Der Krieg gegen den Terror ist mit Bomben nicht zu gewinnen

Echt jetzt, die US-Geheimdienste haben die Gefahr durch Dschihadisten falsch eingeschätzt? Das ist doch nichts Neues – das tun sie eigentlich schon immer, mindestens seit den 50er Jahren der vergangenen Jahrhunderts. Iran, Afghanistan, Irak… jetzt eben auch in Syrien. Nicht zu vergessen, das Chaos, das in Libyen herrscht, seit der vielleicht etwas durchgeknallte, aber keinesfalls radikal-islamistische Gaddafi mit viel Aufwand weggebombt wurde. (Hier gibt es immerhin die gute Nachricht, dass Wintershall seit ein paar Tagen wieder Öl fördert!)

Hat die Anti-IS-Koalition eigentlich einen Plan, was passieren soll, wenn es in Syrien und im Irak nichts mehr zu bombardieren gibt? Meine Befürchtung ist, dass die Leute dort am Ende nicht nur vom IS, sondern von der Anti-IS-Koalition und von demokratischen Ländern der westlichen Welt überhaupt die Nase voll haben werden, denen sie ihr Elend erst verdanken: Erst haben sie die Gotteskrieger als Freiheitskämpfer mit Waffen ausgerüstet – und dabei nicht mal mitbekommen, dass “Freiheit” für sie nicht als Marktwirtschaft und Demokratie übersetzt wird, sondern mit Koranschule und Scharia. Vielleicht sollten die Amis mal anfangen, arabisch zu lernen.

Und jetzt wird die verbliebene Bevölkerung gleich doppelt terrorisiert – von den Scharia-Schergen, die Frauen versklaven und Journalisten die Köpfe abschneiden und von der Anti-IS-Allianz, deren Bomben ja nicht nur Stellungen der IS-Krieger, sondern auch lebensnotwendige Infrastruktur zerstören. Das wiederum spielt den Islamisten in die Hände, die sich dann vor Ort als Retter in der Not aufspielen können – während der Westen mit den verzweifelte Flüchtlingen nichts zu tun haben will und lieber Bomber statt Lebensmittel und Baumaterial schickt.

Interessant auch, dass der IS zwar eine mittelalterliche Weltsicht vertritt, andererseits aber sehr versiert in der Nutzung sozialer Medien für seine Propaganda ist – er spricht junge Menschen auf den Plattformen an, auf denen sie sich gern rumtreiben – Facebook, Twitter, Youtube und so weiter. Interessierte können den IS-Kämpfern bei ihren Einsätzen folgen und bekommen die aktuellen Ereignisse von der Front in ihre Social-Media-Accounts geliefert. Es ist mir persönlich zwar trotzdem ein Rätsel, wie man auf so etwas abfahren kann, aber offensichtlich gibt es eine Menge gelangweilter und frustrierter junger Menschen auf der Welt, die sich davon angesprochen fühlen und ihrem Leben auf diese Weise einen Sinn geben möchten: Mit Gleichgesinnten gegen diese westliche Scheißgesellschaft kämpfen, in der sie keine Chance bekommen haben. Ballerspiele nicht nur in 3D, sondern in RL – wissen die am Ende gar nicht, dass man da nur ein Leben hat?

Zynisch könnte man jetzt sagen, dann ist ja gut, dass die nach Syrien gehen, um dort zu kämpfen und sich nicht in London, Paris oder Berlin den Bombengürtel umschnallen. Aber die IS-Jungs haben ja schon gedroht, dass das dann der nächste Schritt sein wird. Keine schönen Aussichten. Der Krieg gegen den Terror ist mit Bomben nicht zu gewinnen – aber bis die US-Regierung das endlich kapiert, wird es weltweit noch eine Menge Tote geben.



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