Folgende Szene vor zwei Tagen: Ich sehe zum Fenster hinaus und die Wiese ist - WEISS! Unfassbar, noch vor wenigen Wochen hätte ich mich darüber gefreut. Nun liegt Schnee auf meinem frisch austreibenden Grünkohl und ich bin sauer.
Aber, lange wird das nicht dauern, der Frühling hat begonnen und uns letzte Woche schon traumhafte Tage beschert, und natürlich - die ersten wilden Kräutlein! Zu meiner großen Begeisterung sprießen Brennnesseln, Gundermann und Vogelmiere bereits zart aus dem Boden, und auch einen meiner Lieblinge habe ich bereits in unserem Wald entdeckt, den Giersch. Noch sind die Blättchen klein, zart und frisch, jetzt schmeckt er herrlich im Salat oder als Limonade.
So bin ich also schon fleißig am Sammeln, natürlich im eigenen Wald, denn die derzeit herrschende Situation (Ausgangsbeschränkung) versagt uns ja auch den Genuss der Natur.
Aber, frische Luft und frisches Grün halten gesund, und so möchte ich dir heute alles über den Giersch erzählen, was ich weiß, damit du - wenn uns die Normalität wieder hat - vielleicht auch mal Lust hast, mit diesem unglaublich tollen, gesunden Wildkraut zu kochen!
Der Giersch ist auch Thema meines März - Beitrages für die Zeitschrift KOCHEN und KÜCHE vom Leopold Stocker Verlag.
Die Ausgabe ist ganz toll, mit super schönen Osterrezepten, mein Favorit sind die Kressetartelettes mit Wachtelei und Osterschinken!
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich hier auch meine Giersch - Rezepte und allgemeines zu diesem Wildkraut mit den vielen Lesern teilen darf.
Dich erwarten nun Rezepte für Buchweizenpalatschinken mit Gierschfülle, Gierschbutter mit essbaren Blüten, sowie eine Giersch-Walnuss-Tapenade. Im nächsten Beitrag, der in wenigen Tagen folgt, stelle ich dir noch eine erfrischende Gierschlimonade vor.
Doch bevor wir kochen, möchte ich dir einiges über den Giersch erzählen!Aus dem 19.Jhd. stammt ein guter Rat von Kräuterpfarrer Johann Künzle:
„Wenn die Menschen dieses „Unkraut" nicht nur ausreißen, sondern einfach aufessen würden, wären sie es nicht nur los, sondern würden auch noch gesund."
Toller Spruch, oder? Geißfuß, Ziegenkraut, Bodenholunder, Gichtkraut oder Gärtnerschreck, der saftig grüne Bodendecker ist im Volksmund unter vielen Namen bekannt. Aber wie auch immer er genannt wird, sein Anblick lässt die meisten Gartenbesitzer erblassen und verzweifeln, denn dem Ausbreitungsdrang des Kräutleins ist kaum beizukommen.
Dabei ist es eigentlich sehr schade, dass der Giersch nicht mit Freude entdeckt wird, ist er doch ein sehr altes, vortreffliches Heilkraut und eine sehr wohlschmeckende Wildgemüsepflanze, welche unglaublich vielfältig in unseren Speiseplan einbezogen werden kann.
Bereits im alten Rom war der Giersch als Wildgemüse bekannt und beliebt, vor allem für die Soldaten wurde er zubereitet, um sie mit Vitaminen zu versorgen. Im Mittelalter durfte das Kräutlein in keinem Klostergarten fehlen, seine Heilwirkung wurde vor allem bei der sehr verbreiteten Gicht und Arthrose genutzt. In Zeiten von Hungersnöten und Kriegen war er oftmals das wichtigste „Gemüse" für die Menschen, da er fast das ganze Jahr über für jeden verfügbar war.
Zahlreiche Mythen ranken sich auch um die berühmte „Neunkräutersuppe", die bereits von den Kelten und Germanen zubereitet wurde. Der Giersch zählt als wichtiger Bestandteil zu den neun Wildkräutern, aus denen das Rezept zubereitet wird, welches den Körper nach dem Winter entschlacken und reinigen soll. Im Mittelalter wurde aus dieser Suppe die auch heute noch verbreitete „Gründonnerstagsuppe".
