Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Willi Hoffsümmer erzählen:
„Das unzufriedene Fohlen“
Ein erfahrenes Pferd lebte mit seinem lebhaften Fohlen in einem herrlich-schönen Tal:
saftige Wiesen, relativ klare Bäche, der kühle Schatten vieler Bäume.
Aber dem Fohlen ging es wie den Leuten, die alles haben:
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Es wurde unzufrieden.Es tat nur noch das, wozu es Lust hatte.
Es schlief, auch wenn es nicht müde war.
Es wurde bequem und satt und – schließlich verachtete es das Tal:„Vater, wenn ich hier weiterleben muss, dann werde ich sicherlich krank.
Das Gras bekommt mir gar nicht mehr, die Luft ist so stickig, der Bach so schmutzig.
Wir müssen fort von hier.“
So zogen beide fort. Es ging das Tal hoch, steinige steile Pfade hinauf über hohe Bergrücken. Der Wind blies kalt, kaum noch ein Fleckchen mit zähen Kräutern war zu finden. Der nächste Tag sah sie schon erschöpfter und kraftloser vor Hunger und am dritten Tag konnte das Fohlen kaum noch ein Bein vor das andere setzen.
„Es ist Zeit, dass wir heimkehren“, dachte der Vater bei sich und führte seinen Sohn auf einem anderen Weg zurück ins heimatliche Tal.
In der Nacht erst kamen sie an. Kaum fühlte das Fohlen das frische, weiche Gras unter den Hufen, wieherte es vor Freude: „Vater, hier bleiben wir. Noch nie habe ich so duftendes süßes Gras gefressen!“
In diesem Augenblick begann der Morgen zu dämmern. Verwirrt erkannte das Fohlen das alte Tal und wagte nicht, den Vater anzusehen.“
Ihr Lieben,
ich bin ganz fest davon überzeugt, dass die Unzufriedenheit der größte Glückskiller auf dieser Welt ist.
Ich habe in meinem Leben schon sehr viele unzufriedene Menschen kennengelernt und nicht einer unter ihnen war glücklich. Unzufriedenheit und Glück schließen sich aus.
Ursprünglich, vor langer langer Zeit, hatte die Unzufriedenheit im Leben der Menschen einen guten Sinn. Als die Menschen noch in kalten feuchten Erdhöhlen lebten, da war die Unzufriedenheit ein wichtiger Antriebsmotor, daran zu arbeiten, die Zustände zu ändern.
Auch heute kann die Unzufriedenheit noch ein guter Antriebsmotor von uns sein, wenn es darum geht, dass wir unsere Lebensumstände ändern wollen, weil wir vielleicht arbeitslos sind.
Die Unzufriedenheit wird aber dann für uns gefährlich, wenn es nicht mehr darum geht, unsere Lebensgrundbedürfnisse zu erfüllen, sondern wenn es darum geht, mehr und immer mehr haben zu wollen.
Unzufriedenheit zerstört dann unser Lebensglück, wenn wir nur deshalb ein Smartphone kaufen, weil man es angeblich haben muss, obwohl das bisherige Handy noch wunderbar seinen Dienst tut. Das Gleiche gilt für den Röhrenfernseher, der nicht ausgetauscht werden muss, weil er kaputt ist, sondern weil „angeblich alle“ jetzt einen haben.
In der ungesunden Unzufriedenheit steckt die Sucht, immer mehr haben zu wollen.
Das Teuflische dabei ist, dass kein Zustand erreicht wird, wo wir sagen können: „Unsere Wünsche sind alle erfüllt, jetzt bin ich zufrieden!“
Nein, jede Wunscherfüllung gebiert gleich wieder einen neuen Wunsch. Und so hetzen wir durch unser Leben in der Sehnsucht nach der Wunscherfüllung und verlieren dabei unsere innere Ruhe, unser Glück.
In dem Wort „Unzufriedenheit“ steckt das Wort „Frieden“.
Das ist kein Zufall. Wer unzufrieden ist, der verliert seinen inneren Frieden.
In unserer Geschichte tut der Vater etwas sehr Kluges. Er lässt das Fohlen Erfahrungen sammeln und veranlasst es auf diese Weise, mit dem Tal, in dem sie leben, zufrieden zu sein.
Ihr Lieben,
es gibt ein wunderbares Mittel, um Unzufriedenheit in Zufriedenheit zu verwandeln und den inneren Frieden und das innere Glück wiederzufinden:
Zieht Euch ein wenig zurück, macht es Euch gemütlich, zündet eine Kerze an und dann nehmt Euch einen Zettel in DIN-A4-Größe. Diesen Zettel unterteilt bitte von oben nach unten mit einem Bleistift in zwei Hälften:
In die rechte Hälfte tragt Ihr alles ein, was Euer Leben ausmacht: Euren Besitz, Eure Freunde, Eure Verwandten, Eure Lieben, Eure Partnerin, Euren Partner, Eure Kinder und Enkelkinder, Eure schönen Erinnerungen und alles Andere, was Euch etwas bedeutet und Euch Leben hell und lebenswert macht.
In die linke Hälfte tragt bitte alle die Krankheiten ein, die Euch ereilen könnten, von denen Ihr aber zum Glück verschont wurdet. Dann tragt bitte alle Unglücksfälle dort ein, die Euch zustoßen könnten, die Euch aber nicht zugestoßen sind. Und zuletzt denkt einmal an alle die Menschen, die Euch einfallen, denen es viel schlechter geht als Euch, und tragt auch diese in Eure Liste ein.
Wer sich einmal die Mühe gemacht hat – ich tue das regelmäßig – eine solche Liste gewissenhaft auszufüllen, der wird merken, wie gut es ihm geht und die Zufriedenheit wird in sein Herz zurückkehren und die Unzufriedenheit daraus entweichen.
Wer aber nach dem Ausfüllen einer solchen Liste immer noch unzufrieden ist, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
Ich wünsche Euch einen ruhigen Abend und eine gute erholsame Nacht und morgen einen gesegneten Sonntag und grüße Euch herzlich aus Bremen
In Bremen an der Schlachte direkt an der Weser
Euer fröhlicher WernerQuelle: Karin Heringshausen