Der Häftlingsaufstand im Todeslager Treblinka

Das Vernichtungslager Treblinka war ausschließlich zur Vergasung von Juden, sowie Sinti und Roma, innerhalb der ‚Aktion Reinhardt’, konzipiert worden. Hier gab es keine Registrierung der zu vergasenden Menschen, keine tätowierten Nummern, keine Der Häftlingsaufstand im Todeslager TreblinkaNamenslisten. Die in Viehwaggons angekommenen Menschen wurden direkt, ohne Selektion,  von der Rampe zu den Gaskammern getrieben und ermordet. Nur ein kleiner Teil von zumeist jüdischen Häftlingen war vor Ort in Baracken gepfercht, um innerhalb der Todesmaschinerie, zu arbeiten. Hinzu kommt, dass es in der Nähe des Todeslagers das Arbeitslager Treblinka gab, aus dem häufig Baumaterialien in das Vernichtungslager kamen und die Häftlinge untereinander Kontakt aufnahmen. Knapp ein Jahr lang kamen die Züge mit den zu vernichtenden Menschen fast im Stundentakt, eine schier ununterbrochene industrielle Arbeit der Ermordung von Menschen fand hier in Treblinka statt; doch dann geriet das Vernichtungswerk dieser deutschen Mörder ins Stocken, die Taktrate der ankommenden Züge verringerte sich. Den zumeist polnischen Arbeitsjuden war klar, dass auch sie ermordet werden, wenn diese Aktion vorüber ist und es gab ein paar Männer, die sich nicht kampflos töten lassen wollten. Der Plan entstand einen gewaltsamen Aufstand zuinszenieren, mit anschließender Flucht. Der erste Aufstand war für Frühjahr 1943 geplant, doch unter den Häftlingen im Vernichtungslager brach das Fleckfieber aus, an dem viele der geschwächten Häftlinge erkrankten und starben, so konnte der Plan nicht in die Tat umgesetzt werden. Doch die Idee des Aufstands blieb erhalten, wurde für viele wie zum Lebenselixier, das ihnen mental Kraft gab, ihre Arbeit der Leichenbeseitigung zu überstehen. Richard Glazar, ein Überlebender des Häftlingsaufstand erzählt: „Viele von den in den Güterwagen aufgehäuften Körpern waren nicht mehr zu vergasen, sie mussten nur noch verbrannt werden. Die Halbtoten und Halbwahnsinnigen, die Erschossenen und Erstochenen brachten uns Leichenschleppern und Verbrennern, uns Sortierern und Aufräumern in Treblinka das mahnende Vermächtnis: ‚Jetzt ist die Reihe an euch.’ So ging es flüsternd von Mund zu Mund, als wir die reglosen Körper ins ‚Lazarett’ schleppten. Dorthin, wohin bei normalen Transporten die Alten, die Gebrechlichen, die schwangeren Frauen gebracht wurden, alle, die den Weg zum ‚Desinfektionsbad’ nicht schnell genug zurücklegen konnten. Hinter dem ‚Untersuchungshäuschen’ wurden sie – vor dem weithin sichtbaren roten Kreuz – durch einen Genickschuss ‚von ihren Beschwerden befreit’. Die Verbrennungsgrube des ‚Lazaretts’ füllte sich und lief in jenen Tagen von aufgeblähten Leichen über. Ich selbst stand schon nackt am Ende der Reihe, die sich in Richtung Bad in Bewegung setzte. Plötzlich wandte sich der ‚Todesengel’ August Willi Miete zu mir, das Schiffchen mit Totenkopf über den strohgelben Haaren: ‚Ja, du auch, komm raus, zieh dich wieder an.’ So hatte er sich, 20 Jahre im Voraus, einen Zeugen seiner gekonnten Genickschüsse geschaffen.“ Der erste bewaffnete Aufstand in einem NS-Vernichtungslager fand am 2. August 1943 statt und hatte eine lange Vorbereitung. Die Männer sammelten Der Häftlingsaufstand im Todeslager TreblinkaWertsachen, die sie ihren ermordeten Brüdern und Schwestern heimlich abnahmen, um zum einen nach der Flucht zu überleben und um die Ukrainischen Wachen, die so genannten Trawniki, zu bestechen. Bestechen ließen sich diese Ukrainer zwar, doch keiner von ihnen hielt sich an sein Versprechen. Häftlinge, die die SS-Mannschaftsbaracken zu säubern hatten, erkundeten den Weg zu den Waffen und wieder andere Häftlinge intensivierten den Kontakt mit den Häftlingen im Arbeitslager um gemeinsam gegen den Nationalsozialistischen Feind zu kämpfen. Rudi, sein Nachname ist nicht bekannt, kam aus Prag über Theresienstadt nach Treblinka. Die Liebe hatte ihn hierher gebracht. Als Halbjude hatte er sich den gelben Judenstern am Tag seiner Hochzeit angeheftet und seiner jüdischen Frau versprochen, ihn so lange zu tragen wie sie. Gemeinsam kamen sie nach Treblinka. Die schwangere Frau wurde sofort in die Gaskammer geschickt. Rudi war in der Transportmasse nicht zu übersehen. Mit seinem blonden Haar, seinem scharfen Profil und mit der Figur eines Fechtmeisters strahlte er so frappante arische Merkmale aus, dass sie ihn herausholen mussten. Er wurde mit Sonderaufgaben beauftragt. So betreute er Barry, eine Mischung aus Metzgerhund und wildem Kalb, neben anderen Tieren in der kleinen Zoo-Ecke, die es auch in Treblinka gab. Er hielt später die Handgranaten im Taubenschlag versteckt, die am Vormittag jenes Tages des Aufstandes aus dem Munitionslager herausgeschmuggelt worden waren. Dort irgendwo ist er während des Aufstandes geblieben. Die Organisation des Aufstandes hatte drei Hauptstützen: den Lagerältesten Galewski, Diplom-Ingenieur aus Warschau; Kurland, ehemaliger Feldscher im russisch-polnischen Gebiet; und die Leute aus den Werkstätten. Man beschloss, dass die Mehrheit der Insassen vom Aufstand wissen sollte, der einzelne wurde aber nur über das, was seine Aufgaben betraf, eingeweiht. Karl Unger und Richard Glazar gehörten zu dem Kommando, das gegen die Baracken der ukrainischen Wachmänner anzutreten hatte und den Wachturm in jener Ecke des Lagers erstürmen sollte. Am 2. August, einem Montag, Punkt vier Uhr nachmittags sollte die erste Handgranate als Signal zum Aufstand explodieren. Richard Glazar berichtet weiter: „Edek, der junge mir der riesigen Mundharmonika, und einige andere Jungen hatten an jenem entscheidenden Montag unter dem gesamten Müll zwei Kisten mit Handgranaten versteckt. Gewehre wollte man den ukrainischen Wachmännern auf Signal entreißen. Benzin, in Flaschen abgefüllt, verteilte Standa Lichtblau. Er war via Theresienstadt nach Treblinka gekommen. Als Automechaniker war er aus dem Transport ausgelesen worden, während seine Frau und seine achtjährige Tochter, wie üblich getrennt von ihm, sofort ‚baden’ gehen mussten. Der Chef der Garage, SS-Unterscharführer Schmidt, der meistens ohne die schwere Peitsche herumlief, ließ Standa viel Freiheit. So konnte er Benzin beschaffen. Er schwor sich, beim Aufstand aus dem Benzintank eine riesenhafte Fackel zum Gedenken seiner Frau und seiner Tochter zu machen. Wir waren 600 Mann, vierzig nur hatten jemals eine Waffe in der Hand gehalten. „Wenn das hier jemals auf der Bühne aufgeführt werden sollte, die Leute würden Tränen lachen, und die Kritik würde schwanken zwischen Schmalz, Kitsch und falschem Pathos.“ So äußerte sich Robert Altschul zu den Vorbereitungen zum Aufstand, ein Prager Intellektueller [...]. Und trotzdem waren wir entschlossen, das Vernichtungslager zu vernichten. Wir mussten die Welt wissen lassen, die Welt, von der wir uns verlassen fühlten, die uns den Schlächtern ausgeliefert hatte. Die Welt, die uns nie begreifen würde, wenn wir es nicht getan hätten. Das waren damals unsere Gedanken[...].