Der Giersch ist ursprünglich ein Waldbewohner, er liebt schattige, feuchte Böden. Er wächst gerne in der Umgebung von Gewässern und in Auwäldern, aber auch die gut belüftete und gepflegte Erde eines Gemüsegartens findet er einladend!
Die ersten Triebe erscheinen meist schon im Februar, und oft kann man Giersch bis in den November hinein ernten. Es kommen auch laufend neue Jungtriebe nach.
Erntet man im eigenen Garten, so ist es gut, die Staude ganz unten am Boden abzubrechen, so kann man die Ausbreitung eindämmen. In der Natur erntet man das, was man verwendet, nämlich das Blatt mit etwa 3 cm vom Stängel.
Die frischen, kleinen Triebe erscheinen hellgrün und glänzend, man findet sie unter den älteren, höheren Blättern, die dunkelgrün und matt sind.
Sowohl die Anordnung der Blätter als auch das gespreizte, verdickte Stielende erinnern im Aussehen etwas an einen Ziegenfuß (Geißfuß).
Verwechseln könnte man den Giersch eventuell mit dem gefleckten Schierling oder der Hundspetersilie, welche beide giftig sind, oder einigen ungefährlichen Pflanzen wie Waldengelwurz, wilde Möhre oder Bibernelle.
Im Zweifelsfall kann man die Blätter zwischen den Fingern zerreiben, sie duften nach einer Mischung aus Petersilie, Möhre und Sellerie, also sehr markant nach Gemüse.
Was die Gesundheit betrifft: Giersch ist reich an Vitamin C und Karotin, hat einen sehr hohen Gehalt an Eisen und weiteren wichtigen Mineralstoffen. Er hilft bei Übersäuerung, was ja oft der Auslöser für Gicht und Rheuma ist, er wirkt entgiftend, blutreinigend und regt die Ausscheidung von Harnsäure an. Gierschtee kann zur Vorbeugung gegen Blasenentzündungen getrunken werden: Dazu einen EL getrocknete Gierschblätter oder einige frische Blätter mit ¼ l siedendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen und in kleinen Schlucken trinken, pro Tag 1-2 Tassen.
Bei schmerzenden Füßen kann ein Fußbad aus einem Gierschaufguß sehr angenehm sein!
Giersch in der Küche: Für den rohen Verzehr sollte man die jungen, frischen Triebe sammeln, diese eignen sich bestens zur Zubereitung von Smoothies, Salaten, Aufstrichen, kalt angesetzten Limonaden, oder einfach fein gehackt aufs Butterbrot.
Die etwas älteren, größeren, dunklen Blätter verwendet man für Cremesuppen, Spinat, Nudelsaucen, Risotto oder Mischgemüse, toll schmecken sie auch, wenn man sie zum Kartoffelpüree mischt. Diese geschmacksintensiven Blätter sollte man auch bevorzugt ernten, wenn sie getrocknet werden sollen. Dazu die Blätter nebeneinander auf großen Tabletts anordnen und an der Luft trocknen lassen. Daraus lassen sich Teemischungen oder Gierschsalz herstellen.
Bei älteren Stauden sollte vom Stängel nicht zu viel verwendet werden, da er recht bitter werden kann.
Die zarten weißen Blüten können als Salatgarnitur oder als Aufputz für eine Sommerbowle dienen, und auch die Früchte bzw. Samen lassen sich in der Küche verwerten, sie schmecken etwas nach Kümmel und Fenchel, eignen sich also überall, wo auch diese Samen zum Einsatz kommen (Brotteig, Kartoffeln, Schweinefleisch ...)
So, nun aber Schluss mit trockener Theorie, jetzt gehts ans Eingemachte! Auf in die Küche! Das erste Rezept, das ich mit dir teilen möchte, sind super leckere
Buchweizenpalatschinken mit Gierschfülle
Du brauchst für 4 Portionen: FÜLLE40 g junger Giersch
10 g frische Petersilienblätter
3 Knoblauchzehen
250 g Ricotta
1 EL Stärkemehl (Maizena)
100 g Schafkäse, zerbröselt
80 g Sauerrahm
eine mittelscharfe rote Chilischote, fein gehackt (optional)
Salz, Pfeffer PALATSCHINKENTEIG
4 Eier
60 g glattes Mehl
60 g Buchweizenmehl
2 EL Sesamsamen
¼ Liter Milch
Salz
Rapsöl
Giersch, Petersilie und geschälte Knoblauchzehen sehr fein hacken, am besten geht das in der Küchenmaschine.
