Der Kahn, der Kannibale und der Karibe

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Als Kolumbus nach 36 Tagen Fahrt auf der Bahamas-Insel "Guanahini" an Land ging, wurde er von verspielten und vollkommen nackten Menschen herzlich begrüsst. Er nannte sie naiv, weil sie "jedem anbieten, ihre Güter zu teilen". Er konnte sich nicht verständigen, aber glaubte, dass sie ihn für eine Gottheit hielten. Er teilte dem spanischen König mit, dass man sie "mit einigen fünfzig Mann gut niederhalten und zu allem zwingen" könne. Es waren Arawak Menschen.

Kolumbus aber war auf der Suche nach dem sagenhaften Cipango (so wurde damals Japan genannt), und er wollte zum Kaiser von China, den er Kan nannte (ein Khan ist eigentlich ein mongolischer Herrscher). Die Arawaks berichteten Kolumbus etwas von einem gefährlichen Volk "Caniba", welches die Dörfer der Arawaks bedrohen würde und das sogar Menschenfleisch äße. Die Matrosen sprachen nun von "los canibales" oder "los caribales". Kolumbus hingegen glaubte die Menschenfresserei nicht und war immer noch überzeugt, es seien die Truppen des großen Khan welche die friedlichen Awaraks verschleppen würden.

Was für eine sprachliche Verwirrung: das eine bekommt den Namen vom anderen, Vermutungen werden übertragen, nun war die ganze Karibik voller Kannibalen welche dem Grosskhan dienten, und alle standen unter Generalverdacht, und mussten bekämpft werden.

Ich denke darüber nach, wie oft wir selber die falschen Begriffe verwenden oder eine Bezeichnung einfach auf etwas ähnliches übertragen. Der Etikettenschwindel gibt einen zwar ein wissendes Gefühl. Aber die Dinge werden nicht klarer.

Das Volk der Arawaks war nach kaum hundert Jahren durch die eingeschleppten Krankheiten wie Masern und Pocken vollkommen ausgestorben. Das Volk der Galibi überlebte etwas länger, heute ist auch diese Sprache verschwunden.

Mullincula / 31cm x 14cm / Acryl auf Aquarellpapier / 2006, Nr 06-054