Ernst Toller singt “Deutschland, Deutschland über alles” und freut sich, dass der Kaiser beteuert, keine Parteien mehr zu kennen. Der 19-Jährige Hans Blocher beklagt sich bei seinem Vater, dass er mangels Muskelmasse nicht als Freiwilliger zum Kriegsdienst zugelassen wird. Für unsere Ausstellung “Krieg! Juden zwischen den Fronten 1914-18″ haben Sprecher private Briefe und Feldpost vertont, die die kollektive Euphorie zum Kriegsbeginn dokumentieren.
Führende Vertreter jüdischer Organisationen riefen mit Kriegsbeginn 1914 ihre Mitglieder zu bedingungslosem Patriotismus und persönlichem Einsatz für das Deutsche Kaiserreich auf. Endlich schien die Gelegenheit gekommen, ihre Zugehörigkeit zum deutschen Volk unter Beweis zu stellen.
Gleichzeitig herrschte die Sorge vor, dass deutschen Jüdinnen und Juden infolge des im Kaiserreich erstarkten Antisemitismus ihre patriotische Unterstützung für das Deutsche Reich in Abrede gestellt werden könnte. Viele sahen auch den Krieg gegen Russland als unabdingbare Notwendigkeit, um so der Unterdrückung der osteuropäischen Juden durch den Zaren entgegenzuwirken. Gleichwohl gab es in den ersten Kriegswochen auch kritische Stimmen auf jüdischer Seite, insbesondere bei den Intellektuellen. Innerhalb dieser Spannungsfelder – zwischen Patriotismus, Loyalitätsdruck und Skepsis – bewegten sich die jüdischen Positionen im August 1914.
Deutsche Juden ließen sich genau wie der Großteil Deutschlands von der Kriegseuphorie anstecken und zogen in deutschen Uniformen an die Front.
Die Wechselausstellung “Krieg! Juden zwischen den Fronten 1914-1918″
ist noch bis zum 22. Februar 2015 im Jüdischen Museum München zu sehen.
Bild: „Wer will unter die Soldaten!” Brettspiel von L. Kleefeld & Co, Fürth, um 1915 © Sammlung Rudolf Rühle, Bonn. Foto: Franz Kimmel