Derzeit werden Monatshygieneartikel in vielen Ländern der Welt ungerechtfertigt als „Luxusprodukte“ bzw. nicht in die Kategorie der „notwendigen“ und somit steuerlich begünstigten Produkte wie Lebensmittel eingereiht – so auch in Deutschland und Österreich. Bereits 2016 startete die erdbeerwoche aus diesem Grund eine Kampagne zur Senkung der Tamponsteuer und forderte in einem offenen Brief an den österreichischen Finanzminister eine Senkung bzw. Abschaffung der ungerechtfertigt hohen Steuer auf Monatshygiene in Österreich. (Nachzulesen unter: https://meineregelmeinplanet.wordpress.com/2016/03/29/tampontax-was-david-cameron-mit-tampons-am-hut-hat/) Seitdem hat sich weltweit einiges getan rund um die heiß diskutierte #TamponTax.
Allgemeine Fakten zu Menstruation und Monatshygiene
Grob geschätzt menstruiert jede Frau in ihrem Leben durchschnittlich rund 500 Mal und verbraucht dabei zwischen 10.000 und 17.000 Tampons oder Binden. Das geht nicht nur auf Kosten der Umwelt, sondern auch auf Kosten des weiblichen Geldbeutels. Frau gibt nämlich im Schnitt zwischen 1200€ und 5000€ in ihrem gesamten Leben für Monatshygiene aus. Ausgaben für Verhütung, Schmerzmittel bzw. Arztbesuche aufgrund von Menstruationsbeschwerden etc. sind hier noch nicht mit einberechnet. Viele Frauen – vor allem in ärmeren Ländern – können sich das nicht oder nur schwer leisten. Noch dazu verdienen Frauen europaweit im Durchschnitt weniger als ihre männlichen Kollegen.
Die TamponTax in der EU
In Österreich und der Slowakei werden Hygieneprodukte mit 20% besteuert, in Deutschland mit 19%. Ein Kuriosum, da z.B. Kaviar nur mit 7% besteuert ist.
Auch in der Schweiz werden Tampons & Co. als Luxusgüter klassifiziert. In Zürich[1] wurden als Protest im Oktober letzten Jahres 13 Brunnen mit roter Lebensmittelfarbe versetzt. Es wird nach wie vor ein Diskurs über den gesellschaftlichen Umgang mit dem weiblichen Körper gefordert.
Das Schlusslicht in der EU in Sachen Tamponsteuer bildet mit sagenhaften 27% gegenwärtig Ungarn. Dänemark, Schweden und Norwegen liegen mit 25% knapp dahinter. Schlechte Nachrichten gibt es auch in Griechenland: dort wurde die Steuer sogar von 13 auf 23% angehoben.[2]
Es gibt jedoch Hoffnung: In Frankreich wurde die Steuer auf Monatshygiene im Dezember 2015 von 20% auf 5,5% reduziert. Weiter kann die Steuer in der EU kaum herabgesetzt werden, da Hygieneartikel laut EU-Gesetzgebung mit 5% besteuert werden müssen. Das heißt, dass es dringend auch einer Änderung auf EU-Ebene bedarf! Das Problem daran ist, dass jede Änderung des Gesetzes einen Vorschlag der Europäischen Kommission und die Unterstützung aller 28 Mitgliedsstaaten erfordert.
Irland ist eine Ausnahme in der EU. Dort müssen keine Abgaben gezahlt werden, da diese Erleichterung vor der EU-Regelung eingeführt wurde. Großbritannien wollte bereits vor der Brexit-Abstimmung die 5%-Steuer aufheben und Hygieneartikel damit als „notwendiges Produkt“ einstufen. Der Vorschlag scheiterte 2015 mit der Begründung, dass das Mehrwertsteuersystem innerhalb der EU-Gesetzgebung sehr kompliziert sei.
Die USA
In der USA[3] besteuern die meisten Staaten alle „greifbaren persönlichen Eigentümer“ mit der sogenannten Sales Tax, die zwischen 2,9 und 7,5 Prozent liegt. Darunter fallen auch Tampons & Co. Ausnahmen werden nur für auserwählte „Notwendigkeiten“ (= nicht-Luxusartikel) wie z.B. Lebensmittel, medizinische Einkäufe, Kleidung gemacht. Die Listen dieser Ausnahmen variieren von Staat zu Staat. Außerdem können lokale Regierungen zusätzliche Steuern erlassen.
Eine amerikanische Ökonomin sagte dazu: „It’s not that we are proactively taxing tampons. It’s that we tax everything. And tampons are just something that we tax.“[4]
Keine Steuer auf Tampons haben derzeit Maryland, Massachusetts, Minnesota, New Jersey, Pennsylvania, New York, Connecticut, Illinois. 2017 sollen die Staaten Arizona, Kalifornien, Colorado, Florida, Maine, Michigan, Missouri, Ohio, Oklahoma, Rhode Island, Tennessee, Texas, Utah, Virginia und Vermont folgen. 5 Bundesstaaten (Alaska, Delaware, Montana, New Hampshire, Oregon) haben generell keine bzw. fast keine Mehrwertsteuer[5].