“ An dem Tag, als sich vier SS- und 16 ukrainische Wachsoldaten wegen der an diesem Tage herrschenden großen Hitze zum Baden außerhalb des Lagers befanden, gab das Organisationskomitee am 2. August 1943 um 16.00 Uhr das Signal zum Aufstand. Am Aufstand beteiligten sich 400 jüdische Häftlinge aus beiden Lagern, darunter auch einige Frauen. Mit einem nachgebauten Schlüssel Der Häftlingsaufstand im Todeslager Treblinkaverschafften sie sich Zugang zum Waffendepot und erschossen dabei den SS-Mann Kurt Küttner. Die Häftlinge griffen mit Hilfe von Gewehren, Pistolen, Handgranaten und anderen Waffen die im Lager verbliebenen ukrainischen und deutschen Wachmänner an. Die ukrainischen Wachsoldaten, die von ihren Wachtürmen aus das Lager überwachten, sollten entsprechend der Planung mit Geld und Goldübergaben davon abgehalten werden, auf die Häftlinge zu schießen. Diese bekämpften allerdings entgegen den Erwartungen der Aufständischen von den Wachtürmen mit Maschinengewehren den Aufstand. Die Aufständischen besaßen zu Beginn des Aufstands sechs Feuerwaffen, fünf Gewehre und eine Pistole, ferner zwei Kisten mit maximal 30 Handgranaten und mit Benzin befüllte Flaschen, so genannte Molotow-Cocktails. Der Häftling Standa Lichtblau hatte als Automechaniker des SS-Fuhrparks das Benzin beschafft. Die Häftlinge sollten das SS-Wachpersonal eliminieren und sich anschließend mit deren Feuerwaffen ausrüsten. Die Trawniki-Männer feuerten daraufhin auf die Häftlinge. In den bewaffneten Auseinandersetzungen wurde ein Trawnik erschossen. Im Verlauf des Aufstands wurden daher zahlreiche Aufständische getötet, dennoch gelang es 200 bis 250 Häftlingen aus dem Lager zu flüchten. Viele von ihnen jedoch erschoss die SS bei der anschließend einsetzenden Verfolgung auf der Flucht oder brachte sie zurück ins Lager, und exekutierte sie mit den dort gefangenen Kämpfern. 100 Häftlinge, die sich nicht am Aufstand beteiligten, zurückblieben oder die Strafmaßnahmen überlebt hatten, deportierte die SS ins Vernichtungslager Sobibór. Die Häftlinge konnten bei ihrem Aufstand zahlreiche Gebäude sowie den Benzintank in Brand stecken und vernichten. Die gemauerten Gaskammern blieben jedoch unbeschädigt. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen und bis auf 60 Männer überlebte keiner diesen Aufstand der Hölle von Treblinka. Nach dem niedergeschlagenen Aufstand vergasten die Nazi-Mörder noch 8 000 Menschen aus zwei angekommenen Zügen. Doch dieser Aufstand beendete schneller die Arbeit in Treblinka, am 21. August 1943 wurde das Lager abgerissen, alles wurde eingeebnet und Kleine Gehöfte wurden darauf gebaut, ukrainische Kleinbauern wurden dort angesiedelt. Nichts sollte an das Grauen von Treblinka erinnern.

Heute ist auf dem Gelände ein eindrucksvolles Monument errichtet, gestiftet von den polnischen offiziellen Stellen und anderen öffentlichen und privaten Institutionen.

Weiterlesen:

➼ Aktion Reinhardt • Industrielle Menschen-Vernichtung

Vernichtung in Treblinka • Ort des unvorstellbaren Grauens

darüber hinaus:

Widerstand + Aufstand in Sobibór

WIDER DAS VERGESSENS: 14.Oktober 1943 um 16:00 Uhr

➼ Trawniki • SS-Hilfskräfte – Osteuropäische Hilfstruppen, die die Vernichtungsmaschinerie der SS am Laufen hielten ….


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