Ricotta, Stärkemehl, Schafkäse, Sauerrahm und gehackte Chilischote mit dem Handmixer verrühren, die Gierschmischung zugeben, alles gut vermischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Alle Zutaten für den Teig mit dem Mixer verrühren.
In einer 24 cm großen beschichteten Pfanne nacheinander 6-8 Palatschinken aus dem Teig backen, im Backofen warmhalten.
Zum Füllen einen Halbkreis der Palatschinke dünn mit der Gierschmasse bestreichen, die andere Kreishälfte darüber klappen, nun von dem Halbkreis wieder die Hälfte (also den Viertelkreis) mit Fülle belegen und erneut den verbliebenen Viertelkreis darüber legen. Man hat nun gefüllte Palatschinkendreiecke, mithilfe einer Serviette kann man diese auch sehr gut als „Fingerfood" essen!
Ich finde am besten schmecken die Palatschinken lauwarm, aber auch als Teil eines kalten Buffets schmecken sie sehr lecker!
Als nächstes möchte ich dir meine
Gierschbutter mit essbaren Blüten
vorstellen, die Butterförmchen sind unglaublich hübsch und passen sehr gut als Topping einer heißen Cremesuppe, auf Kartoffelpüree, zu Hühnerfilet oder Steak, oder einfach zum Aufstreichen auf den Frühstückstoast.
Zutaten für 6-8 Silikonförmchen100 g weiche Butter
eine Handvoll frisch gepflückte junge Gierschblätter
Etwa 10 gemischte essbare Blüten (Kapuzinerkresse, Ringelblumen, Basilikumblüten, Rosmarinblüten, Thymianblüten, Gänseblümchen etc.)
kleine Silikonformen oder Eiswürfelformen zum Tiefkühlen
Die Gierschblätter und die essbaren Blüten mit dem Messer in feine Streifen schneiden, einen EL der Blütenstreifen zum Garnieren zurückbehalten.
Die gehackte Blättermischung mit der weichen Butter verrühren.
Die übrigen Blütenstreifen dekorativ am Boden der Silikonformen verteilen, die Formen mit der weichen Buttermischung befüllen, etwas andrücken und in den Gefrierschrank stellen. Nach 12 Stunden die Butterstücke aus den Mulden lösen und in einer Tupperdose aufbewahren.
Zuletzt präsentiere ich dir meine heißgeliebte
Giersch - Walnuss - Tapenade
Tapenade ist eine aus der südfranzösischen Küche stammende Paste aus schwarzen Oliven, Kapern und Anchovis. Ich habe diese leckere Mischung etwas abgewandelt, der Begriff Tapenade ist also unter Anführungszeichen zu sehen. Aber glaub mir, diese dunkle Paste schmeckt einfach genial, würzig und gehaltvoll, nach Sommer und Süden.
Zutaten für ein 200 ml Gläschen:Ca. 60 g getrocknete, entsteinte schwarze Oliven (Supermarkt, online)
100 ml Olivenöl
20 g frisch gepflückte Gierschblätter
40 g Walnüsse
2 Knoblauchzehen
Saft einer halben Limette
Salz nach Geschmack
Die Oliven mit dem Olivenöl übergießen und für einige Stunden durchziehen lassen.
Oliven mit dem Öl, Giersch, Nüssen, Knoblauchzehen und Limettensaft im Blitzhacker zu einer feinen Creme verarbeiten, nach Geschmack salzen.
Die Tapenade hält sich im Kühlschrank etwa einen Monat.
Anmerkung: Getrocknete Oliven sind meist schon mit Salz haltbar gemacht, oft ist das als Würze schon ausreichend. Erst kosten, dann ev. nachsalzen!
In wenigen Tagen werde ich wie gesagt auch noch mein Rezept für eine erfrischende Gierschlimonade posten, ich wünsche dir viel Spaß beim Kräutersuchen und nachkochen. Übrigens: die Buchweizenpalatschinken - Fülle schmeckt auch mit Bärlauch statt Giersch sehr gut!