„Im Stamm der Lakota war jeder gern bereit, Kinder zu betreuen. Ein Kind gehörte nicht nur einer bestimmten Familie an, sondern der großen Gemeinschaft der Sippe - sobald es gehen konnte, war es im ganzen Lager daheim, denn jeder fühlte sich an sein Verwandter. Meine Mutter erzählte mir, dass ich als Kind oft von Zelt zu Zelt getragen wurde und sie mich an manchen Tagen nur hie und da zu Gesicht bekam. Niemals sprachen meine Eltern oder Verwandten ein unfreundliches Wort zu mir, und niemals schalten sie mich, wenn ich etwas Falsches getan hatte. Ein Kind zu schlagen, war für einen Lakota eine unvorstellbare Grausamkeit.“
Luther Standing Bear
Ihr Lieben,heute möchte ich Euch eine Geschichte aus der Bibel, 2.Könige 2,23-25 erzählen:
„Und der weise Mann Elisa wanderte von dort hinauf nach Bethel, das auf einer Anhöhe lag. Als er nun den Weg hinauf wanderte, kamen kleine Jungen aus der Stadt heraus und verspotteten ihn und riefen zu ihm: Glatzkopf! Glatzkopf! Fang uns doch! Fang uns doch!
Der weise Mann aber wurde sehr ärgerlich, schaute sie an und verfluchte sie im Namen Gottes. Da kamen zwei Bärinnen aus dem Wald und zerrissen 42 der Kinder.“
Ihr Lieben,
als ich das erste Mal diese Geschichte las, war ich fassungslos, denn das, was die Kinder taten, und das, was als "Strafe" folgte, stand in keinem begreifbaren Verhältnis zueinander.
Wahrscheinlich werde ich niemals ganz verstehen können, warum ein kluger weiser Mann sich so aufregen kann, wenn Andere über seine Schwächen spotten!
Der Elisa in unserer Geschichte hatte zwei Schwächen:
Er hatte nur dünne schüttere Haare, was damals ein großer Makel war, denn geachtet wurden damals vor allem Männer mit langem vollem Haupthaar, und er war nicht sehr gut zu Fuß, schnell laufen konnte er nicht.
Mir geht es ähnlich, ich habe eine Glatze und schnell laufen ist auch nur bedingt drin.
Ich würde in einer ähnlichen Situation allerdings völlig anders reagieren als Elisa:
In unserer Straße begrüßen mich die Kinder mit „Opa Forneberg“ und wenn nun eines der Kinder auf die Idee käme, zu rufen: „Glatzkopf, fang mich doch!“, dann würde ich wahrscheinlich darüber herzhaft schmunzeln.
Wir gehen dann am besten mit unseren Schwächen um, wenn wir sie nicht so ernst nehmen.
Niemals darf es aber so weit kommen, dass wir anderen Menschen die Möglichkeit bieten, uns mit unseren Schwächen zu ärgern oder zu beleidigen.
Elisa hat in unserer Geschichte völlig unangemessen reagiert und zwar in einer Weise, die wir heute weder nachvollziehen, noch überhaupt begreifen können.
Und dennoch mag ich diese Geschichte ausder Bibel, weil sie uns klar zeigt, das auch weise Männer nicht immer richtig handeln, dass auch sie Menschen sind, die Fehler machen und ihre Empfindsamkeiten haben.
Wer nun aber glaubt, dass Gott hinter diesem schrecklichen Unglück steckt, bei dem 42 Kinder umgekommen sind, liegt völlig falsch. Für das Leid auf dieser Welt sind wir Menschen verantwortlich, entweder indem wir das Leid anrichten oder indem wir es zulassen.
Wer nun fragt, wie diese Geschichte zustande gekommen ist, dem kann ich darauf antworten:
Zu der damaligen Zeit (1200 vor Christi) wurden Geschichten vor allen mündlich weitererzählt und da gab es die Erinnerung, dass bei einem schrecklichen Unfall, bei dem Bären Kinder angegriffen haben, 42 Kinder umgekommen sind. Die Menschen konnten sich damals nur vorstellen, dass ein solch großes Unglück von Gott geschickt worden sei.
Um aber noch einmal auf den Inhalt der Geschichte zurückzukommen:
Fangt an, Eure Schwächen lieben, sie gehören zu Euch.
Fangt an, Eure Schwächen zu akzeptieren und über sie zu lächeln.
Fangt an, zu begreifen, dass Ihr auch große Stärken und Talente habt.
Fangt an, zu begreifen: Die Schwächen und die Stärken gehören zu Euch wie der Schatten und die Sonne zum Leben.
Ich wünsche Euch einen fröhlichen Nachmittag und grüße Euch ganz herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher, seine eigenen Schwächen belächelnder Werner
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt