In „Der Pirat“ wurde die Lebensgeschichte des Freibeuters unter englischer Flagge, Sir Francis Drake erzählt. Nun widmet sich der Autor einer weiteren, historischen Person, dem Earl of Huntington und späteren Duke of Exeter – John Holland. John Holland kämpft nicht auf See gegen die Feinde des britischen Königsreiches. Auf den Boden der englischen und französischen Tatsachen konzentriert sich dieser auf die traditionelle Erzfeindschaft dieser beiden Königreiche.
„Der Herr der Bogenschützen“ ist ein ungemeiner reichhaltiger, spannender und actionreicher, historischer Roman. Mac P. Lorne erzählt pfeilschnell vom Untergang des alten Grafengeschlechts, bis hin zur Rückkehr in Amt und Würden von John Hollands Familie. Die Bühne für die blutige Geschichte ist der 100jährige Krieg zwischen Englands Löwen und den französischen Lilien.
Der Protagonist John Holland erlernt den professionellen Umgang mit dem Langbogen. In den Händen eines Kriegers eine höchst effektive Waffe, nicht wahrlich ritterlich, aber dennoch tödlich. Die Schlacht bei Azincourt am 25. Oktober 1415 ging in die Militärgeschichte ein. Die englische Armee war in Unterzahl – die Franzosen hatten einige Vorteile mehr, und doch wurde dies ein schwarzer Tag – die Niederlage des französischen Rittertums und des Adels. Die walisischen Langbogenschützen Englands hatten an den Sieg den größten Anteil. Diese Schlacht wird in dem vorliegenden Roman ebenfalls thematisiert.
John Holland – der Cousin des amtierenden Königs wird zum Herrn der Bogenschützen und kämpft sich durch verschiedene Schlachten, wird schwer verletzter Kriegsgefangener und begegnet leider erst im Letzten drittel des Roman: der späteren, französischen, heiligen Nationalheldin der Jungfrau von Orléans – Jeanne D´Arc.
„Der Herr der Bogenschützen“ ist ein Rebell, ein recht aufmüpfiger Charakter, mit manchmal schnellem Mundwerk, das diverse, persönliche Schwierigkeiten nach sich bringt. Manchmal etwas vorschnell, manchmal naiv erzählt Mac P. Lorne von politischem Kalkül der Monarchen und Thronanwärtern, die aus persönlicher Motivation heraus, nur eines bringen – Tod und Verderben für die Soldaten, für ganze Landstriche, Dörfer und Städten mit einfachen Bauern und Handwerkern.
Der Roman ist durchgehend spannend und packend geschildert. Der klassische Leidens- und Lebensweg des Protagonisten überrascht an dieser Stelle nicht, es gehört zur allzu bekannten Schablone eines historischen Romans. Trotz der Spannung gibt es allerdings auch ein paar Kritikpunkte. Der Autor lässt den Leser immer wieder wissen, dass der Protagonist: es nicht ahnen konnte, dass es ganz anders kommen wird usw. Total überflüssig in Szene gesetzt.
Großartig aber leider viel zu wenig erzählerischen Raum lässt der Autor Mac P. Lorne der historischen Gestalt Jeanne D´Arc. Als tragische Figur gezeichnet, entzaubert der Autor diese Nationalheldin, als Kriegstreiberin, schizophrene, verrückt anmutende Möchtegernbefreierin, die wie wir wissen, auf dem Scheiterhaufen endete. Als entzaubernde, politische Marionette, die sie dann letztlich war. Besonders dieser Part wurde hervorragend erzählt und ganz stark interpretiert.Die Atmosphäre war so packend, dass ich mich noch immer frage, warum der Autor die Geschichte der Jungfrau von Orléans nicht vollumfänglich erzählt hat. Sehr schade.
Fazit
„Der Herr der Bogenschützen“ von Mac P. Lorne ist ein starker, pfeilschneller Roman mit einer durchschlagenden erzählerischen Wucht. Diese hätte etwas größer ausfallen können, aber nun gut. Perfekte Unterhaltung – geschichtlich sauber recherchiert. Der Autor weiß wovon er schreibt – lesen Sie den Roman – sie werden nicht enttäuscht sein.
Michael Sterzik