Dies ist ein Beitrag von Aussie Buschfunk
Interview mit Auswanderin Romy
Romy hat etwas gewagt, dass schon lange ein großer Traum für mich ist: Mit einem Rucksack bewaffnet, wanderte sie 5 Tage den Great Ocean Walk in Australien entlang. Sie war so mutig, denn sie wanderte ganz alleine. Zu Beginn ihres Abenteuers verstauchte Romy ihren Knöchel, doch sie gab nicht auf!
Der „Great Ocean Walk“ ist ein 100 km langer Wanderweg von Apollo Bay zu den 12 Aposteln. Er führt parallel zur berühmten Great Ocean Road. Was Romy während ihrer Wanderung erlebte und wie sie sich nach den Anstrengungen fühlte, erfährst du im folgenden Interview:
Irina: Wie kam es dazu, dass du die Herausforderung auf dich nahmst, den „Great Ocean Walk“ entlang zu wandern?
Romy: Vor einigen Jahren verbrachte ich mit meinem damaligen Freund 4 Wochen Urlaub in Australien. Schon lange vor dieser Reise hörte ich vom „Great Ocean Walk“. Er wurde als einer der besten Wanderwege weltweit ausgezeichnet. Doch damals klappte es nicht. Als ich dann später mit dem Working Holiday Visum nach Australien kam, war es mein großes Ziel, diese Wanderung durchzuführen. Ich wollte es unbedingt machen! Ich fand aber nie jemanden, der mit mir wandern wollte. Die meisten jungen Leute wollen nur Party und Stadt. Ich entschloss mich dann, es alleine zu machen. Ich packte meinen Rucksack und machte mich auf den Weg.
Irina: Der Rucksack ist das, was mich von solch einer Wanderung abschreckt. Ich hätte gerne einen Esel dabei, der alles für mich schleppt. Wie hast du das geschafft?
Romy: Der Rucksack war für mich alleine viel zu schwer. Ich schaffte letztendlich die 100 km nicht, weil ich so erschöpft war. Ich hatte eine kleine Isomatte, Essen, Trinken, Besteck, Sachen zum Umziehen usw. Das läppert sich. Das Tragen von dem ganzen Zeug war mein großes Problem.
Hinzu kommt, dass ich nach einigen Metern meinen Knöchel verstauchte. Ich habe meinen Fuß umgeknickt. Es hat so weh getan. Ich war richtig geschockt im ersten Moment. Ich dachte, das gibt es doch nicht! Was mache ich denn jetzt? Ich wollte nicht zurück gehen. Aber ich war so motiviert und ich wollte die Wanderung unbedingt machen. Ich bin aufgestanden und weitergelaufen. Dann ist mein ganzer Fuß angeschwollen, aber ich habe mich dazu gezwungen weiterzulaufen. Es hat so lange gedauert, bis ich endlich diese Wanderung machen konnte, der verstauchte Fuß konnte mich nicht stoppen. Ich wollte nicht noch länger warten. Meine hohen Wanderschuhe stabilisierten meinen Knöchel und ich glaube, dass mir die Bewegung gut tat. Ich habe jeden Morgen meinen Fuß in den Schuh gezwungen und somit hat es dann funktioniert.
Irina: Wie waren deine Nächte so ganz alleine?
Romy: Auf dem „Great Ocean Walk“ gibt es Zeltplätze, die jeweils 14 bis 20 km voneinander entfernt sind. Es gibt auf jedem Zeltplatz ein Plumpsklo und einen Wassertank, wo man seine Wasserflasche auffüllen kann. Die Zeltplätze sind nicht direkt an der Great Ocean Road, sondern im Wald, am Strand oder im Busch. Ich hörte keine Autos, sondern nur das Meer. Eine Nacht schlief eine Schulklasse auf dem gleichen Zeltplatz wie ich. Die anderen Nächte war ich ganz alleine.
