Der Hobbit – Eine unerwartete Reise gehört wahrscheinlich zu den meist erwarteten Filmen der letzten Jahre. Nachdem Peter Jackson mit der vermeintlich unverfilmbaren Herr der Ringe-Trilogie ein mittelgroßes Weltwunder gelungen ist, haben sich die Fans (zu denen ich mich zählen würde) verständlicherweise auf seinen Hobbit, der sie wieder ins neuseeländische Mittelerde führt, gefreut. Ich hab’ den Film unlängst im Kino gesehen, in 3D und mit erhöhter Bildfrequenz (HFR). Neben den technischen Spielereien hat der Film aber auch inhaltlich einiges zu bieten. Wie immer wird ab dem nächsten Absatz nicht mehr auf Spoilerfreiheit geachtet, wer den Film also noch unvoreingenommen sehen möchte, sollte das Lesen einstellen. Jetzt. Sofort.
Die Geschichte vom Hobbit ist weniger umfangreich als die Ringtrilogie, somit lässt sich der Plot eigentlich fix zusammenfassen. Oder doch nicht? Schauen wir mal:
Jahrhunderte vor Frodos und Sams Reise nach Mordor wurden die Zwerge in Mittelerde (wir erinnern uns an Gimli und die Minen von Moria) aus ihrer Heimat, der Bergfestung Erebor, vom Drachen Smaug vertrieben und in die Lande verstreut. Viele Jahre später will eine Gruppe von dreizehn Zwergen unter Leitung von Thorin Eisenschild (Richard Armitage) die Festung zurückerobern, indem sie einen versteckten und geheimen Zugang in den Berg finden. Bilbo Beutlin (Martin Freeman) stößt eher unfreiwillig zu ihnen, weil er von Gandalf (erneut: Ian McKellen) scheinbar zufällig ausgewählt wird. Dem Abenteuer zunächst abgeneigt, macht er sich dann aber kurzerhand doch mit der munteren Schar auf den Weg. Allerdings werden Sie auf ihrer Reise bald von Azog dem Schänder und seinen Orks verfolgt. Thorin ahnt nichts davon, denn er glaubt Azog, der seinen Großvater und König Thrór vor den Toren Morias enthauptete, getötet zu haben, obwohl er ihm tatsächlich nur den Arm abschlug. Klar ist da jemand angepisst.
Außerdem treffen die Zwerge auch noch auf Trolle, die sie verspeisen möchten. Hier gelingt es Bilbo, der eigentlich nicht den Eindruck einer Kämpfernatur macht, mit einer List Zeit zu gewinnen bis Gandalf auftaucht und den Tag rettet. Parallel dazu findet der naturverbundene braune Zauberer Radagast (Sylvester McCoy) heraus, das eine dunkle Macht im Wald unterwegs ist und ein Nekromant in der verlassenen Ruine von Dol Guldur sein Unwesen treibt. Er erhascht auch einen Blick auf den Hexenkönig und macht sich dann schleunigst auf, die Welt (also Gandalf) zu warnen.
Unterdessen finden Gandalf et al in einer Höhle wertvolle Elbenwaffen, treffen dann auf Radagast, der Gandalf die Morgulklinge des Hexenkönigs zum Beweis vorlegt. Doch schon wird die Gemeinschaft wieder gejagt, diesmal von Orks auf Wargs. Während Radagast versucht Sie abzulenken, flüchten unsere Helden lautlos. Das klappt nicht lange, danach entkommen sie nur knapp in eine Höhle und hören wie draußen eine Elbenpatrouille die Orks nach Hause schickt. Auf einem Geheimpfad gelangen die Zwerge zu den ihnen verhassten Elben in Bruchtal. Offenbar hatten die damals keine Hilfe gegen den Drachen Smaug geleistet, was Thorin ihnen nicht vergeben mag. Trotzdem hilft Herr Elrond ihnen bei der Entschlüsselung der Karte zum geheimen Eingang von Erebor und sie erfahren, wie er zu öffnen ist. Gandalf beratschlagt sich mit Galadriel (Cate Blanchett) und seinem knurrigen Boss Saruman (Christopher Lee). Wir alle wissen ja, wie das letztlich ausgeht und warum Saruman gegenüber Gandalf eher nicht so mega supportive ist. Auch die Elben finden das Vorhaben der Zwerge eher nicht so dufte, die sind aber unterdessen unbemerkt weiter gen Nebelgebirge gewandert. Hier entkommen sie nur knapp einigen Steinriesen. Während Sie in einer Höhle übernachten will Bilbo, der Heimweh hat und noch immer offensiv von Thorin abgelehnt wird, eigentlich zurück reisen, wird dann aber kurzerhand mit den anderen Zwergen von Goblins gefangen genommen. Er kann im Getümmel entkommen, fällt im Kampf aber mit einem Goblin in den Abgrund. Hier trifft er auf einen kleinen haarlosen Kerl und seinen Schatzzzzz. Nachdem er Gollum versteckt beobachtet und der sich des Goblins zum Frühstück bemächtigt, findet er auf dem Boden einen Ring, den der kleine Kerl offenbar verloren hat. Danach folgt ein brillantes Wortgefecht zwischen Bilbo und Gollums gespaltenen Persönlichkeiten. Der soll ihm, nachdem er beim Rätseln verloren hat, den Weg zum Ausgang zeigen. Als er jedoch bemerkt, dass er den Ring verloren hat, verfolgt er Bilbo. Der findet zufällig heraus, dass der Ring unsichtbar macht.
Die Zwerge werden unterdessen dem Goblinkönig vorgeführt und können nur durch Gandalfs überraschendes Auftauchen fliehen. Die Flucht führt sie nahe an Bilbo vorbei, der, weil unsichtbar, die Möglichkeit erhält, Gollum zu töten, sich aber doch entschließt, ihn am Leben zu lassen und den Zwergen zu folgen. Kaum zwei Minuten haben unsere Helden zum Verschnaufen, dann kommt Azog mit seinem letzten Aufgebot und treibt die Helden wortwörtlich auf die Palme Bäume. in der finalen Auseinandersetzung hängen die Zwerge und Gandalf an einem Baum über dem Abgrund und Thorin stellt sich Azog allein, wird nahezu getötet und überlebt nur knapp, weil Bilbo sich zwischen ihn und den Kriegsversehrten stellt. Die großen Adler, die Gandalf gerufen hat, retten alle Zwerge sowie Bilbo und Gandalf. Thorin bedankt sich bei Bilbo, der nun seinen Respekt verdient.
Naja, im Vergleich zu den Gefährten ist das doch fast ein Kurzfilm.
Eine konkrete Befürchtung im Bezug auf die neuen Filme war und ist offenbar, dass die Geschichte des doch eher überschaubaren Kinderbuches schon mächtig aufgeblasen werden muss, wenn es für drei Filme mit mehr als drei Stunden Länge reichen soll. Und in der Tat wird natürlich gestreckt: die Figur des Radagast soll im Buch nur nebenbei erwähnt worden sein, andere Verlängerungen sind den Anhängen der originalen Ringtrilogie übernommen. Und? Wirkt der Film in die Länge gezogen? Entwickelt sich die Story zu langsam? Langweilt man sich womöglich? Aus meiner Sicht: Nein. Sicherlich gibt es eine ziemlich lange Exposition, der ganze Film ist ja im Grunde eine einzige Charaktereinführung und muss das gesamte Szenario etablieren, so ähnlich wie schon Die Gefährten. Aber Jackson macht auch dabei einen guten Job. Die Zwerge sind sicherlich keine so tiefgründigen Figuren wie Aragorn oder Bogomir, aber das stört wenig und ist auch für die Story völlig unproblematisch. Es geht um Bilbo, den Freeman großartig spielt und um Thorin. Die restlichen Figuren haben ihre Funktion, brauchen aber keinen großen Charakterbogen. Ansonsten bietet der Film viel Abwechslung: Trolle, Orks, Goblins, Spinnen, Steinriesen und anderes Getier gibt sich die Klinke in die Hand. Da wird viel gekämpft und geflüchtet, wie in den besten Zeiten. Aber natürlich erfindet Jackson das Rad auch nicht neu, viele Figuren werden für die Freude des Wiedererkennens recycelt, auch wenn sie im Buch nicht unbedingt auftauchen. Das Auenland sieht aus wie das Auenland, auch Bruchtal kennt man schon und die atemberaubenden Landschaften dazwischen sind nunmal auch alle nicht so frisch wie anno 2001. Klar, da rutscht die Kinnlade vielleicht weniger tief. Ein schlechter Film ist es deshalb aber nicht. Zumindest finde ich nicht, dass die aktuellen 65 % bei rottentomatoes oder der Metascore von 58 gerechtfertigt sind, die Zuschauerwertungen liegen jeweils im 80 % bzw. 8 Punkte Bereich. Wer dem Hobbit vorwirft, er würde die Handlung in die Länge ziehen, hat vielleicht die Herr der Ringe-Trilogie nicht mehr ganz präsent. Um dem vorzubeugen haben zwei Freunde und ich die kompletten 726 Minuten (am Stück) unlängst noch mal Revue passieren lassen. Den Hobbit zu schauen ist, so mein Eindruck, darum mindestens so unterhaltsam wie abermals die Ringe zu schauen, es gibt keine großen Überraschungen, bleibt aber trotzdem ganz großes Kino.
In den Kritiken stürzen sich die, die dann doch Lob aussprechen wollen auf die faszinierende Begegnung von Bilbo und Gollum, also das sagenumwobende Treffen, bei dem Bilbo an den Ring der Macht kommt. Das geschickte Wechselspiel zwischen Freeman und Andy Serkis als zwei Charaktere, die beide auf ihre Art am Rand der Welt, versteckt und zurückgezogen leben, macht großen Spaß und ist zweifellos einer der Höhepunkte des Filmes. Aber muss man deswegen den Rest des Filmes abwerten? Womöglich waren da bei einigen Rezensenten die Erwartungen einfach etwas überzogen.
Apropos Erwartungen, die hatte ich durchaus in Bezug auf die schon erwähnte erhöhte Framerate, einem Feature, das offenbar bei den Zuschauern geteilte Meinungen auslöst. Einige sagen, das Bild wirke ungewohnt künstlich und störe die Immersion, andere lobten hingegen, dass das Bild sehr viel klarer sei und die Bewegungsunschärfe reduziert würde. Letzterem kann ich mich anschließen, die 3D-Bilder, die gerade bei schnellen Bewegungen sehr matschig werden können, weswegen 3D-Filme häufig mit langsamen Kamerabewegungen arbeiten müssen, wirken unterm Strich ansehnlicher. Schnelle Bewegungen sind schärfer, gerade bei Action verwischen Details weniger. Tatsächlich kann ich aber auch die Bedenken nachvollziehen, das Bild wirkt ungewohnt, obwohl man es vielleicht weniger als künstlich sondern eher als hyperrealistisch bezeichnen könnte. Als geübter Zuschauer ließ der ungewohnte Seheindruck auch während des Filmes nicht sonderlich nach, man gewöhnt sich also nicht so schnell daran. Das könnte sich ändern, wenn sich die Technik durchsetzt. Das sie das tun wird, scheint mir nur logisch, denn das ist schlicht das bessere 3D. Leider immer noch mit Brille, die ich als Brillenträger weiterhin als sehr störend empfinde.
Insgesamt finde ich den Film daher absolut gelungen und sehenswert. Er hält in nahezu allen Bereichen auch dem Vergleich mit dem ersten Film der Ringtrilogie stand, dass die Story nunmal weniger anspruchsvoll ist, kann aber auch Peter Jackson nicht verhindern. Wer Herr der Ringe gerne sah, wird auch hier seinen Spaß haben. Zumal Mittelerde in 3D definitiv noch ein wenig faszinierender aussieht. Sollte man sich nicht entgehen lassen. Von mir gibt es dafür satte 11 von 13 Zwergenbärten.
Die Bilder für diesen Beitrag stammen alle vom überaus empfehlenswerten offziellen Hobbit Blog (http://www.thehobbitblog.com). Auch wenn (oder gerade weil) wir meinungstechnisch nicht so weit auseinander sind, kann ich auch Toms Beitrag zum Film (http://tomhartig.de/wordpress/der-hobbit-eine-unerwartete-reise) empfehlen. Achja, und hier ein Trailer zum Warmwerden. Ich freue mich schonmal auf den zweiten Teil. Und frage mich, was Jackson wohl für Szenen in die Extented Edition einbauen wird, wenn der Film zweitverwertet wird.