Der Islam-Schmäh-Film aus katholischer Sicht
von Thomas Baader
Wir Katholiken haben's schon echt drauf, und zwar ganz besonders, was die Nächstenliebe und das Verzeihen betrifft. Bei Galileo Galilei haben wir noch ein paar schlappe Jahrhunderte gebraucht, bis wir uns gegenseitig wieder grün waren, im Fall von Osama bin Laden waren wir schneller und haben nur kurz nach dem Tod des Terrorfürsten erkannt, dass Rachegefühle nicht gut sind. Deshalb ist man als guter und anständiger Katholik auch über den Jubel der Amerikaner empört gewesen, mindenstens ebenso empört wie über die Terrortoten selbst, die Osamas Mörderbande zu verantworten hatte, wenn nicht sogar noch ein ganz, ganz klein bisschen mehr. Und der Holocaust erst. Ja, wir haben aus der Geschichte gelernt. Nochmal schweigen wir nicht, wenn fanatisierte Massen Unschuldige ermorden.
Zum "Wort zum Sonntag" lassen wir auch nur unsere besten Redner. Nochmal schweigen wir nicht. Nicht beim Tod von Unschuldigen durch Fanatiker.
Also schicken wir Michael Broch:
"Die fürchterlichen, zum Teil gelenkten Auseinandersetzungen um den aggressiv-dummen 'Islam-Schmäh-Film', und immer wieder Unfrieden stiftende Mohammed-Karrikaturen – sie tun hier das ihre, um die Kulturen zu entfremden, ja zu verfeinden."
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/wort-zum-sonntag/sendung/2012/broch-29092012-100.html
Ein toller Satz, in dem eloquent und gleichzeitig präzise-analytisch das Problem von allen Seiten betrachtet wird, außer von der richtigen. Die Gleichrangigkeit der Taten wird überdeutlich: Die einen stiften bekanntermaßen Unruhe, indem sie im kollektiven Blutrausch Menschen umbringen, die anderen tun es, indem sich die Hand um den Zeichenstift schließt (statt eines Halses). Am Ende ist jemand tot, und wer könnte dann schon mit Sicherheit sagen, ob's wirklich auch der Wutmoslem gewesen ist oder nicht vielleicht doch ein Filmemacher oder Karikaturist. Es ist wie früher bei der Sklaverei in den amerikanischen Südstaaten, wo's auch immer zwei Schuldige gab: Die Peitsche, weil sie schlägt, und den Sklaven, weil er da ist. Und wer in Libyen einen Schmähfilm über Mohammed (nicht) sieht, der kann letztlich auch gar nicht anders, als einen amerikanischen Botschafter zu töten. Der ist halt da gewesen, genauso wie der Film. Da können Film- und Gewaltkultur einander schon mal entfremdet, ja verfeindet werden. Es hat nämlich nicht wirklich der Islam ein Problem mit der Gewalt, nein, die Gewalt hat ein Problem mit Filmen und Karikaturen.
"Da müssen alle Menschen guten Willens dagegen halten", sagt Broch direkt im Anschluss auf den bereits zitierten Satz. Also gegen Auseinandersetzungen, Schmähfilme und Mohammed-Karikaturen.
Die Zeiten, wo man mit Blick auf Margot Kässmann sagen konnte "Gott sei Dank bin ich katholisch" - diese Zeiten sind wohl endgültig vorbei.