Aber wie wird sich diese Politik in der Ära des neuen Präsidenten Donald Trump entwickeln? Bekannt wurde vor allem sein Kommentar zu Megyn Kelly. Die Moderatorin hatte Trump im Vorwahlkampf kritische Fragen gestellt, woraufhin sich dieser angegriffen fühlte und mit folgender Aussage konterte: „Da tropfte Blut aus ihren Augen, Blut aus ihrer Wo-auch-immer.“[6] Außerdem beendete er – innerhalb der ersten Tage im Amt – die staatlichen Zuschüsse für Organisationen, die im Ausland Abtreibungsberatungen anbieten. [7]
Trotz alledem oder vielleicht gerade deshalb gibt es momentan einige Bewegungen in der USA.
Im März 2016 haben fünf Frauen eine Klage gegen das New York State Department für Steuern und Finanzen eingereicht. Die Kläger (Margo Seibert, Jennifer Moore, Catherine O’Neil, Natalie Brasington, and Taja-Nia Henderson[8]) behaupten, dass die staatliche Besteuerung von Tampons und anderen Hygieneprodukten gegen die Gleichbehandlungsklauseln der USA und der New Yorker Staatskonstitutionen verstößt. Viagra ist z.B. als „medizinische Notwendigkeit“ freigestellt.
Die Stadt New York ging in weiterer Folge mit gutem Beispiel voran und wurde zur ersten Stadt der USA, die ein Programm zur kostenlosen Abgabe von Hygieneprodukten einführte. 2016 unterzeichnete der Bürgermeister Bill de Blasio die Gesetzgebung, um Tampons und Binden gratis an öffentlichen Schulen für 300.000 Mädchen, in Herbergen für 23.000 Frauen und Gefängnissen verfügbar zu machen. Der Gesetzentwurf war mit einer einstimmigen Abstimmung durch den Stadtrat im Juni verabschiedet worden, nachdem Ratsmitglied und Budgetverantwortliche Julissa Ferreras-Copeland Anfang des Jahres den Vorschlag eingebracht hatte. Bill de Blasio sagt: “These laws recognize that feminine hygiene products are a necessity ― not a luxury.”[9] Die Kosten für die Stadt zur Umsetzung der Gesetzgebung werden sich auf rund $ 4,2 Millionen für das erste Jahr belaufen [10]. Danach sollen sie auf etwa $ 1,9 Millionen jährlich fallen. Die erdbeerwoche durfte im September mit Julissa Ferreras-Copeland über das Thema TampoTax diskutieren.
Die erdbeerwoche bei ihrem New York Besuch bei Julissa Ferreras-Copeland
Kalifornien und Illinois haben ebenso Gesetzesentwürfe vorgelegt, um diese in öffentlichen Schulen zugänglich zu machen. Connecticut will Tampons und Binden in allen Schulen, Obdachlosenheimen und Gefängnissen gratis zur Verfügung stellen. Außerdem wurde im Jänner 2017 in Los Angeles County eine Verordnung verabschiedet, die freien Zugang zu Hygieneprodukten in allen Haftzentren für Jugendliche verlangt.
Ex-Präsident Obama[11] sagte Anfang 2016 in einem YouTube-Interview, dass der einzige Grund dieser Steuern sei, dass ausschließlich Männer im Ausschuss saßen als das Gesetz verabschiedet wurde.
Plattformen wie z.B. change.org und Aktivistinnen (Jennifer Weiss-Wolf [12] & Co.) setzen sich aktiv mit Hilfe von Petitionen, Protesten und öffentlicher Aufklärung für ein Ende der Steuer ein.
Vor kurzem kündigte sogar eine Republikanerin im US-Kongress ihren Menstrual Equity for All Act of 2017 an. Der Gesetzesentwurf, der bereits von vielen DemokratInnen unterstützt wird, enthält fünf wichtige Vorschläge, wie man die Menstruation erschwinglicher machen kann.[13]
Rest der Welt
Keine Tampon-Steuer gibt es in Kanada (seit 2015), Jamaica, Nigeria, Tansania, Nicaragua, Libanon und Kenia. Bereits 2011 wurde in Kenia im Parlament das Aus der Steuer beschlossen, um die Lebensbedingungen der weiblichen Bevölkerung zu verbessern bzw. jungen Frauen den regelmäßigen Schulbesuch zu ermöglichen.
Österreich
In Österreich bewegt sich nach der Kampagne der erdbeerwoche nun ebenfalls endlich etwas auf politischer Ebene. So fordert aktuell die SPÖ, dass Frauenhygieneprodukte wie Grundversorgungsprodukte eingestuft werden und den entsprechenden Steuersatz von 10% annehmen sollen. Bereits 2016 wurde diese Forderung in Wien (angestoßen durch die SPÖ Wien Landstraße) und Niederösterreich (angestoßen durch die NÖ Landesfrauen) beim Landesparteitag einstimmig angenommen. In weiterer Folge ist geplant, das Thema auf Bundesebene zu heben.
Unsere Forderung
Wir von der erdbeerwoche fordern die österreichische Regierung nach wie vor auf, Tampons und Binden endlich fair zu besteuern. Insbesondere nachhaltige Produkte wie Biotampons oder -binden sollten steuerlich begünstigt werden, da diese gesundheitliche und ökologische Vorteile mit sich bringen, die wiederum dem Staat zu Gute kommen.