Der große Japaner – The Weekend Watch List
7MockumentaryDiesmal in The Weekend Watch List ein wahres Kuriosum, zumindest für europäische Sehgewohnheiten. Der große Japaner (Originaltitel: Dai-Nihonjin) von und mit Hitoshi Matsumoto war in Japan ein Blockbuster, während er hierzulande leider kaum Beachtung fand. Ändert zum Glück ja nichts an der Qualität des Films.
In Der große Japaner geht es um einen, auf den ersten Blick unscheinbaren, normalen Mann (Hitoshi Matsumoto), der wie jeder Mensch sein Päckchen zu tragen hat und sich mit den üblichen Familien- und Geldproblemen konfrontiert sieht. Näher gebracht wird das dem Zuschauer in Form einer fiktiven Dokumentation durch eine Filmcrew, die dem Protagonisten durch sein Leben folgt. Allmählich kristallisiert sich heraus, warum dieser Durchschnittsmensch überhaupt das Thema einer filmischen Beobachtung ist. Sein Job ist nämlich ein mehr als ungewöhnlicher, er ist der Beschützer Japans.
Mit Hilfe einer rituellen Zeremonie und ein paar kräftigen Elektroschocks, verwandelt er sich in einen Japaner von der Größe eines Hochhauses. Bewaffnet mit einem Prügel und mit Werbung voll geklebt wie eine Litfasssäule, kämpft er gegen skurril abartige Ungeheuer, die seine Stadt und deren Bewohner bedrohen. Die Analogie zu den Godzillakämpfen ist hier nicht nur voll beabsichtigt, sondern gehört fast schon zur japanischen Kulturgeschichte, ebenso der Humor, der sich durch die Schlacht gegen diese Monster äußert. Der Umstand, dass dabei auch einiges zu Bruch geht, macht diese Dokumentation über den großen Japaner für seine Beliebtheitsförderung notwendig. Das schwindende Interesse an dem „Superhelden“ spiegelt sich nicht nur am unvorteilhaften Sendeplatz, sondern auch an den dementsprechend schlechten Einschaltquoten wider.
Auch die Satire kommt nicht zu kurz, wird die Meinungsfreiheit unter Beeinflussung der Medien, die selbst vor Lügenmärchen und Inszenierungen nicht zurückschrecken, gnadenlos aufs Korn genommen. Dies äußert sich unter anderem auch in der Einstellung der Bevölkerung, die ihren hauseigenen Helden mehr als Plage betrachten denn als Beschützer. Für sie gehört er schon längst zum Alltag, weshalb ihm die Heldenverehrung der Generationen vor ihm verwehrt bleibt.
Es kann leicht passieren, dass man durch die mancherorts genannte Genrebezeichnung „Komödie“ in die Irre geführt wird, handelt es sich bei dem Film viel eher um eine Medien- und Gesellschaftssatire. Dennoch muss man dem Film eingestehen, dass ihm gerade durch seine interessante und teilweise skurrile Exotik, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zuteil wird, auch wenn er sie nicht durchgehend halten kann. In seinen besseren Momenten ist Der große Japaner erfrischend anders und im wahrlich etwas, das man so noch nie gesehen hat, was vor allem seiner interessanten Machart und den aberwitzigen Kreaturen zu verdanken ist.
Der große Japaner übt dank seiner vielen absurden Einfälle, interessanten Ansätze und gelungenen Stilistik einen starken Reiz auf das Publikum aus, dem man sich nicht entziehen kann und der einen selbst nachher über Film nachdenken lässt. Leider verliert die Geschichte aber auch manchmal sein Ziel aus den Augen und verläuft sich in langatmigen, für den Zuschauer, ob deren Relevanz für die Handlung, oftmals nicht nachzuvollziehenden Szenen, was dem Gesamteindruck ein wenig abträglich ist, da er sich dadurch länger anfühlt als er ist und die Geduld und Nerven des Zuschauers (über)strapaziert. Dabei ist es aber nicht so sehr das gemächliche Tempo des Films das stört, sondern einfach die Tatsache, dass man als Zuschauer ab und zu irritiert ist, über die Notwendigkeit gewisser Momente.
Der große Japaner bietet ein umfassendes Porträt über einen alltäglichen Menschen, der aus Traditionsgründen dazu gezwungen ist, ein Superheld zu sein. Auch wenn ihn eigentlich niemand mehr will, übt er trotzdem seine Pflicht aus und zieht sich damit immer mehr den Hass und die Abneigung seiner Umwelt auf sich. Definitiv ein kurioses und durchaus auch absolut sehenswertes Machwerk mit all seinen Stärken und Schwächen.
Regie und Drehbuch: Hitoshi Matsumoto, Darsteller: Hitoshi Matsumoto, Riki Takeuchi, Ua, Ryunosuke Kamiki, Filmlänge: 113 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 28.11.2008, www.sixshooterfilmseries.com/bigmanjapan
Autor
Marco RauchAufgabenbereich selbst definiert als: Kinoplatzbesetzer. Findet den Ausspruch „So long and take it easy, because if you start taking things seriously, it is the end of you” (Kerouac) sehr ernst zu nehmend.
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