Ich führte die Wanderung Ende April durch, also im australischen Herbst. Ich konnte wegen der Kälte nicht schlafen. Mein Schlafsack hielt nicht warm genug. Ich hatte damals noch unglaubliche Angst vor Spinnen. In der Nacht hörte ich im Zelt all die kleinen Tiere, die durchs Gebüsch und am Zelt vorbei liefen. In der Nacht musste ich auf die Toilette. Ich hatte solch eine Angst, dass ich eine Spinne sehe, wenn ich mein Zelt aufmache. Draußen leuchtete ich meine Taschenlampe in die Büsche und im Plumpsklo um sicherzustellen, dass keine Schlange oder Spinne auf mich lauerte. Besonders das Sitzen über dem dunklen Loch machte mir Angst. Ich gewöhnte mich dann aber an die einsamen Nächte. Ich war zwar immer noch angespannt und ängstlich, aber es wurde dann jede Nacht besser und besser.
Irina: Beschreibe uns doch mal den „Great Ocean Walk“.
Romy: Dieser Wanderweg verläuft an der Great Ocean Road und ist 100 km lang. Es gibt mehrere Campingplätze. Du läufst durch Wald, am Strand, du läufst an den 12 Aposteln vorbei. Diese Strecke ist der Hammer. Wenn du nur läufst und nicht im Auto sitzt, dann fängst du an die ganze Gegend richtig aufzunehmen. Du realisierst auf einmal, wie sich alle verändert. Du gehst um die Ecke und siehst hohe Bäume. Du gehst weiter, dann sind dort raue Kliffe. Dann läufst du auf Holzstufen zum Strand runter und wieder hoch. Das war einfach so toll. Ich habe viele Fotos gemacht.
Irina: Wie weit bist du gewandert und warum hast du die ganzen 100 km nicht geschafft?
Romy: Ich wanderte insgesamt 60 km und verbrachte 5 Nächte auf der Wanderung. Mein Fuß war zweifach angeschwollen und tat weh. Ich ging ständig Steigung hoch und runter, mit einem schweren Rucksack. Ich schwitzte ohne Ende. Meine Sachen waren jeden Tag nass, weil es so anstrengend war.
Außer der Schulklasse sah ich während der ganzen Wanderung niemanden. Es ist nie jemand an mir vorbeigelaufen. Ich überholte niemanden. Obwohl ich glaube, dass es gut für mich war, alleine zu wandern, verlierte ich ohne Gesellschaft die Motivation. Eigentlich dachte ich, dass ich mich nach 2 Tagen an die Strapazen gewöhne. Das war aber nicht so. Nach 5 Nächten fiel mir jeder Schritt unglaublich schwer. Alle Muskel schmerzten. Ich konnte nicht mehr weiter.
Nach 5 Tagen Einsamkeit und 60 km Wanderung kam ich an einem geschäftigen Strand an. Dort waren viele Touristen und Wohnwagen. Es war viel los. Es müsste ein Wochenende gewesen sein. Ich baute mein Zelt auf und freute mich, dass endlich nachts viele Leute um mich waren. Am nächsten Morgen sprach ich mit einem Pärchen und sie brachten mich zu meinem Auto zurück. Ich fuhr dann auf der Great Ocean Road bis zu den 12 Aposteln. Es ist ein bisschen schade, dass ich die ganzen 100 km nicht geschafft habe. Ich habe es einfach körperlich von der Kondition her nicht geschafft. Ich hätte die restlichen 40 km vielleicht später wandern können, aber ich wollte nicht. Ich wollte zurück nach Melbourne und dann weiterreisen. Ich wollte nicht noch mehr Tage für den „Great Ocean Walk“ verwenden.
Irina: Wie fühltest du dich nach deiner Wanderung?
Romy: Danach fühlte ich mich einfach so stark. Das war der Hammer. Ich wusste danach, dass ich alles erreichen kann, was ich will. Die Wanderung hat mir so viel Kraft gegeben. Ich spürte ein großes Selbstvertrauen, das ich vorher nicht hatte.
Irina: Würdest du solch eine lange Wanderung noch einmal durchführen und was würdest du dann anders machen?
Romy: Ich würde gerne wieder wandern. Davor würde ich aber viel trainieren, um eine gute Kondition zu bekommen. Und auf jeden Fall nicht so viel Gepäck mitnehmen!
Möchtest du den gesamten „Great Ocean Walk“ durchführen oder Teilstrecken davon wandern? Du findest viele Infos darüber auf dieser Webseite. Sieh dir auch die folgende Karte an: