Als polnische Jüdin hat Emma schon sehr schnell lernen müssen, sich unscheinbar zu geben und versteckt zu halten. Denn seitdem ihr Mann Jakub sie eines Morgens verlassen hat um sich dem Wiederstand anzuschließen und für sein Volk zu kämpfen, war Emma auf sich alleine gestellt. Ihre Eltern waren von den Nazis in ein Ghetto umgesiedelt worden, also beschloss die junge Frau, zu ihrer Familie zu gehen. Sie wusste, es war gefährlich und wahnsinnig, doch ein anderer Ausweg fiel ihr nicht ein.
Nachdem Emma mit Hilfe des Wiederstands aus dem Ghetto entkommen war, nahm Jakubs Tante sie bei sich auf. Die alte Frau war Christin und so gaben sie Emma ebenfalls als Frau dieses Glaubens aus. Es benötigte gefälschte Papiere und viel anderen Aufwand, bis Emma als Anna in die Öffentlichkeit treten konnte und so auch gleich eine Arbeit bei einem hochrangigen Nazioffizier bekam, der schon bei ihrer ersten Begegnung eine unglaubliche Anziehungskraft auf Emma ausübte. Und auch der Deutsche schien sehr von Emma angezogen zu sein, wie seine Einladungen und Handlungen der jungen Frau zu verstehen gaben. Doch Emma war ein jüdischer Spitzel umzingelt von Nazis und schon der kleinste Fehler, würde sie auffliegen lassen, womit sie ihr Leben verwirkt hätte.
Wenn man den Feind liebt
Geschichten aus dem zweiten Weltkrieg sind besonders grausam, da vor allem der Antisemitismus zu der Zeit schrecklich war. Judenhass gab es aber schon viele Jahrhunderte früher in der Geschichte, doch Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts nahm das Ganze eine ungeahnte Größe an, die noch heute unbegreiflich erscheint. Während des Kriegs wussten jedoch die meisten Menschen gar nicht, was wirklich mit den Juden, Schwarzen oder körperlich und geistig behinderten Menschen geschah. Es wurde so viel vertuscht, dass man erst im Nachhinein Schritt für Schritt das Ausmaß dieser Grausamkeiten realisierte.
Und genauso ist dieser Roman aufgebaut. Man verfolgt die Geschichte als die Jüdin Emma, die anfangs keine Ahnung hatte, welche Jagd auf ihr Volk gemacht wurde, bis sie ins Ghetto ging und ihr die Realität entgegengeschlagen ist. Zugleich bekommt man als Leser so, auch wenn man es eigentlich schon weiß, die schrecklichen Dinge portionsweise serviert. Die Story besteht jedoch nicht nur aus einer fortwährend nervenaufreibenden Spannung, sondern besonders das Verhältnis zwischen dem deutschen Kommandanten und Emma, die ja eigentlich verheiratet ist und ihren Mann liebt, ist überaus interessant.
Auch wenn die ersten Seiten eher Ereignislos vonstattengehen, da die Autorin Pam Jenoff den Leser erst einmal in Emmas Vorgeschichte führt, denkt man keine Sekunde daran, dass diese Zeilen nur für eine gewisse Länge im Buch sorgen sollen. Ich selbst habe mich ein wenig durchkämpfen müssen, auch wenn es wirklich nicht uninteressant war. Jedoch begann die eigentliche Geschichte erst viele Seiten später, aber man wird es keinesfalls bereuen, so weit gelesen zu haben.
Fazit
Das Buch fesselt zwar nur an bestimmten Stellen, besonders am Schluss gibt es kaum eine Chance den Roman wegzulegen, und doch will man auch schon am Anfang immer wieder weiterlesen, um mehr über Emma und ihr Leben als Jüdin in einem von Nazis besetzten Polen erfahren. Ich habe, wie auch Emma selbst, mehr als Sympathie für den Feind und Zorn für den Freund empfunden und genau das macht diesen Roman einzigartig. Denn wenn es ein Autor schafft, einen Menschen liebenswert erscheinen zu lassen, der schreckliche Dinge getan hat, dann ist das wirklich hohe Kunst. Ich bin begeistert von diesem Buch und freue mich sehr auf den nächsten Roman der Autorin.
Irie Rasta Sistren dankt MIRA Taschenbuch herzlichst für die Bereitstellung dieses Buchs.