Print ist tot.
So schallt es derzeit aus allen Mündern, die „irgendwas mit Medien“ machen.
Genau um diese Aussage zu untermauern, sie in die Tat umzusetzen sind wahrscheinlich eine Gruppe Studenten aus Augsburg angetreten. Angetreten um eine Utopie war werden zu lassen. Ein Printprodukt, völlig Werbefrei, Qualitätsinhalt, Mix aus Photographie und Literatur, und das ganze im Jetzt. Der Greif !
Kauft keiner? Doch. Natürlich in keiner Massenauflage (Auflage ist 1000 Stück). Aber die wenigen Exemplare scheinen sich recht ansprechend zu verkaufen. Und das liegt vor allem am Inhalt und dessen Qualität . . .
Es gibt hier nämlich nicht nur Fotografien und einen Begleittext oder langweilige Abhandlungen über den kommenden Trend oder gar irgendwelche technischen Banalitäten. Es gibt ganz einfach aktuelle Photographie. Es gibt eine Redaktion, die Fotografien im Format des Blattes in Szene setzt, verschiedene Künstler, sprich deren Bilder, aber auch Lyrik und teils Prosafetzen zusammenbringt. Das Magazin ist eine Collage, ein Werk ganz eigene Wertes. Gerade diese speziellen Merkmale machen den Reiz des Blattes aus, was in seiner gedruckten, abgeschlossenen Form ein wichtigen Kontrapunkt setzt zu den vielen, unbestritten guten, Online Veröffentlichungen von Fotografien/Werken. Es hebt einen ganz wichtigen Aspekt des Kulturgenusses hervor: das sich-zeit-nehmen, betrachten, wahrnehmen statt dem flüchtigen konsumieren, scrollen, klicken . . .
Das Ganze wird unterstützt durch das recht große, aber immer noch gut handhabbare Format und einem angenehm dicken Papier. Alles in allem also genug Raum für Kreativität aller Art. Im Fall des Greif nimmt man gerade die gestalterische Vielfalt sehr ernst. So wird, wie schon kurz angerissen jede einzelne Seite den Bildern die auf ihr stehen in Layout und Schrift angepasst. Teilweise werden Lyrik oder kurze Prosastücke sowie Illustrationen um die entsprechenden Bilder geformt, um diesen eine Bühne zu geben. Damit wird jeder einzelne Seite zu einem eigenen Werk!
Die Redaktion schafft es ein konzeptionell nahezu einzigartiges und höchst spannendes Projekt auf die Beine zu stellen. Neben der inhaltlich-formalen Orientierung spielt aber auch die „Vermarktung“ eine wichtige Rolle. So ist das Heft durch die Unterstützung durch Sponsoren komplett werbefrei und mit einem Preis von 5€ sehr erschwinglich. Gerade die Werbefreiheit bringt einem als Betrachter die volle Konzentration auf den Inhalt und lässt andererseits den Machern einen viel größeren kreativen Spielraum was letztendlich auch dem sehr guten Eindruck beiträgt.
Nachdem mich dieses Photomagazin so deutlich gepackt hat, bin ich relativ schnell auf eine kleine Szene von Independent Photo-/Kunstmagazinen gestoßen. Ein wichtiger Punkt dabei scheint Calin Kruse zu sein. Er ist nicht nur der Herausgeber und Macher eines weiteren Magazins mit dem Namen „die Nacht“ [1,2]sondern hat auch an einigen weiteren Projekten dieser Art mitgearbeitet [3,4]. Im Rahmen seiner Diplomarbeit hat er sich mit dem Thema der Idependent Magazine zu dem intensiver auseinander gesetzt. Außerdem betreibt er mit dem „die Nacht Online Shop„, wie mir scheint, eine recht gut sortierte Anlaufstelle um verschiedene Magazine/Publikationen zu kaufen.
Allgemein bin ich ziemlich fasziniert von der Energie, die von dieser relativ kleinen kreativen Szene ausgeht. Es ist einfach gut zu sehen, dass es auch in Zeiten, in denen Medienprojekte anscheinend nur gestartet werden, wenn sie finanziell den großen Wurf versprechen beziehungsweise in der Print als Leiche gesehen wird, einige Leute immer noch den Mut und vor allem das Engagement haben etwas eigenes, etwas einzigartiges zu starten. Auch wenn es sich bei diesen Klein-Auflagen-Magazinen um eine Nische handelt denke ich doch, dass sie einiges an Potential haben und eine echte Bereicherung für das doch recht technisch geprägte Zeitschriftenangebot (im Bereich Photographie) sind.
Auch wenn ich nicht gleich die Zukunft der Printmedien herschreiben möchte, möchte ich doch laut denken indem ich sage, dass zukünftig sicher ein (überschaubarer) Markt für gedruckte Medien bleiben wird. Natürlich wäre es illusorisch, wenn man glauben würde, dass Tageszeitungen in gedruckter Form überleben werden, aber für diverse Inhalte vor allem mit spezieller kultureller Ausrichtung wird immer ein Platz sein. Die Magazine, wie zum Beispiel der Greif oder die Nacht, die derart kreativ und frisch bei der Gestaltung eines Magazins umgehen, haben da wohl die besten Karten auch zukünftig noch bestehen zu können.
Auch ich werde weiter meine Augen in dieser Richtung aufhalten und sicher die ein oder andere interessante Publikation vorstellen.
Die aktuelle Ausgabe des Greif ist #3. Für den März 2011 ist Ausgabe #4 angekündigt, Für den 04.03.2011 ist in München eine kleine Party zur Vorstellung des Greif #4 angekündigt, während immer noch Restexemplare des Spezials #2 (Der Greif als Postermagazin) bestellbar sind.
Außerdem gab es im Deutschlandfunk neulich einen interessanten Beitrag über den „Greif“.