eine Rolle, dass es gerade in den britischen Großstädten inzwischen wirklich schwer ist, seinen Lebensunterhalt zusammenzuschaffen. Bei den Plünderern in Großbritannien waren aber neben armen Arbeitslosen auch Wohlstandskinder beteiligt, die Sachen geklaut haben, die ihnen auch ihre Eltern gekauft hätten. Es ging eher um den Kick, um den Kitzel. Mal Dampf ablassen – es ist ja nun keineswegs so, dass das Leben in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft das reine Zuckerschlecken ist. Spaß macht es nur sehr bedingt, wenn man hart arbeitet (vor allem an sich selbst) und auch noch ein bisschen Glück hat. Auch in Deutschland rekrutieren sich die gewaltbereiten Autonomen nicht aus Unterschichtfamilien. Im Gegenteil, das sind oft die Kinder aus besseren und guten Verhältnissen, die aufbegehren. Nicht, weil sie in der bürgerlichen Gesellschaft sonst keine Chance hätten, sondern weil einfach keinen Bock darauf haben. In der gewaltbereiten Naziszene dagegen finden sich vermutlich tatsächlicher eher die Verlierer, die sonst keinen Grund haben, sich überlegen zu fühlen. Aber weil sie doch immerhin Deutsche (oder in anderen Ländern halt Norweger, Amerikaner, Russen oder sonst was) sind, und bereit an diesen Rassenschwachsinn zu glauben, stellt sich dann doch ein Überlegenheitsgefühl ein.

Wo wir bei Überlegenheitsgefühles sind: Alle Terroristen halten sich für Auserwählte. Sie sehen sich als Märtyrer, die einer große Sache dienen. Ob sie nun bei der RAF waren und den deutschen Proleten die Revolution bringen wollten oder nun bei al-Quaida oder einem anderen Rassisten-Verein sind und ihre kruden Vorstellungen von einer besseren Welt herbeibomben wollen. Ja, die Terror-Brüder, die man unter dem Begriff al-Quaida zusammenfasst, sind auch Rassisten. Die haben etwas gegen Ungläubige und die westliche Lebensart. Und obwohl ich eine prinzipielle Abneigung gegen den Kapitalismus verstehen kann, so habe ich doch keine Sympathie für Rassismus, religiösen Wahn oder sonstige Dummheiten. Religion ist und bleibt Opium fürs Volk. Das gilt nicht nur fürs Christentum, sondern auch für den Islam. Und für dieses ganze östliche Zeug, das nun in bestimmten Kreisen modern ist. Immer geht es um das nächste Leben oder das Jenseits, nie aber darum, die Lebensumstände in dieser Welt nachhaltig menschenfreundlich zu gestalten. Meinetwegen sollen Leute religiös sein, wenn es sie davon abhält, gemein zu ihren Mitmenschen zu sein. Aber wenn sie meinen, dass sie deswegen bessere Menschen wären, sollen sie sich zum Teufel scheren. Gibt es so etwas im Islam eigentlich? Wurscht. Sie sollen zur Hölle gehen. Und zwar ohne Sprengstoffgürtel und allein.

Um auf Nein-Ileven zurück zu kommen: Mir ist inzwischen komplett egal, ob es sich um eine abgefeimte Verschwörung irgendwelcher einflussreichen Arschlochkreise aus den USA selbst oder um einen Anschlag arabisch-islamischer Terroristen gehandelt hat. Möglich ist beides. Vielleicht war es auch noch ganz anders – aber was ändert es? Ich will weder von durchgeknallten Islamisten umgebracht werden, noch von der CIA. Und auch nicht von irgendwelchen Nazis. Oder von wem auch immer, der Marktplatz der Verschwörungstheorien ist reich bestückt, wie von jedem anderen Unsinn auch gibt es davon mehr als genug.

Wovon ich allerdings überzeugt bin, ist, dass sich die Welt seit jenem Anschlag nicht zu ihrem Vorteil gewandelt hat. Mehr Kriege, mehr Krisen, mehr Elend, mehr Leid – wenn das die Absicht war, die die Drahtzieher verfolgt haben, so muss man widerwillig anerkennen, dass sie durchschlagenden Erfolg hatten.



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